Dietfurt
"Ideen habe ich genug"

Bürgermeisterin Carolin Braun hat jede Menge Pläne Ihre politische Zukunft nach 2020 lässt sie offen

02.06.2017 | Stand 02.12.2020, 18:00 Uhr

Gut gelaunt an der Spitze der Sieben-Täler-Stadt: Die Sozialdemokratin Carolin Braun ist in Dietfurt und im Kreis Neumarkt die erste Frau, die den Chefsessel im Rathaus erobert hat. - Foto: Kirschner

Dietfurt (DK) Seit drei Jahren ist Carolin Braun Bürgermeisterin von Dietfurt. Der Sieg der Sozialdemokratin kam nicht nur für sie überraschend. Im ersten Wahlgang holte sie 43,9 Prozent der Wählerstimmen und bei der Stichwahl ließ sie mit 67,1 Prozent ihren Kontrahenten von der CSU abgeschlagen zurück.

Frau Braun, Sie sind vor gut drei Jahren mit deutlichem Abstand zur Bürgermeisterin gewählt worden. Haben Sie damit gerechnet?

Braun: Nein. Wirklich nicht.

 

Warum?

Braun: Es hat so viele Hindernisse gegeben, so viele Fakten, die dagegen gesprochen haben: Zum Ersten bin ich eine Frau, und das hat es in Dietfurt in dieser Position noch nicht gegeben. Zum Zweiten bin ich nicht aus Dietfurt und zum Dritten bin ich bei der SPD. Das hat den hiesigen Wählern sicher einige Probleme bereitet.

 

Warum hat es dann doch geklappt? Worauf führen Sie Ihren Erfolg zurück?

Braun: Vielleicht, weil die Dietfurter gemerkt haben, dass ich ein ganz normaler Mensch bin, mit dem man über alles reden kann. Vielleicht wollten sie auch ganz einfach nur einen Neuanfang, so ähnlich wie es vor Kurzem Christian Lindner und die FDP bei den jüngsten Wahlen in Nordrhein-Westfalen erlebt haben.

 

Heute sind Sie die erste Bürgermeisterin in der Sieben-Täler-Stadt und im Landkreis Neumarkt. Wie läuft es?

Braun: Hervorragend. Die Arbeit macht mir unwahrscheinlich viel Spaß, es sind schon viele Projekte umgesetzt worden, die teilweise schon vor mir als Bürgermeisterin begonnen wurden. So ganz neu war mir das ja auch nicht, ich war ja vorher schon Vorsitzende der SPD-Fraktion und sitze schon ein paar Jahre im Stadtrat und im Kreistag und war Stellvertreterin des Landrats.

 

Wie ist die Zusammenarbeit im Stadtrat?

Braun: Ebenfalls hervorragend. Die Entscheidung, mit Oliver Kuhn von der CSU und Bernd Mayr von den Freien Wählern aus jeder Fraktion einen Stellvertreter zu benennen, war richtig. Sie sind in alle Entscheidungen eingebunden, weit mehr als ein Fraktionssprecher es ist. Ich hoffe, dass diese positive Zusammenarbeit auch in der zweiten Hälfte unserer Zusammenarbeit erhalten bleiben wird. Wir haben sehr viel Gelegenheit, zu diskutieren und tun das auch. Das war schon bei der zweitägigen Klausur, die ich eingeführt habe, der Fall. Jetzt habe ich eine Strategiekonferenz geplant. Und überhaupt haben wir jetzt mehr Sitzungen als vor 2014. Zu unseren jährlichen Klausursitzungen sind Sondersitzungen, zum Beispiel zum Flächennutzungsplan, hinzugekommen. Da ist genug Zeit, um alles zu besprechen. Jeder Stadtrat hat die Möglichkeit, ausführlich zu Wort kommen.

 

Aber seit Kurzem hat man als Beobachter im Stadtrat durchaus den Eindruck, dass sich der Wind dreht, dass er beginnt, heftiger zu wehen als in der ersten Zeit.

Braun: Nicht wirklich. Es ist ja noch eine gute Zeit hin bis zu den nächsten Wahlen. Allerdings scheinen Teile der CSU etwas verfrüht, wie ich meine, in den Wahlkampf zu starten.

 

Wie ist es als erste Frau auf dem Chefsessel im Rathaus? Gibt es da Probleme?

Braun: Wir pflegen einen kollegialen Umgang in der Stadtverwaltung. Ton und Klima sind absolut positiv.

 

Warum ist das so? Worauf könnte das beruhen?

Braun: Frauen tendieren vielleicht nicht so sehr zu einem Befehlston. Wir formulieren alles etwas anders, diplomatischer vielleicht.

 

Was wurde schon geschafft, wo drückt noch der Schuh?

Braun: Viele kleine Schritte gemacht haben wir zum Beispiel bei den Bauplätzen. Weil wir auf absehbare Zeit kein wirklich großes Gebiet ausweisen können, sind es viele kleinere. In Mühlbach dürften es fünf neue Parzellen werden und in Grünäugl sieben. Dazu kommen acht in Predlfing. Auch Töging-Ost soll demnächst aufgerollt werden. Fürs Erste wird hier der Kanalanschluss geschaffen. Mit ist durchaus klar, dass das alles nur ein Tropfen auf den heißen Stein ist, aber eine größere Zahl an Bauplätzen können wir nun mal auf absehbare Zeit nicht zur Verfügung stellen.

 

Wie schaut es auf dem Gelände der Baywa aus, die ja an den Ortsrand ziehen will?

Braun: Auch da wird sich was tun. Wir haben uns im Bauausschuss schon angeschaut, was hier entstehen könnte. So in zwei bis drei Jahren wird da eine Wohnbebauung möglich sein, was ganz wichtig ist für unsere Weiterentwicklung.

 

Und in der Innenstadt, wie schaut es bei den Leerständen aus?

Braun: Da schaut es jetzt auch nicht mehr gar so schlecht aus. Das Prock-Haus wird hergerichtet, daneben ist ein ganzes Mehrfamilienhaus neu gebaut worden. Und auch beim Wasserbeck-Haus soll sich was tun.

 

Wie geht es generell mit der Innenstadtgestaltung weiter? Um das Thema Isek scheint es etwas ruhig geworden zu sein.

Braun: Der Schein trügt. Bei der jüngsten Klausursitzung in Neumarkt war Isek ein Thema. Hierzu hatten wir auch die Planerin Monika Seywald eingeladen. Als erstes Ergebnis soll ja der zentrumsnahe Max-Parkplatz schon in naher Zukunft hergerichtet werden. Eventuell ist sogar eine Erweiterung möglich.

 

Das hat doch auch mit der Barrierefreiheit für Senioren und Gehbehinderte zu tun.

Braun: Das stimmt. Hier wird sich noch viel mehr tun. So ist ja jetzt der Pflasterschleifer da, um dem buckligen Kopfsteinpflaster beim Kloster zu Leibe zu rücken.

 

Was ist sonst noch geplant, was könnten Sie sich vorstellen, um den Senioren das Leben zu erleichtern?

Braun: Ich könnte mir ein Seniorenmobil vorstellen zur Verbesserung der Mobilität der älteren Menschen. Die Einführung des Rufbusses war ein Schritt in diese Richtung. Auch dieses Angebot haben wir gerade verbessert. Der Rufbus, der im Übrigen super läuft, wurde eben erst um eine Fahrt erweitert. Das ist zwar eine Forderung des Jugendparlaments gewesen, aber davon profitiert auch die ältere Generation.

 

Wie wird es mit dem Hochwasserschutz weitergehen?

Braun: Da ist es recht ruhig geworden in jüngster Zeit. Ich rechne bis zur Sommerpause zumindest mit einem Zwischenbericht vonseiten des Wasserwirtschaftsamts. Zumindest was die Alternativen betrifft, wird sich die Behörde doch einmal Gedanken gemacht haben. Die Entwicklung unserer Stadt wird so lange gebremst, bis das Thema vom Tisch ist. Aber das wird wohl noch dauern.

 

Es hemmt ja auch die Ausweisung von Flächen zur Ansiedlung von Gewerbebetrieben.

Braun: Eben. Dabei würde es da so positiv ausschauen. Dass Hanwha, Spangler und die Baywa hier investieren und Arbeitsplätze schaffen, ist megawichtig. Wir liegen nun mal nicht an einer Autobahn und können auch keine Anbindung mit dem Zug bieten. Umso mehr freut es mich, dass sie erweitern. Das Geld, das die Unternehmen hier lassen, ist wichtig für die Finanzkraft von Dietfurt. Firmen wie Siebenwurst und Koller sind darüber hinaus hier verwurzelt. Es ist zum Beispiel nicht selbstverständlich, dass Aktive der Feuerwehren so problemlos bei allen Einsätzen ihre Arbeitsstelle verlassen dürfen, wie es bei uns der Fall ist.

 

Wann wird die gesamte Erschließung der Großgemeinde mit Breitband abgeschlossen sein. Eigentlich sollte das Thema ja bereits erledigt sein.

Braun: Es hat sich in der Tat verzögert, letzte Reklamationen müssten bald erledigt sein. Noch im Juni sollte alles fertig sein.

 

Und die Handyverbindung im Gemeindebereich? Da gibt es ja gewaltige Funklöcher.

Braun: Das liegt jetzt bei der Firma Bögl. Auf einem der beiden Mallerstettener Windräder wird ja ein Verstärker angebracht. Zuerst war es die Deutsche Funkturm GmbH in Nürnberg, die nicht in die Gänge gekommen ist, aber da tut sich auf jeden Fall bald was.

 

Stichwort Kinderbetreuung. Wie ist da der Sachstand?

Braun: Wir haben schon viel geschaffen für eine qualifizierte Betreuung und bieten für alle Altersgruppen ein Betreuungsangebot. Das fängt bei der Kinderkrippe an und reicht bis zur Ferienbetreuung der Schüler.

 

Auch das Jugendparlament ist unter Ihnen neu eingeführt worden. Auch hier war Dietfurt Vorreiter im Landkreis. Was war Ihre Motivation zu diesem Experiment?

Braun: Die Jugend muss eine Stimme haben und mitreden können. Sie will ernst genommen werden. Dass sie sich beteiligt, sieht man schon daran, dass erste Dinge aus dem Kinder- und Jugendplan der Stadt, der zusammen mit ihnen und den Fachstellen entstanden ist, bereits abgearbeitet wurden. Es ärgert mich, wenn das Jugendparlament manchmal etwas abschätzig behandelt wird.

 

Schauen wir nach vorne, werfen wir einen ersten Blick auf die zweite Hälfte Ihrer Amtszeit. Was kommt noch?

Braun: Vieles. Die Renovierung des Freibads ist jetzt fertig, das hat auch ein paar Jahre gedauert, und auch das Kulturhaus ist eröffnet und erfreut sich großer Beliebtheit. Die Aufgaben werden uns nicht ausgehen, viele Dinge, wie der Hochwasserschutz und die Erneuerung und der Erhalt der Gemeindeverbindungsstraßen werden uns auch in Zukunft begleiten. Aber wir müssen auch schauen, dass wir von den Schulden herunterkommen. Auch wenn uns nichts Besseres hätte passieren können als die aktuelle Niedrigzinssituation, so dürfen wir die Verbindlichkeiten keinesfalls aus den Augen verlieren. Niemand weiß, wie lange das so weitergeht.

 

Was schwebt Ihnen noch vor?

Braun: Mein Wunsch wäre ein Grillplatz für Dietfurt und Töging. Den könnte man vielleicht über ein Leader-Projekt laufen lassen. Auch kulturell gäbe es viele Dinge, die man angehen könnte. Die Reihe China im Kulturhaus zum Beispiel, die uns näher an die Partnerstadt Nanjing heranbringen soll, ist super gestartet. Da könne man noch mehr machen - zum Beispiel Elektrorikschas anschaffen.

 

Was haben Sie persönlich für Pläne? Werden Sie auch über das Jahr 2020 hinaus noch dabei sein? Werden Sie für eine weitere Amtszeit kandidieren?

Braun: Aufgaben gibt es genug und Ideen genug habe ich auch. Das lasse ich alles auf mich zukommen.

 

Das Gespräch führte

Ursula Kirschner.