Beilngries
"Ein anspruchsvoller, aber befriedigender Job"

Bürgermeister Alexander Anetsberger stellt eine erneute Kandidatur in Aussicht Ärger über Aussagen der Bürgerliste

28.04.2017 | Stand 02.12.2020, 18:13 Uhr

Viel zu tun: Die Aufgabenliste für die kommenden drei Jahre ist lang, wie Bürgermeister Alexander Anetsberger erläutert. - Foto: Fabian Rieger

Beilngries (DK) Bürgermeister Alexander Anetsberger kann sich zum aktuellen Stand eine erneute Kandidatur bei der nächsten Kommunalwahl gut vorstellen. Er macht im Gespräch mit unserer Zeitung aber auch keinen Hehl daraus, dass ihn die jüngst geäußerte Kritik der Bürgerliste geärgert hat.

Bei einem früheren Interview haben Sie gesagt, dass Sie Ihre Kandidatur für das Amt des Bürgermeisters zu keiner Sekunde bereut haben. Würden Sie das heute so wiederholen?

Alexander Anetsberger: Die Zeiten, in denen ich es bereue, halten sich sehr in Grenzen. Es gibt immer mal wieder Situationen, in denen man sich sagt: Um Gottes Willen, warum habe ich mir das angetan?

 

Aber die guten Momente überwiegen?

Anetsberger: Deutlich. Es macht immer noch einen riesen Spaß. Ich hatte noch nie einen so anspruchsvollen, aber auch befriedigenden Job.

 

Die schwierigen Themen und die Kritik, die bisweilen an Ihre Adresse gerichtet wird, können Sie aushalten?

Anetsberger: Da bin ich schon gut gewappnet ins Amt gekommen. Ich hatte immer Jobs, die im Blickpunkt der Öffentlichkeit standen. Und Beilngries ist ein Ort, in dem eine positive Grundstimmung herrscht.

 

Trotzdem haben Sie sich jüngst über die kritischen Worte der Bürgerliste in Ihre Richtung geärgert.

Anetsberger: Ich versuche, nicht alles für bare Münze zu nehmen - weil ich weiß, dass die Bürgerinnen und Bürger solche Aussagen sehr wohl selbst einordnen können. Mir schwillt aber der Kamm, wenn man sich in Themen verbeißt und sie zum Gegenstand eines Vorwurfs macht, bei denen es lange Gelegenheit gegeben hätte, selbst etwas zu bewegen.

 

Sie haben in diesem Zusammenhang jüngst die Altstadtgassen und die Regenüberlaufbecken angesprochen.

Anetsberger: Genau. Und ich hätte auch das Thema Umgehungsstraße nehmen können. Das hat die Bürgerliste jetzt so dargestellt, dass der Ministerpräsident so lange gewartet hätte, bis ein ihm genehmer Kandidat im Rathaus sitzt.

 

Das war nicht der Fall?

Anetsberger: Nein. Solche Vorwürfe halte ich für lächerlich. Ich habe den Ministerpräsidenten gefragt, ob er zu seiner Zusage steht, uns bei der Umgehungsstraße behilflich zu sein. Er hat mir einen Gesprächstermin angeboten, den habe ich wahrgenommen und dann ist die Sache ins Rollen gekommen. Ich kann mir nicht vorstellen, dass er das meiner Vorgängerin vorenthalten hätte. Ich kann nur vermuten, dass sie es vielleicht gar nicht versucht hat. Man hat sich immer an der Entkoppelung der Bauabschnitte und am Grunderwerb festgebissen und beides für unlösbar erklärt.

 

Das waren die zwei entscheidenden Punkte.

Anetsberger: Mir wurde vom Ministerpräsident und auch von den Fachbehörden mitgeteilt, dass man zwar in Sachen Entkoppelung und auch bei der Förderzusage zu einer Lösung kommen kann - die Hausaufgaben dafür musste ich aber selber machen. Bis zum Stichtag musste ich dann den Grunderwerb nachweisen. In einem Kraftakt, der auch meine Verwaltung sehr gefordert hat, haben wir das geschafft und fristgerecht am 1. September 2016 unseren Förderantrag gestellt.

 

Heuer startet der Bau. Welche Ziele verbinden Sie damit?

Anetsberger: Die Umgehungsstraße ist eine wichtige Voraussetzung dafür, dass wir andere Projekte besser umsetzen können. Da gehört die Entlastung der Sandsiedlung vom Busverkehr dazu - und die Anbindung des westlichen Stadtteils inklusive Gewerbegebiet an unsere Fernstraßen. Zudem haben wir über unser Integriertes Städtebauliches Entwicklungskonzept genügend Vorhaben, die sich auch mit der Verkehrsführung beschäftigen. Durch die Umgehung gewinnen wir hier Spielraum.

 

Wie sind die Planungen in Sachen zweiter Bauabschnitt der Umgehungsstraße? Kann der zügig umgesetzt werden?

Anetsberger: Das wäre das Ziel. Aber auch hier muss ich etwas zur Opposition sagen. Ich finde es lächerlich, jetzt zu fordern, dass der zweite Bauabschnitt ganz schnell umgesetzt wird. Jeder weiß, dass der viel schwieriger ist. Aktuell liegt darauf bei mir kein Arbeitsschwerpunkt. Im Laufe des Jahres werde ich die Grundstücksverhandlungen noch einmal führen. Ich bin mir aber fast sicher, dass ich da nicht erfolgreich sein werde. Dann wird das weitere Prozedere zu klären sein. Behalten wir die Fäden in der Hand oder muss beispielsweise der Freistaat Bayern die Bauträgerschaft übernehmen? Dann würde es aber definitiv noch fünf bis sieben Jahre bis zur Realisierung dauern.

 

Sie haben den Eindruck, dass man Ihnen den Erfolg beim ersten Bauabschnitt durch den Verweis auf den noch offenen zweiten Bauabschnitt vermiesen möchte?

Anetsberger: Diesen Verdacht habe ich und dieses Vorgehen ist nicht seriös. Ich könnte auch hergehen und gegenüberstellen: Was hat der Eine gemacht, was der Andere. Dieser Vergleich wäre sehr eindeutig. Das wäre für mich ein Leichtes, aber darauf bin ich nicht angewiesen. Entscheidend ist, dass es jetzt mit dem Bau losgeht.

 

Wie fällt Ihre allgemeine Einschätzung zur Zusammenarbeit im Stadtrat aus?

Anetsberger: Es wird immer wieder so sein, dass sich die eine Seite über die andere Seite ärgert. Es ist durchaus der Fall, dass ich immer wieder versuche, einen Schritt auf die Opposition zuzugehen. Sie ist in viele entscheidende Projekte eingebunden, wie zum Beispiel beim Kindergarten-Neubau und beim Tourismuskonzept. Und ich werde an einer der nächsten Fraktionssitzungen der Bürgerliste teilnehmen. Ich denke, dass wir trotz allem einen relativ vernünftigen Umgang pflegen. Und dafür möchte ich mich auch in Zukunft einsetzen. Es gibt ja genug Punkte, bei denen wir einer Meinung sind.

 

Lassen Sie uns zu konkreten Themen kommen. Ganz wichtig ist der Themenkomplex Bauen und Wohnen. SPD-Stadtrat Rüdiger Stein hat von einem kaputten Markt gesprochen. Sind Sie der gleichen Meinung?

Anetsberger: So weit würde ich nicht gehen. Der Markt ist sehr erhitzt. Es ist ein Spiel von Angebot und Nachfrage. Der Vorwurf, dass wir durch unsere vermeintlich großzügige Genehmigungspraxis die Grundstückspreise kaputtmachen, ist ein großer Schmarrn. Meine Hoffnung ist, dass wir durch die Schaffung von mehr Wohnraum und durch die Befriedigung der Nachfrage den Druck verringern. Das geschieht durch die Nachverdichtung mit Großbauten sowie die Sanierungen in der Altstadt. Und natürlich arbeite ich am Grunderwerb für neue Baugebietsausweisungen.

 

Da ist noch nichts spruchreif?

Anetsberger: Leider nicht. Aber es besteht Anlass zu einer gewissen Zuversicht.

 

Es gibt Einheimische, die sich in der Stadt keine Wohnung leisten können, und anerkannte Flüchtlinge, die Wohnraum brauchen. SPD-Mann Stein hat vorgeschlagen, in den städtischen Wohnbau einzusteigen. Wie realistisch ist das?

Anetsberger: Der Wunsch ist legitim, die Erfüllung ist aber momentan nicht realistisch. Wir haben städtische Grundstücke, aber die sind für andere Zwecke vorgesehen. Zudem müsste sich im Stadtrat eine Mehrheit für diesen Vorschlag finden. Die Stadt müsste investieren und als Vermieterin auftreten, was mit den aktuellen Strukturen schwer möglich wäre.

 

Kritik gibt es immer wieder an den Großbauten. Einheimische klagen, dass Beilngries sein Gesicht verliere. Wie ist hier Ihre Position?

Anetsberger: Ich kann die Klagen nachvollziehen. Ich sehe aber auch, dass die Beilngrieser Entwicklung immer von Veränderungen geprägt war. Beilngries besteht aus verschiedenen Einheiten mit unterschiedlichem Charakter. Wenn man von Kinding aus hereinfährt, sieht man nicht nur das schöne Schloss Hirschberg - man fährt auch auf das Gewerbegebiet zu. Vieles wird zur Gewohnheit. Die Bedenken, die geäußert werden, sind vom ersten Eindruck der Veränderung geprägt. Zudem gibt es die Klageführer, die unmittelbar betroffen sind - von Baustellenverkehr, Dreck und Lärm. Auch diese Klagen kann ich nachvollziehen. Aber: Jeder hat einmal dieses Privileg genossen, bauen zu dürfen. Diese Diskussion führt allerdings mit Sicherheit dazu, dass wir bei der Prüfung solcher Bauanträge künftig noch kritischer vorgehen werden, als das eh schon der Fall ist.

 

Ein anderes großes Bauwerk, das umstritten ist, ist der Kindergarten im Sulzpark. Sie stehen zu dieser Standortwahl?

Anetsberger: Mit Ausnahme der Bürgerliste gibt es da im Stadtrat eine einhellige Meinung. Wir haben eine Standortanalyse gemacht, deren Ergebnis eindeutig war. Dabei haben wir auch berücksichtigt, wer der Träger des neuen Kindergartens wird. Am Standort Grundschule hätten wir den Träger Kirche verloren, und das wollten wir nicht. Zudem haben wir im Sulzpark die Einbindung ins Grüne und die Zentrumsnähe. Natürlich ist die Anfahrtssituation ein Problem und durch die zwei zusätzlichen Gruppen wird die noch kniffliger. Wir haben aber die Möglichkeit, die Zufahrt neu zu organisieren. Und wir werden den Sulzpark nicht zerstören.

 

Sie haben eine Zusage gemacht, dass man versuchen wird, wenn überhaupt, nur eine möglichst geringfügige zusätzliche Fläche des Sulzparks für den Bau zu nutzen.

Anetsberger: Die Zusage steht.

 

Es werden bereits Stimmen laut, dass dieser Neubau nicht ausreicht, um in einigen Jahren immer noch den Bedarf zu decken.

Anetsberger: Dem kann ich nicht widersprechen. Ich sage das auch ganz offen. Wir haben eine Bedarfsprognose bis zum Jahr 2020 gemacht. Sie zeigt, dass der Bedarf an Kindergartenplätzen im Stadtgebiet um 30 Prozent steigen wird. Der Neubau kann den Bedarf nur bis 2019 decken. Es wäre aber nicht möglich, schon jetzt größer zu bauen. Einheiten, die über sechs Gruppen hinausgehen, werden aus pädagogischer Sicht äußert kritisch betrachtet. Da hätten die Kindergartenaufsicht und die Caritas der Kirche sehr stark ins Gewissen geredet. Wir werden uns wohl schon kommendes Jahr mit der nächsten Erweiterungsstufe beschäftigen müssen.

 

Die wird dann an einem anderen Ort stattfinden müssen.

Anetsberger: Ja, das ist sehr wahrscheinlich.

 

Ein schwieriges Thema ist in den vergangenen Jahren immer dann aufgetreten, wenn es sehr stark geregnet hat. Dann waren Straßen und Keller überflutet. Die Stadt hat im vergangenen Jahr ein Maßnahmenpaket verabschiedet. Was wurde davon schon umgesetzt?

Anetsberger: Zunächst haben wir den Generalentwässerungsplan erneuert. 2016 haben wir dann die ersten Maßnahmen umgesetzt. Da war der Außeneinzugsbereich vom Hirschberg her dabei. Für die Jahre 2017 und 2018 haben wir ein Maßnahmenpaket beschlossen. Heuer stehen drei Projekte an: der Außeneinzugsbereich Arzberg, die Kanalerweiterung an der Mittelmühle und das Hebewerk in der Neumarkter Straße, an dem die Utzmühlsiedlung dranhängt.

 

Da ist noch nichts geschehen?

Anetsberger: Nein, das ist eine größere Baumaßnahme, die in diesem Jahr in Angriff genommen werden muss.

 

Sie haben aber stets betont, dass die Gefahr von Überflutungen bei Starkregen nicht gänzlich gebannt werden kann.

Anetsberger: Das ist korrekt. Die Bürger haben die Möglichkeiten, sich durch Einbauten zusätzlich vor diesen Situationen zu schützen. Das soll aber nicht heißen, dass wir vor unserer Verpflichtung davonlaufen.

 

Welche weiteren Aufgaben werden Ihre Arbeit in den nächsten drei Jahren bestimmen?

Anetsberger: Wichtig ist, dass wir das Gemeindeentwicklungskonzept in unseren Dörfern voranbringen.

 

Die Wunschliste ist lang.

Anetsberger: Da kommt viel Arbeit auf uns zu. Aber allein der Prozess ist ein Gewinn, die Bürgerbeteiligung ist sehr hoch. Vor der langen Wunschliste habe ich keine Angst. Wir haben dann die Arbeitsgrundlage für die nächsten zehn Jahre.

 

Welche weiteren Aufgaben haben Sie?

Anetsberger: Unter anderem die Dauerbrenner Wohnraum und Bauland, auch in den Ortsteilen. Da werden wir auch die Frage stellen, ob man immer neue Baugebiete braucht oder ob man auch bestehende Flächen im Ort nutzen kann. Dann haben wir das Tourismus- und Einzelhandelskonzept. Das soll jetzt sogar ein Standortkonzept werden, das alle Wirtschaftsbereiche einschließt. Auch das Thema Gewerbeflächen wird uns beschäftigen. Auch das ist in Beilngries schwieriger als in Grampersdorf. Die Mittelschulsanierung fordert uns derzeit ebenfalls. Auch die ISEK-Maßnahmen - vor allem die Gassensanierungen - stehen an. Das muss gut vorbereitet werden und bringt Belastungen für die Anwohner mit sich. Beim Breitband sind wir auch noch nicht am Ziel.

 

Die Zusage, dass bis Ende 2018 alle Gemeindebürger ein deutlich schnelleres Internet haben, steht?

Anetsberger: Ja - vorausgesetzt, es gibt im Förderverfahren nun keine Verzögerungen mehr.

 

Die Aufgabenliste ist sehr lang.

Anetsberger: Und sie ist noch nicht vollständig. Auch Themen wie Friedhofssanierungen und die Verkehrssicherheit stehen auf der Agenda.

 

Das bringt finanzielle Belastungen mit sich. Beilngries muss neue Schulden machen.

Anetsberger: Wir werden heuer wohl einen neuen Kredit aufnehmen müssen. Und auch für die nächsten Jahre wird das der Fall sein. Wir gehen vielfach in Vorleistung. Auf lange Sicht werden die Schulden dann aber auch wieder zurückgehen.

 

Zum Abschluss noch zwei persönliche Fragen. Die CSU rollt Ihnen den roten Teppich aus. Wann treten Sie in die Partei ein?

Anetsberger: Diese Diskussion werde ich weiterhin nur mit der CSU führen. Öffentlich äußere ich mich dazu nicht.

 

Und wie steht es um Ihre Bereitschaft, bei der Wahl in drei Jahren erneut zu kandidieren?

Anetsberger: Da sage ich - Stand heute - natürlich Ja. Alles Andere wäre Quatsch. Es macht Spaß und ich bin auch der Meinung, dass ich diese Aufgabe erfüllen kann. Sie wird mir auch nicht durch Begleitumstände verleidet. Wenn sich daran nichts ändert, werde ich 2020 wieder kandidieren.

 

Das Gespräch führte

Fabian Rieger.