Dietfurt
Die nächste Hürde ist genommen

Dietfurter Stadtrat einigt sich auf finanzielle Unterstützung des geplanten Waldkindergartens

24.03.2015 | Stand 02.12.2020, 21:30 Uhr

Der Kindergarten in Töging könnte durch den geplanten Waldkindergarten gefährdet werden. Das befürchtet zumindest Stadtrat Karl Böhm. - Foto: Kirschner

Dietfurt (uke) Der Stadtrat Dietfurt hat am Montagabend die finanzielle Unterstützung des geplanten Waldkindergartens beschlossen. Auch wenn er die Existenz der Töginger Einrichtung gefährden könnte, war das Gremium mehrheitlich der Meinung, dass man sich diesem Angebot nicht verschließen dürfe.

Einige Mütter, die ihre Sprösslinge nicht in einem herkömmlichen Kindergarten unterbringen, sondern lieber in Wald und Flur aufwachsen lassen wollen, verfolgten von den Zuschauerplätzen aus gespannt die Debatte. Sie sollten etwa eine Stunde später relativ zufrieden den Saal verlassen, nachdem der Waldkindergarten die nächste Hürde genommen hatte. 13 Eltern sind es, die diese Einrichtung nach Dietfurt holen wollen, vier davon aus Beilngries. Sie haben sich zwischenzeitlich zu einem Förderverein zusammengeschlossen.

Zu der Sitzung hatte die Bürgermeisterin Carolin Braun (SPD) mit Franz Huber aus Passau den Gründer des Bayerischen Landesverbands für Waldkindergärten eingeladen. Seit fünf Jahren übernimmt seine Firma h & b learning, die als gemeinnützig anerkannt ist, die Trägerschaft für Waldkindergärten. Huber berichtete, dass er zwischenzeitlich zwischen Lindau und Vohenstrauß 65 Mitarbeiter beschäftigt, alle in unbefristeten Arbeitsverhältnissen. Er schilderte den Stadträten die Vorteile von Waldkindergärten, die nach dem bayerischen Kindergartengesetz gleichberechtigt mit herkömmlichen Einrichtungen seien. Die 250 Waldkindergärten im Freistaat würden dem gleichen Bildungsplan unterliegen und die gleiche Förderung bekommen, so Huber. Seine Firma bekomme zwischenzeitlich sogar Anfragen aus Baden-Württemberg. „In Waldkindergärten passieren viel weniger Unfälle als in herkömmlichen“, wusste Huber. Anton Bachhuber (CSU) konnte sich nicht vorstellen, dass die Kinder im Winter nicht frieren. Den Kleinen seien die Temperaturen egal, erfuhr er, mit der richtigen Kleidung werde ihnen nicht kalt. Das könnten Erwachsene nur schwer nachvollziehen. Auch wenn in Bayern derzeit rund 3500 Erzieher fehlen, so habe er keinerlei Probleme, geeignetes pädagogisches Personal zu finden, behauptete Huber. Im Gegenteil: Viele erfahrene Erzieher hätten ihm berichtet, dass sie im Waldkindergarten „endlich angekommen“ seien.

„Ich bin total dagegen“. Mit diesem Satz wies Karl Böhm (FW) auf die Probleme hin, mit denen der Töginger Kindergarten zu kämpfen habe. Zu dieser Überzeugung sei er nach reiflicher Überlegung gelangt. „Wir haben hier eine sehr schwache Gruppe und könnten schon bald ums Überleben kämpfen müssen“, meinte er. Außerdem habe der Bauausschuss gerade erst in der jüngsten Sitzung beschlossen, den Kindergarten, der im Mai sein 40-jähriges Bestehen feiert, zu renovieren. „Die Stadt Dietfurt zahlt bei den Kindergärten ohnehin schon drauf“, meinte Böhm, der Waldkindergarten gefährde den Bestand anderer Gruppen. Außerdem befürchtete er hygienische Probleme im Wald ohne richtige Toilette und Wasser zum Händewaschen. Andreas Keckl (CWU) meinte, dass die Dietfurter Kinder im ländlichen Raum aufwachsen würden, wo der Kontakt zur Natur durchaus gegeben sei. Und auch in den herkömmlichen Einrichtungen würden die Kinder an die frische Luft kommen. Der Arnsdorfer Ortssprecher Martin Sturm wies darauf hin, dass das Altmühl- und Donautal Hochrisikogebiet für Zeckenerkrankungen sei.

Alle Skeptiker vermochte Huber letztlich nicht zu überzeugen. Auch nicht mit der Argumentation, dass die in Waldkindergärten praktizierte Naturraumpädagogik weit mehr sei, als nur die Kinder draußen herumlaufen zu lassen.

Die Kostenfrage stellte der Dritte Bürgermeister Bernd Mayr (FW) mit Blick auf den Finanzplan von h & b learning. Der wies etliche rote Zahlen auf. So war für eine Belegungszahl von 13 Kindern und einer täglichen Öffnungszeit von 5,25 Stunden unter Berücksichtigung von Fördergeldern und einem Elternbeitrag von 100 Euro ein Minus von gut 30 000 Euro errechnet worden. Bei 18 Kindern lag die anfängliche Unterdeckung immerhin noch bei 9500 Euro.

Johann Gietl (FW) konnte sich dennoch mit dem Waldkindergarten anfreunden, „wir sollten uns Neuem nicht verschließen“, meinte er. „Unsere Kinder sind in der Natur gut aufgehoben“.

„Wir können das schultern“, stimmte ihm auch die Bürgermeisterin zu. Der Waldkindergarten sei als zusätzliches Angebot zu betrachten und nicht als Konkurrenz für die beiden „sehr guten“ Kindergärten in Dietfurt und Töging. Allerdings dürfe das errechnete Defizit nicht dem Stadtsäckel aufgebürdet werden.

Der Stadtrat beschloss schließlich mit drei Gegenstimmen die finanzielle Unterstützung eines Waldkindergartens. Allerdings wird die Unterstützung nicht höher ausfallen als das durchschnittliche Defizit von 650 Euro pro Kind und Jahr – im vergangenen Jahr waren es sogar 740 Euro –, das die Stadt ohnehin tragen muss. „Uns sind alle Kinder gleich viel wert“, betonte Braun. Außerdem werde die Stadt ein geeignetes Grundstück zur Verfügung stellen. Erforderlich seien auch Bauwagen oder Hütte als Schutzraum bei extremen Wetterlagen.

Damit hätte der Förderverein die erforderliche Planungssicherheit, um weitermachen zu können, da der Waldkindergarten ja im Herbst starten soll.