Dietfurt
Enkel, ich hol' euch mit dem Traktor ab

Stadtrat, Feuerwehrmann, Wallfahrer, Hobbylandwirt und begeisterter Großvater: Johann Gietl wird 70

27.05.2016 | Stand 02.12.2020, 19:45 Uhr

Für seine insgesamt neun Enkelkinder lässt Johann Gietl jede Arbeit liegen. Gerne fährt er mit den Kleinen auf die Felder. Der Dietfurter Stadtrat und mannigfaltig ehrenamtlich aktive Bürger feiert an diesem Samstag seinen 70. Geburtstag. - Foto: Palm

Dietfurt (khr/rat) Er ist ein Multitalent, wie es im Buche steht. Der langjährige Dietfurter Stadtrat Johann Gietl, nach dem ehemaligen Hausnamen auch "Fellner" genannt, feiert an diesem Samstag seinen 70. Geburtstag.

Ein Blick auf sein abwechslungsreiches Leben verrät, dass er stets auf Achse, immer für seine Familie und die Freunde da und Nichtstun für ihn ein Fremdwort ist. Am 28. Mai 1946 erblickt er als Kind der Eheleute Johann und Barbara Gietl in Dietfurt das Licht der Welt. "Es war eine Hausgeburt", weiß er. Bereits als Bub hilft er seinen Eltern im landwirtschaftlichen Betrieb beim Bestellen der Felder oder als Gänsehirt.

Die Jugend in der kargen Nachkriegszeit ist entbehrungsreich. Der Vater, ein gelernter Mauerer, kommt zwar bald aus der Kriegsgefangenschaft heim. Aber er hat sich mit TBC infiziert, verbringt sechs Jahre in Lungenheilanstalten. "Er konnte nicht mehr arbeiten und die Mutter musste die Familie alleine durchbringen", erinnert sich Gietl.

Nachdem er die Volksschule Dietfurt besucht hat, absolviert er die Landwirtschaftsschule in Parsberg. Danach arbeitet Gietl als Gehilfe bei der Brauerei Niedermeier in Dietfurt, die im Jahr 1967 als letzte örtliche Brauerei ihre Pforten schließt.

Während Gietl einige Zeit als Lkw-Fahrer beim Bauunternehmen Karl Werner tätig ist, lernt er Gabriele Salzinger kennen und lieben. Im Jahr 1969 wird geheiratet. Drei Jahre später kommt Sohn Stefan zur Welt. Es folgen zwei weitere Söhne und eine Tochter. Mittlerweile ist Gietl stolzer Großvater von neun Enkeln.

Im Jahr 1971 wechselt der Dietfurter als Angestellter im Innen- und Außendienst zur örtlichen Raiffeisenbank. Abseits seines Berufes ist er bis heute ehrenamtlich engagiert. Als sehr gläubiger Mensch kümmert er sich schon lange - zusammen mit anderen Dietfurtern -, dass in der Frauenkirche alles in Ordnung gehalten wird. Seit 1996 gehört er dem Stadtrat an. Für die Freien Wähler hat er sich entschieden, "weil die große Parteipolitik auf der kommunalen Ebene nichts zu suchen hat".

Die Sorgen der Bürger nimmt er ernst. Sein Meisterstück vollbringt Gietl in den 1990er Jahren als Beauftragter für die Flurbereinigung. "Davon waren 260 Grundstücksbesitzer betroffen, aber es gab keine Probleme." Zufrieden ist er vor allem, dass es ihm gelingt, drei zusätzliche Unterführungen für die Umgehung der Staatsstraße durchzusetzen. "Die wären ohne meinen Widerstand nie gebaut worden."

Zehn Jahre fungiert er als Vorsitzender des Hirtenbundes und er ist begeistert bei der Feuerwehr aktiv, bei der er seit Jahren das Amt des Kassiers innehat. Sozial engagiert ist Gietl auch beim Verein Von uns, für Kinder. Er bringt Anfang der 1990er Jahre mehrfach Hilfslieferungen mit dem Lastwagen nach Ex-Jugoslawien. "Im Kosovo rauchten nach den Kämpfen noch die Häuser", erinnert er sich. Die erschossenen Rinder hätten tot auf den Feldern gelegen und seien von riesigen Hunden gefressen worden. "Wie können Menschen nur so grausam sein" Diese Frage hat Gietl seitdem nicht mehr losgelassen. Umso mehr freut es ihn, als die Berliner Mauer 1989 fällt, ohne dass ein Schuss abgegeben wird. "Das war eine Leistung der großen Politik und vor allem von Michail Gorbatschow."

Zum Ausgleich singt der Vielbeschäftigte im Männerchor, in dem er als erster Bass unverzichtbar ist. Zusätzlich ist er Mitglied der Jagdgenossenschaft. Legendär sind die Schafkopfrunden mit seinen Freunden, mit denen er schon Schafkopfreisen nach Florenz, Rom, Wien, in den Spreewald und weiteren Zielen unternahm.

Gietl ist aber auch begeisterter Landwirt und hat damit nebenbei sein Hobby zum Beruf gemacht. So legt er großen Wert auf ökologischen Anbau und manche Bäckerei in der Großgemeinde verwendet sein Bio-Getreide für ihr Brot. Gietl verkauft Kartoffeln der Marke Eigenanbau und initiiert den Bauernmarkt in Riedenburg und Dietfurt. Schon als junger Mann packt ihn das Wanderfieber und er besteigt neben dem Matterhorn auch die Drei-Schuster-Spitzen.

Richtig abzuschalten schafft Gietl bei den Fußwallfahrten, die er schon seit Jahrzehnten unternimmt. Angefangen mit Pilgermärschen nach Eichlberg und Altötting, pilgert er bereits jahrzehntelang in das 440 Kilometer entfernte Flüeli in der Schweiz. "Das ist für mich die schönste Urlaubszeit", sagt er.

Sein größter Stolz ist aber die Familie, seine Frau Gabi, die Kinder und die neun Enkelkinder, um die er sich aufopferungsvoll kümmert. Der Opa aus Leib und Seele bringt seine Enkel zum Kindergarten und fährt mit ihnen mit dem Traktor auf die Felder. "Die Enkel füllen mein Leben aus. Für die habe ich immer Zeit, da lasse ich jede Arbeit liegen."

Und wenn es einmal brenzlig wird - was Gietl als Feuerwehrmann kennt - ist er stets einsatzbereit. Seine Enkelin Johanna kam im Auto zur Welt. Gietl war an Ort und Stelle: Als Chauffeur, Geburtshelfer und Hebamme.

Gratulanten sind an diesem Samstagvormittag in Gietls Privathaus willkommen.