Beilngries
"Man ist wieder dankbar für gute Augen"

Drei Minuten lang blind: Lions Club Beilngries informiert auf dem Kirchplatz über Sehbehinderungen

20.04.2017 | Stand 02.12.2020, 18:16 Uhr

Stöcke als Augenersatz: Mutig wagten sich einige Kinder in das Blindenmobil. Die Brille ließ sie nur hell und dunkel wahrnehmen, Hilfestellung bei der Orientierung im Parcours gab der Blindenstock. - Foto: Skrobanek

Beilngries (DK) Mit welchen Herausforderungen haben Menschen mit Sehbehinderungen im Alltag zu kämpfen? Diese Frage ist im Mittelpunkt eines Informationstages gestanden, den der Beilngrieser Lions Club und die Christoffel-Blindenmission gestern auf dem Kirchplatz veranstaltet haben.

Alles ist verschwommen. Eine nicht zuordenbare gelbe Masse türmt sich am Boden auf, einige Meter weiter scheint es ein Stück nach unten zu gehen. Der Taststab ist keine große Hilfe. Er klappert immer mal wieder gegen Wände und Gegenstände. Wo genau sich diese befinden, ist aber unklar - von ihrer Form ganz zu schweigen. Und plötzlich tauchen vor der Nase dünne Stäbchen auf. Wie soll man jetzt noch vorankommen? Das Gefühl der Hilflosigkeit wird immer größer.

Diese erschreckende Erfahrung konnten die Beilngrieser und ihre Gäste gestern auf dem Kirchenvorplatz machen. Der Beilngrieser Lions Club und die Christoffel-Blindenmission zeigten Interessierten, wie schwer der Alltag für Menschen ohne oder mit sehr eingeschränkter Sehkraft ist. Vor dem Eintritt in das Informationsmobil erhielt jeder Teilnehmer eine Brille. Sie simulierte die Sehkraft einer Person, die grauen Star im Endstadium hat. Derart eingeschränkt durften sich die Teilnehmer dann auf einen etwa dreiminütigen Weg durch einen Hindernisparcours machen.

Anlass für die Aktion war der 100. Geburtstag des Lions Clubs International. Vor diesem Hintergrund findet eine Wanderung der Lions-Mitglieder von Mittenwald bis Berlin statt - natürlich für einen guten Zweck. Die Beilngrieser Lions beteiligen sich ebenfalls, sie marschieren heute nach Neumarkt. Im Vorfeld der Wanderung wollten sie gestern aber bereits in ihrem Heimatort etwas Gutes tun. Da sich die Lions seit vielen Jahren für die Blindenmission engagieren, war die Aktion mit dem Blindenmobil naheliegend.

Die Teilnehmer zeigten sich betroffen von den Schwierigkeiten, die eine Einschränkung der Sehkraft mit sich bringt. "Ich habe es als schwierig empfunden, den Parcours im Mobil zu meistern, da man wirklich nur hell und dunkel erkennt. Im Alltag ist es bestimmt sehr schwierig, damit umzugehen", sagte Marlene Engelhard aus Böhming, nachdem sie den Parcours absolviert hatte. Ihr Sohn Matthias machte auch mit. "Bevor ich reingegangen bin, habe ich schon noch ein bisschen gezögert. Als ich im Mobil war, habe ich am Anfang etwas Gelbes gesehen, sonst habe ich nur hell und dunkel erkannt. Ich habe mich auch immer an der Wand orientiert", berichtete er hernach. Seine Mutter konnte da nur zustimmen: "Im Freien wäre es wirklich sehr, sehr schwer."

Die Beiden wollten eigentlich nur am Kirchplatz vorbeifahren, als sie zufällig das Blindenmobil entdeckten. Im Bekanntenkreis gibt es bei den Engelhards zwar glücklicherweise niemanden, dessen Augenlicht stark eingeschränkt ist. Trotzdem haben Mutter und Sohn vor Sehbehinderten großen Respekt, wie sie berichteten. Durch die gestrigen Erfahrungen hätte sich das noch verstärkt. "Man ist wieder dankbar für gute Augen", fasste Marlene Engelhard zusammen.

Genau diese Sensibilisierung für Augenerkrankungen liegt den Mitarbeitern der Christoffel-Blindenmission am Herzen. Antonia Schreiber und Daniel-Paul Köhler waren nach Beilngries gekommen, um den Informationsstand zu betreuen. Neben der Wissensvermittlung geht es dem Lions Club auch darum, Spenden für bedürftige Menschen zu akquirieren. Vor allem in Entwicklungsländern gibt es immer noch viele Menschen mit Sehbehinderungen, die behandelt werden könnten - wenn ausreichend Geld vorhanden wäre. Hier sei es wichtig, eine Hilfe zu leisten, wie Franz Koller vom Beilngrieser Lions Club betonte.

Seine Mitstreiterin Denise Amrhein sagte gestern zu ihren Empfindungen mit der Grauen-Star-Brille: "Im ersten Moment habe ich mich sehr unsicher gefühlt, ich habe mich auch sehr mit dem Stock orientiert. Man hat ständig das Gefühl, dass man ins Leere tritt oder irgendwo herunterfällt. Ich war sehr erleichtert, als ich die Brille wieder absetzten konnte. Die Betroffenen können das allerdings nicht. Man merkt wirklich, wie stark man im Alltag auf sein Sehorgan angewiesen ist."