Steinsdorf
Ein musikalischer Retter in der Not

Georg Ostermeier ist Sanitäter, Bereitschaftsleiter beim BRK und bei den Helfern vor Ort

05.08.2016 | Stand 02.12.2020, 19:27 Uhr

Als Ausgleich für seine Aufgaben als BRK-Bereitschaftsleiter in Altmannstein macht Georg Ostermeier gerne Musik, geht in Musicals oder spielt Theater. Seine Frau Manuela (rechts) und seine Tochter Martina unterstützen ihn, wo es geht. - Fotos: Ammer

Steinsdorf (DK) Er geht gerne ins Musical und in Konzerte, spielt Theater, Gitarre und Orgel. Doch das Größte ist es für Georg Ostermeier, wenn er ein Leben retten kann. Und das tut er seit weit über 30 Jahren. Jetzt ist er für den DK-Ehrenamtspreis nominiert.

Georg Ostermeier ist Leiter der Helfer vor Ort und der BRK-Bereitschaft in Altmannstein. An Weihnachten klingeln manchmal Menschen an seiner Türe, die ihm und seiner Familie ein schönes Fest wünschen oder jemand bringt eine Tafel Schokolade oder eine Spende für das BRK vorbei. "Es ist das Schönste, wenn man jemanden auf der Straße sieht, der sonst nicht mehr leben würde", sagt er über sein Ehrenamt. Mit jeder Minute, die die Retter länger zu einem Notfallpatienten brauchen, sinkt die Überlebenschance um zehn Prozent, weiß Georg Ostermeier. Und gegenüber dem Rettungsdienst haben die Helfer vor Ort etwa 6,5 Minuten Zeitvorteil in der Großgemeinde Altmannstein. Minuten, die Leben retten können. "Wir sind natürlich nicht solche Profis wie ein Notarzt, aber wir haben Sauerstoff und einen Defibrillator dabei und in den gröbsten Notfällen können wir ganz schnell helfen", sagt Ostermeier - und erzählt von einem Mann, den er reanimieren musste, als er selbst erst 25 Jahre alt war. "Und der Mann hat noch 25 Jahre gelebt - das Gefühl ist unbeschreiblich."

Doch natürlich sind es nicht nur Erfolgserlebnisse, die Georg Ostermeier in seinen gut 34 Jahren beim Roten Kreuz gemacht hat. "Es ist ein schreckliches Gefühl, wenn jemand stirbt - auch, wenn man weiß, dass seine Überlebenschance gleich Null war", so Ostermeier. Und seine Tochter Martina, die ebenfalls die Ausbildung zur Sanitäterin gemacht hat, stimmt ihm zu. Ganz besonders nahe gehe es einem, wenn Kinder dabei sind. "Aber wenn du da nicht mitfühlen und mitleiden würdest, wärst du kein Mensch", ist sich Ostermeier sicher. Ihm und seiner Tochter hilft es, in solchen Momenten in der BRK-Gruppe darüber zu reden. Zu Hause haben sie Schweigepflicht, doch in den Arm genommen zu werden, tut auch dort gut. "Ich merke es, wenn sie heimkommen, und ihnen ist etwas nahe gegangen", sagt Ostermeiers Frau Manuela. Auch sie ist Ehrenamtliche beim BRK und kümmert sich um Blutspenden und organisatorische Aufgaben, ebenso wie ihre jüngere Tochter Verena. "Ich bin inzwischen auch über 30 Jahre dabei - entweder du trägst das als Frau mit, oder es funktioniert nicht", sagt Manuela Ostermeier. Und ergänzt mit einem Augenzwinkern: "Wenn ich nicht mithelfe, arbeitet er ja noch mehr Stunden."

In der Tat investiert Georg Ostermeier viel Zeit in sein Ehrenamt. Eineinhalb Stunden am Tag allein für Organisatorisches schätzt er - der Dienst kommt dann noch obendrauf. Dazu kommt noch sein regulärer Vollzeitjob in Ingolstadt. Doch die ganze Familie zieht mit - "und es schweißt auch zusammen", da sind sich die Ostermeiers einig.

Heute hat Georg Ostermeier gute Stellvertreter beim BRK Altmannstein, "wenn einer ausfällt, steht der Laden nicht still", sagt er zufrieden. Das war nicht immer so - ein halbes Jahr lang hatte er eigentlich zwei Vollzeitjobs: Zehn Jahre ist es etwa her, dass der damalige Bereitschaftsleiter ganz plötzlich starb. "Da wäre die Bereitschaft beinahe auseinandergegangen, keiner hatte mehr richtig Bock." Auch Georg Ostermeier scheute sich vor der vielen Arbeit, die zu dieser Zeit auf so wenigen Schultern lastete. Es war seine Tochter Martina, die ihn schließlich dazu überredet hat, sich einzusetzen und zu verhindern, dass die BRK-Bereitschaft Altmannstein auseinanderfällt. Ostermeier übernahm die Leitung. Eine harte und sehr arbeitsintensive Zeit. "Ohne die Unterstützung meiner damaligen Freundin und heutigen Frau wäre das nicht gegangen", sagt er und wirft Martina Ostermeier ein Lächeln zu. "Das ist einfach kein Ein-Mann-Betrieb."

Angefangen hat Georg Ostermeier bereits als Jugendlicher mit einem Erste-Hilfe-Kurs beim Roten Kreuz - und er blieb hängen. Es folgte eine Sanitätsausbildung und schließlich wurde Ostermeier selbst Ausbilder. "Es hat mir immer Spaß gemacht, Menschen zu helfen - und es ist schön, sein Wissen weiterzugeben", erklärt er schlicht. So, wie er das Ehrenamt selbst aus dem Elternhaus mitbekommen hat: Sein Vater war jahrzehntelang bei der Feuerwehr. "Da bin ich auch dabei, aber die Arbeit beim Roten Kreuz gefällt mir noch besser", verrät Ostermeier. Gerade, weil es nicht so technisch und näher am Menschen sei. Vielleicht kommt das daher, dass er in der Arbeit nur mit Technik zu tun hat. Ostermeier arbeitet Vollzeit bei Audi im Bereich der technischen Entwicklung.

Er baute ein Jugendrotkreuz auf und gründete 2011 die Helfer-vor-Ort-Gruppe. Ohne das Ehrenamt, da ist er sich sicher, würde vieles nicht funktionieren, ganz gleich ob es um Flüchtlingshilfe, Feuerwehr oder Vereine geht. Alle vier Ostermeiers spielen zum Beispiel Theater bei der Heimatbühne in Steinsdorf. "Vereine machen das Dorfleben aus - und ohne sie wäre tote Hose", weiß Ostermeier. Und glücklicherweise würden in letzter Zeit wieder junge Leute nachkommen, auch "wenn von zehn Interessierten nur einer übrig bleibt. Die Zeit ist schnelllebig", sagt er. Doch mit etwas Glück kämen immer ein bisschen mehr dazu, als weggehen würden.

Die Arbeit als Sanitäter geht für Georg Ostermeier und seine Tochter Martina über die reine Hilfeleistung hinaus. Oft warten sie mit den Angehörigen, bis der Rettungsdienst wieder weg ist, beruhigen oder erklären die nächsten Schritte. "Man entwickelt da ein Gespür - manche sind lieber alleine, andern tut es gut, wenn jemand da ist. Gerade, wenn jemand stirbt, wartet man mit", erzählt Ostermeier.

Heute ist die BRK-Bereitschaft in Altmannstein auf genug Schultern verteilt, sodass Georg Ostermeier und seine Frau beruhigt mal in den Urlaub fahren können. Auch wenn sie die Freizeit stets an der ehrenamtlichen Arbeit entlangplanen würden: Er sei zwar vielleicht der Motor, doch ohne Reifen, Lenkrad und Rahmen könnte das Auto trotzdem nicht fahren, so Ostermeier. Deshalb sieht er die Nominierung für den DK-Ehrenamtspreis als eine Ehrung für die ganze Gruppe des BRK und der Helfer vor Ort.