Allzuoft
Weißblaues Silicon Valley

26.03.2015 | Stand 02.12.2020, 21:29 Uhr

Allzuoft habe ich an dieser Stelle die Feder gespitzt und bin in launigen Worten über die hervorstechendste Eigenschaft unserer schönen Stadt hergefallen: eine gewisse Behäbigkeit, die von Ortsunkundigen mit absolutem Stillstand verwechselt wird. Aber seit ich weiß, dass Eichstätt zum Technologiezentrum des mittleren Altmühltals, zum weißblauen „Silicon Valley“, ausgebaut wird, bleiben mir Hohn und Spott im Hals stecken.

Ein Laboratorium, vollgestopft mit dem Modernsten, was Bits und Bytes zu bieten haben. Mit dem „Bayernlab“ als Düsenantrieb wird unser Städtchen ins Zentrum des Innovationsuniversums katapultiert. Das Wunderding jagt sagenhafte 150 Mbit in jeder einzelnen Sekunde durch die Leitungen. Auf Eichstätt bezogen ist das so, als würde ich meinen treuen Bollerwagen gegen Vettels Formel-1-Boliden eintauschen. Die Weltkonzerne werden Schlange stehen, nur um einen Blick aufs „Lab“ werfen zu dürfen, prügeln werden sie sich um jeden Quadratmeter in der Sollnau, die bis mindestens Gungolding erweitert werden muss. Das dringend benötigte sechseinhalbsternige Hotel an der Silizium-Plaza, vormals Franz-Xaver-Platz, ist praktisch schon gebaut und vielleicht findet sich gar ein honoriger Dollar-Milliardär, der dem Pfaller Fred eine Abwrackprämie für seine wurmstichige Altmühlflotte bezahlt, und durch zeitgeistige E-Boote ersetzt.

Zuerst war ich naiver Mensch ja skeptisch, als unsere umtriebige Abgeordnete mit feuchten Augen von einem „Silicon Valley“ schwärmte. Aber dann kam ich ins Grübeln: Superminister Söder höchstpersönlich ist auf den leisen Wink von Frau Schorer-Dremel nach Eichstätt geeilt, um die frohe Kunde zu überbringen, und wer den machtfrohen Franken so gut im Griff hat wie unsere Tanja, den darf man nicht unterschätzen. Längst munkelt man über ausgedehnte Sondierungsreisen in die entferntesten Winkel der Erde. Am Ende geht die Tanja am Sunset Boulevard regelmäßig mit Bill Gates Kaffee trinken. Wenn der natürlich käme... würde sich so schnell auch nichts ändern.

Denn an einer gewissen ortsüblichen Hürde würde sich auch ein Bill Gates die Zähne ausbeißen: Die Standortfrage ist leider noch nicht geklärt. Und immer, wenn das der Fall ist – ich sage nur Kunstrasenplatz – weiß der erfahrene Eichstätter, dass die Entscheidungsfindungsphase etwas länger dauert. Dafür sorgt schon die Bürgerinitiative „Rettet uns vor dem Mbit-Smog“, die sich demnächst gründen wird.

Deshalb müssen wir höllisch Obacht geben, dass nicht der Toni Knapp, der alte Strippenzieher, die Sache an sich reißt. Der hat das Bayernlab womöglich noch vor Ostern eröffnet, bedauerlicherweise in Lenting.

Pfüat Gott, Ihr

Schlossleutnant

Lorenz Krach