Beilngries
Von Mitfahrbänken und Rufbussen

Eckpunkte des Altmühl-Jura-Mobilitätskonzeptes vorgestellt - Zuhörer vermissen "Visionen"

23.02.2018 | Stand 02.12.2020, 16:46 Uhr

Gute Idee für die ganze Region? In den Altmühl-Jura-Gemeinden könnten beispielsweise bei Großveranstaltungen Busse eingerichtet werden, die den Besuchern problemlose An- und Abfahrten ermöglichen. ‹ŒArch - foto: Fabian Rieger

Beilngries (DK) Die Ergebnisse der Haushaltsbefragung zum Thema Verkehr sind am Donnerstagabend im Beilngrieser Haus des Gastes bei einem Bürgerforum vorgestellt worden. Daraus will Altmühl-Jura Maßnahmen wie Mitfahrbänke ableiten. Manchen Zuhörern fehlte aber ein "großer Wurf".

Die Altmühl-Jura-Region ist das Reich der Autofahrer. Dieses Gefühl, das wohl jeder hat, wenn er in die eigene Garage oder auf die viel befahrenen Straßen schaut, wurde durch die Haushaltsbefragung zu den Themen Verkehr und Mobilität bestätigt. Wie vielfach berichtet, hatte Altmühl-Jura unter Federführung der Regionalmanagerin Kathrin Peter vor einem knappen Jahr gemeinsam mit dem Büro Gevas Humberg und Partner Fragebögen an alle 25 820 Haushalte in der Region verschickt. Die knapp 60 000 Bürger in den zwölf Gemeinden, die mindestens sechs Jahre alt sind, sollten genau aufzeichnen, welche Wege sie am 30. März 2017 mit welchem Fahrzeug - oder zu Fuß - zurückgelegt haben. Außerdem waren allgemeine Fragen zu den Themen Mobilität und Verkehr zu beantworten. Der Rücklauf schwankte zwischen zwölf (Berching) und 20 (Mindelstetten) Prozent. Das höre sich nach wenig an, sei aber "schon in Ordnung", wie Erik Meder vom Planungsbüro aus seiner Erfahrung heraus betonte.

Die wichtigsten Ergebnisse: Das Auto spielt in der Region klar die Hauptrolle. Jeder Haushalt hat im Schnitt 1,88 Autos. Nimmt man zu den Pkw noch Motorräder dazu, hat man den Oberbegriff des motorisierten Individualverkehrs (MIV) - also alle Verkehrsbewegungen, bei denen die Bürger auf eigene Faust und nicht mit öffentlichen Verkehrsmitteln motorisiert unterwegs sind. Der Anteil dieses MIV am Gesamtverkehr ist erdrückend hoch. Er bewegt sich zwischen 72 (Dietfurt) und 82 (Breitenbrunn) Prozent. Der öffentliche Personennahverkehr (ÖPNV) spielt mit rund fünf Prozent derweil eine "bescheidene Rolle", so Meder. Im Grunde sind nahezu ausschließlich die Schulkinder mit Bussen unterwegs.

Der Fahrtzweck an Wochentagen gliedert sich folgendermaßen auf: Jeweils rund 30 Prozent der Verkehrswege verteilen sich auf den Arbeitsweg (vornehmlich nach Ingolstadt), für Freizeit/Besuche/Holen/Bringen und für Erledigungen/Behördengänge/Ärzte, die restlichen zehn Prozent sind Ausbildungsfahrten, also vor allem Schulwege.

Diese Ergebnisse sollen in das Altmühl-Jura-Mobilitätskonzept einfließen. Bereits heuer sollen zwei konkrete Maßnahmen in die Umsetzung gehen. Dies sei die Vorgabe an sein Büro, so Meder - das Vorhaben muss sich in die Förderperiode des Regionalmanagements einfügen. Mit Blick auf den Zeithorizont und das begrenzte Budget habe man, gemeinsam mit den beteiligten Bürgermeistern und anderen Akteuren, freilich eher kleinere Sofortmaßnahmen zusammengestellt, von denen nun einige in der ganzen Region Anwendung finden könnten. Gleichzeitig wolle man mit dem Konzept aber auch mittel- und langfristige Maßnahmen in Aussicht stellen, die eventuell in der neuen Förderperiode umgesetzt werden könnten.

Zu den möglichen Sofortmaßnahmen stellte Meder mehrere Beispiele vor. "Mitfahrbänke sind sehr im Kommen", sagte er. Denkendorf hat sich bereits dafür entschieden, dieses Pilotprojekt könnte auf alle zwölf Gemeinden ausgeweitet werden. In der Autobahngemeinde werden zehn solcher Bänke aufgestellt - vier im Hauptort, die restlichen sechs in den Ortsteilen. Die Idee ist klar: Wer eine Mitfahrgelegenheit nach Denkendorf oder von dort aus zurück in die Dörfer braucht, setzt sich auf die Bank - und wird dann hoffentlich von einem freundlichen Autofahrer mitgenommen.

Bei einem anderen Projekt könnten die Dietfurter die Vorreiter sein, Stichwort Seniorenmobil. Das Konzept sieht vor, dass betagte Bürger aus allen 37 Ortsteilen bei der Stadtverwaltung gegen eine kleine Aufwandsentschädigung eine Fahrt nach Dietfurt buchen können. Das Fahrzeug mit Elektroantrieb soll von einem Vertreter des Bundesfreiwilligendienstes, kurz Bufdi, gesteuert werden. Ein ähnliches Konzept gibt es in Altmannstein mit einem Bürgerbus, der sich an alle Altersklassen richten soll. Denkbar wäre auch die Einrichtung von Bustouren, die bei Großveranstaltungen in den beteiligten Gemeinden die gesamte Region abklappern, zum Beispiel bei Volksfesten. Wichtig sei außerdem, die Bürger besser zu informieren - beispielsweise über gebündelte Busfahrpläne für alle zwölf Gemeinden auf der Altmühl-Jura-Internetseite.

Einige der rund 30 Zuhörer, viele von ihnen Vertreter öffentlicher Ämter, waren mit den vorgestellten Maßnahmenideen nicht recht zufrieden. Sie vermissten klare Zielsetzungen für eine Busanbindung an den Bahnhof Kinding, Aussagen zu besser abgestimmten Busfahrplänen und konkrete Ideen, wie man die Pendlerströme zu Audi verträglicher gestalten könnte. Der Kevenhüller Stadtrat Georg Harrer (CSU) brachte das folgendermaßen auf den Punkt: Er sehe zwar mehrere "Add-ons", also Zusätze zum bestehenden Angebot. Von einem umfassenden Konzept könne aber keine Rede sein. Zwei andere Besucher monierten quasi wortgleich: "Es fehlt eine Vision."

Die Dietfurter Bürgermeisterin Carolin Braun (SPD) antwortete, dass dieses Konzept gar nicht den Anspruch haben solle und könne, allumfassende Antworten auf Verkehrs- und Mobilitätsfragen zu geben. Die Entscheidungen würden an den Landratsämtern gefällt. Vielmehr gehe es eben genau darum, das Leben der Bürger durch solche "Add-ons" zu verbessern.

Die Thematik wird nun noch einmal mit den politischen Gremien diskutiert. Bei der Standortmesse, die am 21. und 22. April in Dietfurt stattfindet (weiterer Bericht folgt), wird dann das fertige Konzept der Öffentlichkeit vorgestellt.