Dietfurt
Ende der Eisenbahnherrlichkeit

Vor 50 Jahren verließ der letzte Güterzug den Dietfurter Bahnhof

01.06.2017 | Stand 02.12.2020, 18:01 Uhr

Bahnhofsgebäude, Toiletten und Maschinenhaus (von rechts) sind auf dieser alten Postkarte zu sehen. Im Vordergrund befindet sich das Gelände, auf dem heute die Grund- und Mittelschule steht. - Foto: Sammlung Roider

Dietfurt (DK) Nach nur 58 Jahren Betriebszeit hat die die Ära der Dietfurter Lokalbahn vor 50 Jahren ein baldiges Ende gefunden. Am 1. Juni 1967 verließ der letzte Zug den Bahnhof in Richtung Neumarkt.

Das Städtchen, das im 19. Jahrhundert schon einmal mit Bahnanschluss auf einer Durchgangslinie der Altmühltalbahn vorgesehen war, wurde dann in Verlängerung der bereits bestehenden Bahnstrecke Neumarkt Beilngries zur Endstation der Nebenbahn. Als das Konzept 1891 im Landtag zur Sprache kam, setzte sich als Abgeordneter der damalige Dietfurter Stadtpfarrer Anton Kohl energisch für das Projekt ein.

1908 begannen die Bauarbeiten zur Bahnlinie nach Dietfurt. Den Auftrag für die Bahnbrücke über den Ludwig-Donau-Main-Kanal bekam der Dietfurter Maurermeister Andreas Werner. Im August 1909 waren die Bauarbeiten für den Bahnanschluss beendet. Als dann auch die Stadt die Bahnhofstraße als Zufahrt gebaut hatte, konnte am Samstag, 11. September, gegen neun Uhr der erste Zug in den Dietfurter Bahnhof einfahren. Er wurde von vielen Schaulustigen mit großen Hoffnungen empfangen. An diesem Samstag, so vermerkt es die Pfarrchronik, waren auch hochrangige Gäste versammelt, die zur Feier des Tages vornehm in der "Geyerschen Brauerei" tafelten.

Der Klosterchronist schrieb vom "bezopften Chineslein", das auf der Lokomotive aufgezeichnet war und eine "Bresche in die chinesische Mauer legte". Gerühmt wurde das Ereignis als "Anschluß an den Weltverkehr".

Als begehrtes Verkehrsmittel wurde die Eisenbahn bis in die Nachkriegszeit eifrig genutzt. Viele Pendler erreichten damit ihre Arbeitsplätze in Neumarkt und Nürnberg. Die Fahrschüler gelangten in die Berufs- und Oberrealschule und das Gymnasium in Neumarkt. Mit Schafkopfkarten verkürzten sich die Jugendlichen die Fahrten zum Unterricht.

Zur Lokalbahnromantik zählen Anekdoten von Fahrschülern oberer Klassen, die ab und zu die Fahrt unterbrachen und in einer der idyllischen Bahnhofgaststätten ausgiebig ihrem Kartenvergnügen frönten. Die Fahrt entlang des alten Kanals lud im Sommer auch zu erfrischendem Badevergnügen ein. Güterwagen brachten Stückgut und Sperriges in die Siebentälerstadt, das noch von Pferdefuhrwerken in Empfang genommen und anschließend zu den Empfängern befördert wurde.

Am Bahnhof erwartete eine schmucke Gaststätte Reisende und Einheimische zur Einkehr. Die "Bahnhofrestauration", wie sie auf Ansichtskarten bezeichnet wurde, bot sich als Pension, Speisehaus und Café gehobener Klasse und komfortabel als "ADAC-Verkehrshotel" an. Das "Nebenzimmer mit Klavier und die moderne Dampfheizanlage" wurden stolz in einem damals erstellten Reiseführer angepriesen.

Ältere Dietfurter erinnern sich noch an besondere gesellschaftliche Ereignisse und lustige Faschingsbälle in dieser Lokalität. Der "Wildensteiner Hof", der später dem TSV Dietfurt gehörte und schließlich im Jahr 2009 dem Neubau eines Ärzte- und Geschäftshauses Platz machte, galt im Bereich des westlichen Stadtrandes mit seinem schattigen Biergarten als sehenswertes Ensemble.

In der zweiten Hälfte des vergangenen Jahrhunderts überholte der Individualverkehr schließlich die Eisenbahn. Schon ab 1961 musste Dietfurt wegen zunehmender Motorisierung um den Erhalt seiner Bahnlinie kämpfen. Mit Verweis auf Berufs- und Oberschüler, Pendler und Güterwagen protestierte der Stadtrat mit dem damaligen Bürgermeister Alfons Oexl erfolglos in verschiedenen Eingaben.

Schließlich war die Einstellung des Schienenverkehrs nicht mehr aufzuhalten. Der Personenverkehr endete am 1. August 1966, Ende Mai 1967 erfolgte die offizielle Einstellung des Güterverkehrs. Am 1. Juni 1967 hörten die Dietfurter zum letzten Mal den Pfiff einer Dampflokomotive, nachdem sie den Dietfurter Bahnhof mit einigen Waggons voll Bahninventar Richtung Neumarkt verlassen hatte.