Aicha
Heimliche Besucher im Altmühltal

Der Luchs ist zumindest sporadisch in der Region unterwegs Wolfspaar bei Grafenwöhr

22.02.2018 | Stand 02.12.2020, 16:47 Uhr

Im Bayerischen Wald gelang Johann Mödl, Leiter der Hegegemeinschaft Dollnstein, dieses Foto. Er schreibt: "Bei einem flüchtigen Blick fällt der Luchs gar nicht auf, so gut getarnt ist er." - Foto: Mödl

Aicha (EK) Seit einigen Jahren streift der Europäische Luchs (lateinischer Name: Lynx Lynx) wieder durch unsere Wälder und Fluren. Das bestätigte jetzt Karl Heinz Fink, Mitglied im "Netzwerk Große Beutegreifer" bei seinem überaus interessanten Vortrag im Gasthaus Klettergarten in Aicha.

Karl Heinz Fink ist einer von mehr als 150 "Netzwerkern" in Bayern, die seit geraumer Zeit für Luchs, Wolf und Bär unterwegs sind. Die Netzwerker sind überwiegend ehrenamtlich tätig. Ihre Aufgabe ist die fachgerechte Dokumentation von Hinweisen auf die drei Beutegreifer, etwa Spuren oder Wild- und Nutztierrisse. Die Ergebnisse ihrer Dokumentationen fließen in das landesweite Monitoring über die Situation der großen Beutegreifer in Bayern ein. Die Mitglieder im Netzwerk setzen sich aus verschiedenen Interessengruppen zusammen, es sind unter anderem Jäger, Naturschützer, Förster, Landwirte oder Angehörige der Bayerischen Staatsforsten.

Fink stellte zunächst den Luchs vor. Auf dessen Anwesenheit im Altmühltal habe es in den vergangenen Jahren vermehrt Hinweise gegeben. Der Luchs mit seinem gefleckten Fell und seinen Pinselohren werde etwa so groß wie ein Schäferhund. Das Männchen, auch Kuder genannt, werde etwa 25 bis 35 Kilo schwer, während der weibliche Luchs, auch Katze genannt, ausgewachsen 20 bis 25 Kilo wiege.

Jetzt im Februar/März ist Paarungszeit, erklärte Fink. Luchse seien Einzelgänger und nur in dieser Zeit sucht der Kuder die Katze und macht dabei laut Karl Heinz Fink mit durchdringenden Schreien auf sich aufmerksam. Nach der Paarung gehen Kuder und Katze wieder getrennte Wege. Ein bis fünf Junge werden im Mai/Juni geboren, von denen aber nur etwa 20 Prozent überleben. Während der Aufzucht der Jungen hält sich die Luchsmutter in einem begrenzten Revier auf. Luchse beanspruchen als Lebensraum 70 bis 100 Quadratkilometer. "Umgerechnet würde das heißen: Circa 15 000 Fußballfelder sind ein Luchsrevier", so Karl Heinz Fink.

Luchse sehen ein Kaninchen auf 300 Metern Entfernung, so überrasche auch das Sprichwort nicht, "der sieht wie ein Luchs", erklärte Fink. Hauptbeutetiere sind Reh, Hase, Fuchs und kleine Wildschweine, aber auch landwirtschaftliche Nutztiere wie Schaf oder Ziege werden nicht verschmäht. Der Luchs "öffnet" seine Beutetiere nicht. Er frisst nur das Muskelfleisch und beginnt in der Regel bei den Keulen. Wird er nicht gestört, so frisst er im Verlauf von sechs bis sieben Tagen das Beutetier bis auf die großen Knochen, den Verdauungstrakt, das Haupt und "die Decke" vollständig auf.

Der Luchs gehört zu den streng geschützten Arten. In Deutschland unterliegt er dem Jagdrecht, ist aber ganzjährig geschont. Wird ein gerissenes Reh aufgefunden, bei dem eindeutige Merkmale, wie die Tötung durch einen Kehlbiss, einen großen Beutegreifer als Verursacher vermuten lassen, sollte dies beim zuständigen Landratsamt, dem Amt für Landwirtschaft und Forsten oder der Polizei gemeldet werden, so Fink. Zur gründlichen Untersuchung und fotografischen Dokumentation des Risses wird dann ein Mitglied des Netzwerkes benachrichtigt.

Hinweise auf die Todesursache liefern nicht nur die äußerlich sichtbaren Verletzungen des Tieres. Um alle notwendigen Spuren zu sichern, ist auch das Abhäuten des Kadavers notwendig. Merkmale an der Muskulatur und der Innenseite des Felles liefern viele Hinweise auf die Todesursache. Hierfür ist das Einverständnis des Revierinhabers notwendig.

Nach erfolgter gründlicher Untersuchung leitet der Netzwerker die erstellte Erstdokumentation zusammen mit den Bildern an die Fachstelle "Große Beutegreifer" beim Landesamt für Umwelt zur Begutachtung. Wird ein Luchs als Verursacher festgestellt, kann dem Jagdpächter eine Meldeprämie ausgezahlt werden.

Im Jahr 2000 wurden die ersten Wolfswelpen in Deutschland in Freiheit geboren. Inzwischen sei der Wolf in Bayern angekommen, erzählte Karl Heinz Fink. Auch in der Region: Auf dem Truppenübungsplatz Grafenwöhr hat sich bereits ein Wolfspaar eingefunden. Es sei nur eine Frage der Zeit, wann dort die ersten Welpen geboren werden, so Fink. Die Größe des Militärgeländes umfasst zwar nur rund 69 Quadratkilometer, ist aber sehr wildreich und daher laut dem Netzwerker als Wolfsrevier ideal.

Im Normalfall benötigt ein Wolfsrudel ein Gebiet von circa 100 bis 200 Quadratkilometern, um zu überleben. Werden im Rudel neue Welpen geboren, müssen die zweijährigen Jungwölfe das elterliche Streifgebiet verlassen und sich ein eigenes Revier suchen. Diese "Wanderwölfe" legen dabei große Entfernungen zurück. Viele von ihnen fallen dabei dem Straßenverkehr zum Opfer.

Da auch der Wolf bei der Nahrungssuche Beute bevorzugt, die am leichtesten zu erreichen ist, kommt es immer häufiger zu Übergriffen auf landwirtschaftliche Nutztiere wie Schafe und Rinder. Um derartige Übergriffe zu verhindern oder wenigsten zu erschweren, müssen Schutzmaßnahmen ergriffen werden. Karl Heinz Fink erklärte: "Da der Wolf bis zu 1,40 Meter hohe Zäune überspringt, müssen hohe Schutzzäune errichtet werden. Auch Herdenschutzhunde sind eine wirksame Abwehrmaßnahme. Aber die Anschaffung erfordert einen hohen finanziellen Aufwand für den Tierhalter und ist auch nicht unproblematisch."

Der Wolf unterliegt der FFH-Richtlinie und ist somit im Bundesnaturschutzgesetz wie der Luchs besonders und streng geschützt. Der dritte große Beutegreifer, der Bär, werde in absehbarer Zeit nicht ins Altmühltal kommen, erklärte Fink abschließend.