Steinsdorf
Richtfest macht den Steinsdorfern Mut

206 Tage nach dem Kirchenbrand: Die Sanierung des Gotteshauses schreitet voran

25.09.2017 | Stand 02.12.2020, 17:26 Uhr
Richtfest an der Steinsdorfer Kirche Fotos: Rast −Foto: Harald Rast

Steinsdorf (rat) Die Sanierung der vor 206 Tagen bei einem Brand verwüsteten Steinsdorfer Kirche macht rasche Fortschritte. An Pfingsten sollen die ersten Messen in dem Gotteshaus möglich sein, hieß es gestern beim Richtfest.

Viele Steinsdorfer Bürger kamen gestern zu diesem Ereignis und manche hatten Tränen in den Augen. Dennoch war es ein fröhliches Richtfest mit Klängen der Schambachtaler Blaskapelle unter der Leitung von Johann Kuffer, prächtig gelaunten Rednern, viel Prominenz und natürlich einer Brotzeit. Die Organisatoren hatten Bankreihen vor der Kirche aufgestellt, die Temperatur war angenehm und der Himmel weiß-blau. Obwohl er derzeit wahrlich andere Sorgen hat, ließ es sich der CSU-Bundestagsabgeordnete Reinhard Brandl nicht nehmen, in dem Altmannsteiner Ortsteil vorbeizuschauen. Auch Bürgermeister Norbert Hummel, seine Stellvertreterin Hannelore Eichenseher (beide CSU) und mehrere Markträte waren da. Sie waren an diesem Nachmittag aber stille Zuschauer.

Michael Bacherl, der Sprecher des Pfarrgemeinderates, ließ die Ereignisse seit jenem schicksalshaften 3. März Revue passieren, als am Morgen die geliebte Kirche lichterloh in Flammen stand. „Jeder Steinsdorfer kann zu diesem Tag seine eigene Geschichte erzählen“, meinte Bacherl. „Es war niederschmetternd.“ Die Bilder der schwarzen Rauchsäule, die vom Gotteshaus aufstieg, hätten sich dauerhaft im Gedächtnis der Bürger festgesetzt. Der Brandgeruch sei noch wochenlang feststellbar gewesen. Doch kurz nach der Katastrophe sei schon sicher gewesen: „Die Kirche wird wieder aufgebaut – notfalls hätten wir die Balken dafür selbst geschnitzt.“

Obwohl der Brand schnell entdeckt worden sei, waren die Folgen nach den Worten von Bacherl furchtbar: der Dachstuhl verbrannt, das Inventar durch die herabgestürzte Decke zerstört, die Orgel vernichtet, der Fußboden durch das Löschwasser unrettbar verloren. „Drei Tage nach dem Brand feierten wir eine Andacht, um Abschied von unserer Kirche zu nehmen.“

Doch dieser dürfte nicht von Ewigkeit sein. Die Wiederherstellung von St. Martin wurde bald zugesagt. Regelmäßig treffen sich seitdem die Organisatoren, um das Projekt voranzutreiben. Die Handwerker errichteten flugs ein Notdach, um die Ruine vor Regen zu schützen. Das Leben der Steinsdorfer Pfarrgemeinde geht ebenfalls weiter. „Die Gottesdienste im Dorfgemeinschaftshaus werden gut angenommen“, weiß der Sprecher des Pfarrgemeinderates.

Architekt Peter Pongratz sprach den Gläubigen Mut zu, bat aber noch um etwas Geduld. Wenn alles gut laufe, dann könnte an Pfingsten provisorisch die erste Messe in der Kirche gefeiert werden. Natürlich sei bis dahin weder der Innenausbau vollendet noch die Orgel funktionstüchtig. Doch dank des Fleißes und Einsatzwillens von Handwerkern und Dorfbewohnern sei schon viel geschafft. Sofort seien die Sachverständigen angerückt. Anfang April sei bereits die Deckenkonstruktion für das Notdach vorhanden gewesen. Dem allgegenwärtigen Ruß sei man mit einem Spezialverfahren zu Leibe gerückt, erläuterte der Architekt. Den giftigen und krebserregenden Ruß habe man mit Trockeneisstrahlern entfernt. Das habe den Vorteil, dass nicht noch mehr Feuchtigkeit ins Gemäuer geraten sei.

Der Planer räumte ein, dass die Sanierung während der Sommerferien wegen des Betriebsurlaubs vieler Firmen etwas langsamer verlaufen sei. „Doch nun sollte es fett weitergehen“, kündigte Pongratz an. Das Dach werde noch heuer fertig, ebenso der Bodenaufbau. Zudem wolle man die Kirche noch vor dem Winter innen und außen streichen. Im kommenden Jahr wolle man den Innenausbau angehen: Bänke, Beichtstühle und andere Schreinerarbeiten sowie die Buntglasfenster. Bis aber wieder Orgelklänge durch das Kirchenschiff hallen, werde es noch länger dauern. Wie ein Wunder mitten in der Katastrophe mute es an, dass just der älteste, aus der Barockzeit stammende Teil des Deckengemäldes das flammende Inferno überstanden habe. „Der Rest ist heruntergekracht“, stellte Pongratz fest.

Eine abgebrannte Kirche sei auch für ihn eine Premiere, berichtete Herbert Lang, Prokurist bei der Versicherungskammer Bayern. Dabei ist Lang für die Abwicklung von Großschäden zuständig. „Der Schaden an der Steinsdorfer Kirche geht in die Millionen Euro“, stellte der Mitarbeiter des Versicherungsunternehmens fest. Doch seine Firma werde die Probleme „aktiv und progressiv“ angehen. „Wir übernehmen die Wiederherstellung“, versprach Lang. „Die Kirche wird so aufgebaut, wie sie eine Sekunde vor Ausbruch des Feuers war.“ Die ersten Rechnungen seien bereits bezahlt, die Zusammenarbeit mit der Diözese basiere „nicht auf Misstrauen, sondern auf Vertrauen“. Er hoffe, dass die Sanierung so schnell weitergeht wie bisher.

Wie Lang auf Anfrage unserer Zeitung mitteilte, sind die Untersuchungen der Staatsanwaltschaft zur Brandursache abgeschlossen. Es sei kein schuldhaftes oder grob fahrlässiges Handeln festgestellt worden. Allerdings wisse man nach wie vor nicht, warum das Feuer ausgebrochen ist. „Eigene Ermittlungen werde seine Versicherungsgesellschaft aber nicht starten, so Lang.

Pfarrer Wolfgang Stowasser gab seiner Freude in einem langen Rap Ausdruck, den er eigens gedichtet hatte. Dabei gaben ihm die eifrig klatschenden Festbesucher den Rhythmus vor. Der Zimmerermeister Albert Schels sagte die traditionellen Sprüche auf und warf drei Sektgläser vom Gerüst. Dem folgte ein Bonbonregen, was bei den vielen Kindern Begeisterung auslöste.