Größtes Unternehmen am Ort: Verkauf schlug ein wie Bombe

22.12.2006 | Stand 03.12.2020, 7:12 Uhr

Beilngries (DK) Die Nachricht hat in der Betriebsweihnachtsfeier des größten Beilngrieser Unternehmens eingeschlagen wie eine Bombe: Die Schmidt-Seeger AG ist von dem Beteiligungsunternehmen Aton GmbH, Fulda, übernommen worden. Zwar kursierten schon Wochen vorher Gerüchte von einem Besitzerwechsel, die Tatsachen erfuhr die Belegschaft aber erst bei der Betriebsfeier am späten Donnerstagnachmittag von Willibald Schmidt (73), dem bisher 98 Prozent der Namensaktien gehörten, persönlich.

Zu Beginn seiner Rede kündigte er an, dass er zum Jahresende 2006 in den Ruhestand gehen werde. Als seine Nachfolger stellte er Dr. Lutz Helmig und Rainer Bauer von der Aton GmbH vor. "Als ich 1958 mein erstes Patent für eine Reinigungsmaschine in Ganzmetall erhielt, wusste ich noch nicht, dass damit der Grundstock für ein Unternehmen gelegt worden war, das alle wirtschaftlichen Stürme der kommenden Jahrzehnte überstehen sollte. Jetzt ist es an der Zeit, mein Lebenswerk in andere Hände zu legen", sagte Willibald Schmidt wörtlich zu den überraschten Beschäftigten. In einer Zeit, die durch Globalisierung und Rationalisierung bestimmt werde, könnten nur innovative und flexible Unternehmen im weltweiten Wettbewerb bestehen, betonte er und äußerte sich überzeugt, dass die Aton GmbH mit ihrem Inhaber Helmig die Schmidt-Seeger AG erhalten, ausbauen und in seinem Sinne weiterführen werde.

" Die Belegschaft war schon sehr überrascht. Momentan kann und möchte ich noch nicht mehr zur Übernahme des Unternehmens sagen", erklärte gestern Vormittag der Betriebsratsvorsitzende der Schmidt-Seeger AG, Christian Herrler, auf DK-Anfrage. Die Betriebsferien dauerten bis 8. Januar. Bürgermeister Franz Xaver Uhl zeigte sich ebenfalls überrascht von der Firmenübernahme. "Ich habe das am Donnerstagabend erfahren. Es ist sicherlich erfreulich, dass die Weiterführung des größten Unternehmens in der Großgemeinde geregelt ist. Bisher war die Schmidt-Seeger AG bekannt für Qualität und sichere Arbeitsplätze. Ich hoffe für die Beschäftigten und auch die Stadt, dass das auch bei der neuen AG der Fall ist. Ich möchte bald mit den neuen Inhabern in Kontakt treten."

Vollbeschäftigung

Die Erhöhung der Wochenarbeitszeit von 37 auf 40 ohne finanziellen Ausgleich war in der Betriebsversammlung kein beherrschendes Thema . "Wir schuften für die Firma, haben jede Menge Arbeit und hoffen, dass unsere Arbeitsplätze auch nach der Übernahme durch das Unternehmen aus Fulda sicher bleiben", meinte ein 40-jähriger Beschäftigter, der nicht genannt werden möchte.

Wir fragten gestern Vormittag Willibald Schmidt persönlich zu seinen Beweggründen für den Firmenverkauf und über die Zukunft des Unternehmens aus seiner Sicht. "Ich bin 73 Jahre alt und froh, dass die Unternehmernachfolge nun geklärt ist. Es ging mir bei meiner Entscheidung vor allem um die Mitarbeiter. Bei Finanzinvestoren, die sich um das Unternehmen gerissen hätten, wären die Mitarbeiter niemals im Vordergrund gestanden", erklärte Schmidt und gab auf die Fragen unseres Reporters, ob auch "finanzielle Probleme" mit den Ausschlag für den überraschenden Firmenverkauf gegeben hätten, Probleme zu. Willibald Schmidt: "Wir hatten Verlustprojekte in Russland und Mexiko. Bei Berichten unserer Unternehmens an die Banken haben diese überreagiert und auch Kredite gekündigt. Die Schmidt-Seeger AG hat aber alle Rechnungen bezahlt, das Unternehmen war nie überschuldet." Das Kontokurrentkonto weise ein Plus auf. In dem Unternehmen herrsche Vollbeschäftigung. Für 2007 seien viele Aufträge gesichert. Mit der Belegschaft sei die 40-Stunden-Woche vereinbart worden, um kostengünstiger zu fahren und auf dem Markt größerer Chancen zu haben.

Konrad Meier, seit 1991 Vorstandsvorsitzender der Schmidt-Seeger AG, habe selbst den Vorsitz im Vorstand an Dr. Günter Fenneberg abgegeben. "Meier und Stephan Dippold bleiben Vorstände." Das Stammkapital der Gesellschaft werde um drei Millionen Euro erhöht, für Investitionen stünden sieben Millionen Euro als Gesellschafterdarlehen zur Verfügung. Der neue Besitzer des Unternehmens habe sich ganz klar zur Fortführung des Traditionsunternehmens bekannt und plane eine "moderate Umsatzsteigerung". Auch wolle er in die Aus- und Weiterbildung investieren. Konrad Meier bestätigte dies in dem DK-Gespräch und betonte, die Schmidt-Seeger AG habe eine sehr gute Auftragslage im In- und Ausland. Der Auftragsbestand liege bei knapp 100 Millionen Euro.

Die Aton GmbH ist ein Familienunternehmen und hält bedeutende Beteiligungen an neun Unternehmen der Branchen Rohstoffe, Dienstleistungen und angewandte Technologie. Dabei agiert Aton in der Regel als Mehrheitsgesellschafter. Bekannte Unternehmen der Aton aus Fulda sind die Edag Engineering and Design AG (Automobil und Luftfahrt, 500 Millionen Euro Jahresumsatz), DHI Berg- und Tunnelbau GmbH (360 Mio. Euro) und Agri Konzept S.R.L. (Rumänien, Anbau und Weiterverarbeitung von Getreide im In- und Ausland, 20 Mio. Euro Umsatz). Für dieses Unternehmen errichtet Schmidt-Seeger gerade einen Silokomplex mit 500 000 Tonnen Kapazität.

Über den Kaufpreis der Schmidt-Seeger AG wurde Stillschweigen vereinbart. Die Übernahme bedarf der Genehmigung durch die Kartellbehörden.