Wolfsbuch
Die Stunde des Todes in Bildform

Auf den neu errichteten Kreuzwegstationen am Wolfsbucher Friedhof ist der Basler Totentanz zu sehen

23.11.2017 | Stand 02.12.2020, 17:10 Uhr

Mit dem Tod befassen sich die Darstellungen auf den neuen Kreuzwegstationen des Wolfsbucher Friedhofs. - Fotos: Patzelt

Wolfsbuch (DK) Am Sonntag ist Totensonntag. Aus diesem Anlass lohnt sich ein genauerer Blick auf die Darstellungen auf den neu errichteten Kreuzwegstationen des Wolfsbucher Friedhofs, die sich mit dem Tod befassen.

Die Abbildungen unter den herkömmlichen Motiven des Leidenswegs Christ bis zu seiner Auferstehung sind nicht jedermanns Sache. Es handelt sich nämlich um den Basler Totentanz mit Bildern aus dem Spätmittelalter, der Zeit um 1440.

Die bildlichen Darstellungen mit dem als Knochengerippe dargestellten Schnitter Tod sind in unserer Gegend eher seltener anzutreffen. "Das Ganze ist schon etwas eigenartig - aber die Bilder öffnen mit dem spezifischen Aspekt des Todes auch den Blick für das Leben. Das Leben gibt es nicht ohne den Tod und jeder kommt mal dran", äußerte sich eine ältere Dame beim Betrachten der Darstellungen. "Na ja - ob das auch was für die Kinder ist? Die besuchen ja auch den Friedhof", zeigte sich eine dabeistehende, jüngere Mutter jedoch eher skeptisch.

Auf alle Fälle sind die Bilder des Basler Totentanz nichts Alltägliches. Jede der 15 Abbildungen schärft und intensiviert den Blick auf die Vergänglichkeit des Lebens - ganz egal welchen Standes. Die Darstellungen mit dem makabren Thema sollen die Ungewissheit der Todesstunde, die Allgegenwärtigkeit des Todes, die Unentrinnbarkeit und vor allem die Gleichheit aller Menschen vor dem Tod darstellen. Die Besucher des Friedhofs sollen an die Hinfälligkeit alles Irdischen und an die Endlichkeit ihres eigenen Lebens erinnert werden.

Auf den Darstellungen sind immer Pärchen abgebildet. Ein Paar besteht jeweils aus einem Sterblichen, männlich oder weiblich, und einer Todesgestalt, die den jeweils Todgeweihten an den Ort des Schicksals führt. Die einzelnen Personen sind durch ihre Kleider und Attribute als Angehörige verschiedener Gesellschaftsgruppen gekennzeichnet. Auf der ersten Station sucht der Schnitter den Blinden auf. Es folgen der Musikant, der Doktor, die Jungfrau, der Wucherer, der Krämer, die Edelfrau, der Narr, der Koch, der Krüppel, der Kaufmann und der Bauer. Selbst die Geistlichkeit ist in der Form des Bischofs nicht vor dem Sterben gefeit. Und auch der so stolze und wohlhabende König erkennt, dass all seine Reichtümer beim Besuch des Todes nichts mehr wert sind. Auf der 15. Holzstele ist das Jüngste Gericht dargestellt, die letzte Station der tanzenden Paare.

Der Basler Totentanz gehört zu den bedeutendsten Zeugen mittelalterlicher Wandmalerei. Er entstand um 1440 an der Einfassungsmauer des Laienfriedhofs eines ehemaligen Dominikanerklosters. Auf der Innenseite der rund 60 Meter langen Mauer waren die Bilder in Lebensgröße direkt auf den Verputz gemalt, die jeweils vom Papst bis zum Koch alle Stände und Lebensalter des mittelalterlichen Lebens tanzend mit einem Gerippe zeigten. 1805 wurde die Mauer abgerissen. Nur durch das Handeln einiger Kunstfreunde konnte ein Großteil der Fragmente gerettet werden. Das Motiv des Totentanzes entstand im Mittelalter vor allem unter dem Eindruck der Pest von 1348. In dieser Zeit wurde besonders deutlich, dass niemand, egal welchen Standes oder Geschlechts, vor dem Tod sicher war - ein Gedanke, der nun treffend auch auf den Abbildungen in Wolfsbuch festgehalten ist.