Beilngries
Wie sieht die Zukunft des Tourismus aus?

Bürgermeister und Kreisräte diskutieren in Beilngries mit Fachleuten aus der Branche

27.07.2016 | Stand 02.12.2020, 19:29 Uhr

Fachleute haben sich zu einer dreistündigen Gesprächsrunde zum Thema "Zukunftschance Tourismus" in Beilngries getroffen. - Foto: Treffer

Beilngries (DK) Führende Experten haben sich in Beilngries mit Kreisräten, Bürgermeistern und Hoteliers aus dem Naturpark Altmühltal getroffen, um sich über die "Zukunftschance Tourismus" auszutauschen. Die Landtagsabgeordnete Tanja Schorer-Dremel hatte zu diesem Diskussionsabend eingeladen.

Mit eindrucksvollen Beispielen stellte Naturparkgeschäftsführer Christoph Würflein dar, wie groß die wirtschaftliche Bedeutung des Tourismus für das Altmühltal ist. Dank kluger Politik sei der Landkreis Eichstätt eine etablierte touristische Marke geworden. 6000 Vollzeitarbeitsplätze und 340 Millionen Euro Umsatz trügen ihr Scherflein zur Vollbeschäftigung bei.

Seit 1980 haben sich die gewerblichen Übernachtungen verdoppelt. Beilngries verzeichnet weit über 250 000 Übernachtungen und hat mit dem Markt Kinding im Landkreis die Nase vorn. Sorgen bereitet Würflein allerdings das Investitionsgeschehen, das ungleichgewichtig verlaufe. In den Jahren 2015/2016 seien 933 Betten verloren gegangen. 565 davon werden nun in Asylunterkünften genutzt. Durch den Rückgang des Angebots an Ferienwohnungen sei manch kleiner Ort an den Rand dessen geraten, was man noch als Tourismusgemeinde bezeichnet. Die touristischen Schwerpunkte der Region, Radfahren und Naturwandern, hätten den Nachteil, dass sie stark saisonabhängig sind, so dass ein ganzjähriger Betrieb für Herbergen oft nicht möglich sei, erläuterte Würflein. Kommunen könnten hier nur Rahmenbedingungen schaffen. Ziel sei es, Investitionen anzustoßen. Dazu brauche man die Unterstützung des Freistaates. Würflein äußerte den großen Wunsch, Fördermittel nicht nach dem Gießkannenprinzip zu verteilen.

Harald Pechlaner, Inhaber des Lehrstuhls Tourismus an der Katholischen Universität Eichstätt, prophezeit einen Wandel: weg von der Spaßgesellschaft, hin zur Sinngesellschaft. Mit Ingolstadt als starkem industriellen Sockel stehe der Region eine große Zukunft bevor. Seiner Studie zufolge ist diese unter anderem abhängig von innovativen Ideen, wie zum Beispiel der Weiterentwicklung des sanften Tourismus. Bayern sei eine unglaublich starke Marke. Dabei müsse die Wirtschaftsmarke mit der Tourismusmarke stärker verbunden werden. Der Referent fordert eine intensivere Kooperation von Verbänden, Organisationen und privaten Unternehmen sowie ein gemeinsames Marketing.

Auch Martin Spantig, Chef von Bayern Tourismus Marketing, betonte die Bedeutung der Tourismusbranche. Mit einem Umsatz von 31 Milliarden Euro und 550 000 Beschäftigten könne sie als wichtiges Standbein nicht verleugnet werden. Diese Arbeitsplätze könne man in kein Billiglohnland auslagern. Gleichsam sieht er das Urlaubsland Bayern im Wandel. Kulturtourismus gehöre zu den Wachstumsfaktoren für die touristische Nachfrage. So könne man sich darum bemühen, dass für asiatische Quellmärkte nicht nur Schloss Neuschwanstein und die Allianz Arena interessant sind. Ein weiterer Weg sei, in der heutigen hektischen Zeit die Ruhe und die Stille zielgerichtet zu vermarkten. Mit dem Vorschlag "Tourismus für alle" sprach der Fachmann das Thema Inklusion an. Er appelliert an Besitzer von Hotels, Bauernhöfen und Campingplätzen, mit passenden Angeboten Menschen mit Behinderung und deren Familien anzusprechen und ihnen ein tolles Urlaubserlebnis anzubieten. Da in naher Zukunft fast 60 Prozent der Bevölkerung in Städten leben werden, sieht Spantik ebenfalls eine große Nachfragesteigerung im naturnahen Urlaub, verbunden mit Authentizität und dem Erleben von bayerischer Gastlichkeit.

Für längeren Gesprächsstoff sorgten in der anschließenden Gesprächsrunde die Organisationsformen für Angebotsentwicklung und Vermarktung sowie die Vernetzung der Verbände und Unternehmer. Weitere Themen waren der Strukturwandel, wie zum Beispiel das Bauernhofsterben, aber auch Fachkräftemangel und die Akquise von Mitarbeitern im Hinblick auf den starken Arbeitgeber Audi. Die anwesenden Hoteliers sprachen vor allem politische Hürden und bürokratische Herausforderungen, wie die Einhaltung von Öffnungszeiten, Arbeitszeitenregelungen oder die Allergenkennzeichnungen, an. Am Ende des Abends nahm Schorer-Dremel viele Aufgaben mit nach Hause.