Dietfurt
Gefängnisstrafe für Bierpreiserhöhung

Vom Leben der Bürger in der guten alten Zeit Pflasterzoll bereits im 14. Jahrhundert eingeführt

30.05.2016 | Stand 02.12.2020, 19:45 Uhr

Nur noch an Werktagen durfte der städtische Hirte ab 1931 das Rindvieh über die Hauptstraße auf die Weide treiben. Die Straße durfte aus Gründen der Reinlichkeit und wegen des zunehmenden Kraftfahrzeugverkehrs nicht mehr dazu benutzt werden. - Foto: Stadtarchiv Dietfurt

Dietfurt (DK) Dietfurt feiert heuer die Verleihung des Stadtrechts vor 600 Jahren. Ein Blick in alte Quellen beleuchtet die wechselhaften Zeiten über sechs Jahrhunderte.

Als Gemeinwesen von Ackerbürgern, die hauptsächlich von der Landwirtschaft lebten, etablierte sich Dietfurt, als sich der Ort ab 1416 Stadt nennen durfte. 1444 begann der Bau der Stadtbefestigung, um das Jahr 1479 der des Rathauses. In der Hauptstraße demonstrierten die Anwohner ihren Stand mit ansehnlichen, oft überhöhten Fassaden. Zahlenmäßig am stärksten vertreten unter den Handwerksberufen waren die zwölf Bierbrauer, die auch nach vier Jahrhunderten noch in gleicher Stärke wirkten.

Eine Aufstellung von 1772 weist eine große Bandbreite ansässiger Handwerker aus, unter denen sich noch Lodner, Drexler, Büchsenmacher, Färber, Gürtler, Hutmacher, Weißgerber, Kürschner, Pfeifer und Strumpfstricker finden. Eine solide Einnahmequelle für den Stadtsäckel war der Pflasterzoll, den die Dietfurter bereits als Markt seit Mitte des 14. Jahrhunderts erheben durften. Für Wagen und Reiter, auch für durchgetriebene Tiere, musste bezahlt werden. Die Mitteldorfer Bauern baten 1727 einmal um Befreiung vom Pflasterzoll mit der Begründung, dass sie zur Ausbesserung des Pflasters Steine und Sand umsonst befördert hätten.

Es wurde vereinbart, dass Holz- und Streufuhren der Hainsberger und Mitteldorfer vom Zoll befreit würden, dafür jährlich eine Fuhre guter Pflastersteine zu liefern sei. Später wurde der Zoll an Privatpersonen verpachtet, die in eigenem Interesse das Eintreiben des festgesetzten Tarifs überwachten. Gern wurde vom Schäfer die Dunkelheit für den Viehtrieb genutzt, damit die Anzahl der Tiere nicht so genau feststellbar war. Einer der letzten Vertreter der Zunft der Pflasterzollpächter soll öfter gesehen worden sein, als er im Nachthemd auf die Straße sauste und einen Viehhirten verfolgte, der im Finstern seine Unkosten senken wollte.

Nach dem Ersten Weltkrieg gab es eine Gebührentabelle für Autos, nach der ein Pkw 20 Pfennig, ein Lkw 40 Pfennig und ein Anhänger 20 Pfennig Maut schuldig war. Sogar noch 1936 vermelden die Bücher, dass "wegen der misslichen Finanzlage" Pflasterzoll zu zahlen ist. Unter den stolzen Türmen der Stadtbefestigung diente der Goggerturm auch als Gefängnis. Das wüste Beschimpfen des Bürgermeisters brachte einen Dietfurter Schmied und Schneider einmal in Turmhaft. Als die Brauer die Markttage für eine Bierpreiserhöhung ausnutzten, sollten sie bei Wasser und Brot drei Tage im Turm brummen. Sie sahen ihr Vergehen ein, gelobten Besserung und wollten auch reuig die Strafe absitzen. Selbst die Bitte, dass der Turm während der Haft geheizt werde, wurde gewährt. Anscheinend galt das Wort der Brauer etwas. Sogar bei hartnäckigen Ehestreitigkeiten mit Handgreiflichkeiten wurden Arreststrafen im Turm verhängt.

Vom Weinbau kündet noch die Bezeichnung Weinberg, von dessen Ertrag der Pfarrherr profitierte, wie eine Passage aus einem "Confirmationsbrief" erläutert. Ein Weingarten am Kreuzberg ist ebenfalls erwähnt. "Aber geraten selten" ist zum Ertrag "bei dem Lintaprunnen" vermerkt, der mit in "gemein jahren zwen oder drei aimer" keine gute Lage darstellte recht armselig ausfiel. Das Ende der Stadtmauer, die den Dietfurtern den chinesischen Touch beibrachte, war 1881 gekommen, als der Stadtrat gestattete, dass jeder Anlieger der damals noch in weiten Teilen erhaltenen Stadtmauer diese "in Zukunft niederlegen" durfte.