Dietfurt
14-Jährige stirbt an Liquid Ecstasy

Überdosis der Droge führte zum Tod 15-Jähriger soll Alarmierung des Notarztes verhindert haben

28.06.2016 | Stand 02.12.2020, 19:37 Uhr

Die Trauer ist groß: Kerzen und Bilder in der Dietfurter Schule erinnern an die gestorbene 14-Jährige. An dem Verkehrsübungsplatz, an dem sie gestorben ist, brennen viele Grablichter und Freunde haben Blumen niedergelegt. - Fotos: Kirschner/Hradetzky

Dietfurt (uke) Nach dem Tod einer 14-jährigen Schülerin auf dem Dietfurter Verkehrsübungsplatz hat die Staatsanwaltschaft Nürnberg-Fürth am Wochenende gegen einen 15-Jährigen aus dem Landkreis Neumarkt Haftbefehl erlassen.

Ihm wird vorgeworfen, Mitte Juni auf dem Dietfurter Verkehrsübungsgelände neben Sportplatz und Schule synthetische Substanzen in Umlauf gebracht zu haben. Nach Angaben von Oberstaatsanwältin Antje Gabriels-Gorsolke handelt es sich dabei um Liquid Ecstasy. Das Mädchen soll nach derzeitigem Ermittlungsstand die Modedroge "in lebensbedrohlicher Menge" konsumiert haben, offenbar in völliger Unkenntnis der Folgen.

Gegen Mitternacht waren nach Mitteilung des Polizeipräsidiums Oberpfalz in Regensburg bei der 14-jährigen Schülerin, die den Mittlere-Reife-Zug der Dietfurter Grund- und Mittelschule besuchte, gesundheitliche Probleme aufgetreten. Als andere Jugendliche dies bemerkten und Hilfe holen wollten, soll der 15-Jährige sie daran gehindert haben. "Vermutlich wollte er seine Tat vertuschen", sagt Gabriels-Gorsolke. Die Staatsanwaltschaft wirft ihm deshalb Totschlag durch Unterlassen vor. So lautet auch die Anklage. Noch im Verlauf der Nacht zum Samstag starb das Mädchen auf dem Verkehrsübungsplatz, einem beliebten Treffpunkt der Dietfurter Jugendlichen. Die Hilfe des Notarztes kam zu spät.

Der 15-Jährige war im Zuge der Ermittlungen der Kriminalpolizei Regensburg immer stärker in den Mittelpunkt der Aufklärungsarbeit geraten. Am vergangenen Samstag erließ der Ermittlungsrichter am Amtsgericht Nürnberg-Fürth Haftbefehl gegen den Tatverdächtigen, der in eine Jugendstrafanstalt gebracht wurde.

In der Sieben-Täler-Stadt, die an diesem Wochenende ihren Bayrisch-Chinesischen Sommer feierte, war das Entsetzen groß. Die Nachricht vom Tod der 14-jährigen Carina verbreitete sich wie ein Lauffeuer. Die Achtklässlerin stammte aus dem Berchinger Ortsteil Sollngriesbach. Sie hatte in Dietfurt die achte Jahrgangsstufe besucht und hätte die Schule in zwei Jahren mit dem mittleren Bildungsabschluss verlassen sollen. Am vergangenen Donnerstag wurde sie an ihrem Heimatort zu Grabe getragen.

Fassungslos reagierten Mitschüler und Pädagogen der Grund- und Mittelschule, als sie von den schrecklichen Ereignissen erfuhren. Rektorin Elisabeth Plankl ergriff die Initiative, um den Schülerinnen und Schülern bei der Trauerbewältigung zu helfen. In einem Elternbrief appellierte die Rektorin an die Erziehungsberechtigten, die Kinder bei der Bewältigung der traumatischen Geschehnisse nicht alleine zu lassen und gab wertvolle Tipps zum Umgang mit dem belastenden Ereignis.

Auf dem Verkehrsübungsplatz wurde eine Erinnerungsecke eingerichtet und in einem abgedunkelten Raum der Stille konnte die gesamte Schulfamilie sich von ihrer Mitschülerin verabschieden. Selbst gemalte Bilder und Briefe, Kerzen und Blumen in dem abgedunkelten Zimmer legten ein erschütterndes Zeugnis ab von der Trauer um das Mädchen.

"Dietfurt ist kein Schwerpunkt der Drogenkriminalität" sagt Peter Gotteswinter, der Leiter der Polizeiinspektion Parsberg. Nach diesem dramatischen Fall würden über die sozialen Netzwerke die Gerüchte ins Kraut schießen. Die Stadt sei keine Insel der Seligen, aber auch nicht schlimmer belastet als die anderen Kommunen seines Zuständigkeitsbereichs, weiß Gotteswinter, der selbst in Dietfurt wohnt.

Bürgermeisterin Carolin Braun (SPD) ist ebenso entsetzt. "Das ist einfach fürchterlich", sagt sie, "sowohl für das Opfer als auch für den 15-jährigen Tatverdächtigen". Die Mutter von drei Kindern hat sich bereits mit dem Jugendforum getroffen, um die Situation zu besprechen. Mit Rektorin Elisabeth Plankl sei eine Informationsveranstaltung noch in diesem Schuljahr angedacht, bei der Eltern und Jugendliche wichtige Verhaltenshinweise bekommen und für die Problematik sensibilisiert werden.