Beilngries
"Es wird vieles auf die lange Bank geschoben"

BL/FW-Fraktionssprecher Anton Bauer ist mit einigen Entwicklungen in der Stadtpolitik unzufrieden

22.03.2017 | Stand 02.12.2020, 18:27 Uhr

Ein Freund der klaren Worte: Anton Bauer, Fraktionssprecher der Bürgerliste-Parteiloser Block/Freie Wähler, ist mit der ersten Hälfte dieser Wahlperiode nur in Teilen zufrieden. Er würde sich wünschen, dass seine Fraktion stärker mit einbezogen wird, wie er betont. - Foto: Fabian Rieger

Beilngries (DK) Den Optimismus der Beilngrieser CSU kann die Fraktion der Bürgerliste-Parteiloser Block/Freie Wähler nicht teilen. Deren Sprecher Anton Bauer übt deutliche Kritik an der Stadtführung. Er hat den Eindruck, dass seine Fraktion bei wichtigen Fragen nicht ausreichend beachtet wird.

Herr Bauer, der CSU-Fraktionssprecher Johannes Regnath hat jüngst gesagt, dass die CSU ihre Macht nie missbrauchen würde. Sie wiederum haben vor einiger Zeit geklagt, dass eine Alleinherrschaft für eine Stadt nie gut sei. Wie fällt Ihr Fazit nach der ersten Hälfte der Wahlperiode aus?

Anton Bauer: Ich stehe zu dem, was ich gesagt habe. Ich würde nicht so weit gehen, zu sagen, dass die CSU ihre Macht missbraucht. Aber es gibt Anzeichen dafür, dass man nicht um die besten Lösungen ringt, sondern dass die CSU versucht, sich mit ihrer Meinung durchzusetzen. Es gibt dafür Beispiele. Anträge von unserer Seite, allein zehn Stück für die Haushalte in den vergangenen Jahren, wurden nie aufgenommen. Zu späterer Zeit werden aber dann einige Vorschläge wieder aufgegriffen.

 

Ihre Kritik bezieht sich also weniger darauf, dass Sachen nicht umgesetzt werden, sondern darauf, dass Sie nicht das Gefühl haben, genügend gehört oder ins Boot geholt zu werden?

Bauer: Das ist die eine Seite. Auf der anderen Seite gibt es aber auch Sachen, die für uns von grundlegender Bedeutung sind, wo die Meinungen auseinandergehen und wir uns mit unseren Ansichten einfach nicht durchsetzen können.

 

Können Sie da ein konkretes Beispiel nennen?

Bauer: Die Wohnlandpolitik hier in Beilngries ist so ein Thema. Auf den Dörfern läuft es ganz gut, in der Stadt aber läuft einiges falsch. Gewachsene Wohnsiedlungen zerstören wir, indem wir Investoren erlauben, dort ihre überdimensionierten Wohnprojekte zu errichten. Unser Parteimitglied Benjamin Schneider hat das einmal richtig gesagt: Der Charakter von Beilngries und von seinen Siedlungen geht verloren.

 

Die Bauten am ehemaligen Baywa-Gelände sind ja beispielsweise noch unter Führung Ihrer Fraktion in der vorangegangenen Wahlperiode auf den Weg gebracht worden.

Bauer: Wenn sich ein Areal dafür eignet, dann jederzeit. Wenn es aber um eine gewachsene Siedlung geht, wie beispielsweise die Gaisbergsiedlung, dann ist es ein No-Go.

 

Wobei auch bei der Baywa-Ansiedlung kritische Stimmen von Bürgern aus der Utzmühlsiedlung zu hören waren.

Bauer: Natürlich, man kann es nicht jedem Recht machen. Aber dort bin ich der Meinung, dass man sich eine verdichtete Ansiedlung schon überlegen konnte. Die Grenzen dürfen aber ebenfalls nicht überschritten werden. Aber wenn es um gewachsene Wohnsiedlungen geht, dann kann ich da einfach nicht diese Großprojekte hineinplatzieren. Man darf das dann auch nicht immer auf das Landratsamt schieben. Es ist letzten Endes der Beilngrieser Stadtrat oder der Bauausschuss, der diese Entscheidung trifft.

 

Der Wunsch nach Bauland und Wohnraum ist aber doch zweifellos da. Was wären denn die Alternativen, wie man Wohnraum schaffen könnte, wenn man auf diese Großbauten verzichtet?

Bauer: Ich glaube nicht, dass die Stadt das unbedingt machen muss, weil der Druck so groß ist. Für uns als Fraktion ist ein harmonisches, organisches Wachstum viel besser als das, was jetzt passiert. Wir müssen nicht zwangsläufig in den nächsten Jahren 10 000 Einwohner haben. Was das Schlimmste ist: Durch diese ungezügelte Bauweise in den Wohnsiedlungen kommen fast nur noch die Investoren zum Zuge, die sich das leisten können. Ich behaupte, dass die Stadt Beilngries damit die Baupreise kaputtgemacht hat. Es gibt Beilngrieser Familien, die sich das nicht mehr leisten können und dann auf die Dörfer ausweichen. Ich hoffe, dass der Stadtrat dem allen sehr bald einen Riegel vorschiebt.

 

Vom Themenkomplex Wohnraum abgesehen: Welche Projekte sollen in den kommenden Jahren angegangen werden?

Bauer: Der Bürgermeister ist auf einem guten Weg, was das Tourismus- und Dienstleistungskonzept anbelangt. Es ist zwingend notwendig, dass uns die Stadt mit ihrer Infrastruktur so erhalten bleibt, dass wir eine belebte Innenstadt haben. Ein ganz wichtiges Thema, bei dem wir im Stadtrat vollkommen unterschiedlicher Meinung sind, ist der Kindergartenneubau im Sulzpark, bei dem auch Krippenplätze geschaffen werden. Das ist einer der Fälle, bei dem sich die Mehrheit durchgesetzt hat, aber leider nicht mit einer langfristigen Lösung in Sachen Kindergarten- und Krippenplätze. Wir akzeptieren die Mehrheitsentscheidung, aber wir werden sie nicht als beste Lösung nach außen vertreten. Wir waren total anderer Meinung - und sind es nach wie vor.

 

Wie hätte Ihre Wunschlösung ausgesehen?

Bauer: Man muss vorausschicken: Es hätte eine Förderung über eine Million Euro gegeben für ein Haus, das Krippenplätze beinhaltet. Die war bis Ende 2014 befristet und die hat man verfallen lassen. Jetzt baut man im Sulzpark auf einer begrenzten Fläche. Die Verkehrssituation ist dort jetzt schon chaotisch. Es werden noch mehr Gruppen dazukommen, dadurch wird sich die Zahl der Anfahrten erhöhen. Von der Umgehungsstraße aus hätte man das Grundschulareal viel besser erreichen können.

 

Sie bleiben also dabei, dass das Grundschulareal der bessere Standort gewesen wäre?

Bauer: Ja, das wäre unsere Wahl gewesen.

 

Auch auf die Gefahr hin, dass dann mit dem bisherigen Franziskuskindergarten, der jetzt abgerissen und neu gebaut wird, eine "Ruine" im Sulzpark entsteht?

Bauer: Von einer Ruine hätte man meiner Meinung nach nicht sprechen können. Wenn man sich mit den Mietern unterhält, die derzeit auch in dem Haus wohnen, dann empfinden die ihren Wohnraum nicht als Ruine. Das Gebäude hätte man ruhig noch stehen lassen können. Und um einer Aussage vorzubeugen, die man in der Bevölkerung immer wieder hört: Es hätte nicht die Gefahr bestanden, dass sich ein Investor das Areal unter den Nagel reißt. Es handelt sich um eine Gemeinbedarfsfläche. Das heißt, die Kirche hätte dort nur eine Einrichtung entstehen lassen können, die soziale Zwecke bedient. Vielleicht wäre es sogar die Möglichkeit gewesen, hier einmal ein Seniorenstift zu errichten.

 

Beim Themenkomplex Kindergartenneubau werden Sie mit dem Bürgermeister und der CSU auf keinen gemeinsamen Nenner kommen. Ein anderes Thema, bei dem die Stadt zweifelsfrei vorangekommen ist, ist die Umgehungsstraße.

Bauer: Die Bilanz unseres Bürgermeisters hat Licht und Schatten. Der Fortschritt bei der Umgehungsstraße ist positiv zu bewerten. Genau 14 Jahre, nachdem es uns versprochen wurde, soll jetzt der Baubeginn erfolgen. Das haben wir auch den Bürgermeistern Uhl und Frauenknecht zu verdanken, aber auch unserem jetzigen Bürgermeister Anetsberger, der es geschafft hat, die beiden Bauabschnitte zu entkoppeln. Das ist ein Erfolg von ihm. Gleiches gilt für die restlichen Grundstücke, die er noch erwerben konnte, damit es jetzt mit dem Bau losgehen kann. Die große Entlastung gäbe es aber erst mit dem Bauabschnitt II. Den sollte man daher zügig voranbringen.

 

Jetzt haben wir über viele Themen gesprochen, oftmals ist die Kritik Ihrer Fraktion deutlich geworden. Was müsste in den kommenden drei Jahren passieren, damit Sie am Ende der Wahlperiode sagen: Eigentlich war es doch eine recht erfolgreiche Zeit?

Bauer: Was unbedingt umgesetzt werden muss, ist die Sanierung der Altstadtgassen. Deren Begehbarkeit muss sichergestellt werden. An diesem Thema sieht man, wie vieles in Beilngries immer auf die lange Bank geschoben wird. Wir waren davon ausgegangen, dass 2017 etwas passiert. Aber bekanntermaßen wird sich jetzt ja erst 2018 etwas tun - obwohl die Bauabteilung um zwei Kräfte vergrößert wurde. Der Zug früherer Jahre ist nicht mehr da. Das sieht man auch bei der Mittelschulsanierung. Man hat unserer Fraktion 2012 vorgeworfen: "Die Zukunft der Kinder ist der Bürgerliste nichts wert." Weil wir damals gesagt haben, erst muss die Turnhalle gebaut werden, die Sanierung geht 2015 weiter. Dann hat man es aber 2015 und 2016 nicht angepackt. Ich hoffe, dass es jetzt heuer endlich soweit ist. Ein weiteres Beispiel ist der Ausbau des schnellen Internets. Da wurden der Bürgermeisterin Frauenknecht Vorhaltungen gemacht, und jetzt sind die anderen Gemeinden schneller.

 

Aus Ihrer Fraktion spricht bei vielen Themen noch die Verärgerung über Vorkommnisse aus der vorhergehenden Wahlperiode.

Bauer: Ja, natürlich. Man soll nicht darauf herumreiten. Aber man soll es auf jeden Fall nicht vergessen, denn der Bürgermeisterin wurde ganz schön zugesetzt. Als Beispiel ist hier die DSL-Erschließung in Kevenhüll zu nennen. Das waren Show-Anträge, die damals gestellt wurden, um die Bürgermeisterin Frauenknecht zu diskreditieren. Und solche Sachen wirken natürlich nach.

 

Lassen Sie uns zum Abschluss noch einen Blick in Ihre Fraktion werfen. Der Altersdurchschnitt ist relativ hoch. Gibt es neben dem Wiesenhofener Ortssprecher Benjamin Schneider weitere Nachwuchskräfte, die sich mit Blick auf die nächste Wahlperiode in Position bringen?

Bauer: Wir wissen, dass es wichtig ist, junge Menschen für eine politische Betätigung zu gewinnen. Bei Benjamin Schneider ist das politische Interesse deutlich zu erkennen. Aber auch unser gesamter Vorstand hat sich bereits maßgeblich verjüngt. In unserer Gruppe Bürgerliste/Freie Wähler setzen wir darauf, dass sich weitere junge Frauen und Männer politisch engagieren und Verantwortung übernehmen wollen. Einige von uns, dazu zähle auch ich, können dann gerne etwas in den Hintergrund treten.

 

Wenn wir schon auf die Wahl in drei Jahren blicken. Werden Sie mit einem eigenen Bürgermeisterkandidaten ins Rennen ziehen?

Bauer: Darüber haben wir uns noch keine Gedanken gemacht. Natürlich wäre es wünschenswert, da der Bürger dann eine Wahl hat. Zudem glaube ich, dass es der ganzen Gruppierung einen Push gibt, wenn man einen guten Kandidaten zur Wahl stellt.

 

Das Gespräch führte

Fabian Rieger.