Beilngries
Grünes Erbe für Generationen

Försterin Veronika Mages erklärt, worauf es bei der Waldbewirtschaftung ankommt

23.05.2017 | Stand 02.12.2020, 18:04 Uhr

Aus den Tannensamen sind innerhalb von fünf Jahren bereits kleine Pflänzchen geworden (oben). Sorgen bereitet nach wie vor der Borkenkäfer.

Beilngries (DK) Wer einmal mit Försterin Veronika Mages im Beilngrieser Revier der Bayerischen Staatsforsten unterwegs war, wird den Wald künftig mit anderen Augen sehen. Hinter der Bewirtschaftung steckt ein klarer Plan, nichts geschieht zufällig.

Im Wald gleicht ein Baum dem nächsten. Ist das wirklich so? Keineswegs, wie Veronika Mages betont. Sie leitet für den Forstbetrieb Kelheim der Bayerischen Staatsforsten das Revier Beilngries. Bei einem Rundgang durch einen Teil "ihres" Waldes, das Areal zwischen Hirschberg und Haunstetten, wird schnell deutlich, dass hinter jedem Baum ein ausgeklügelter Plan steckt und dass eben nicht jeder Baum wie der nächste ist.

Buche, Fichte, Tanne; jung, alt, gesund und krank - jeder Baum hat seine eigene Geschichte, seine Besonderheit und auch seinen Sinn im Gesamtgefüge Wald. "Ich möchte den Wald so bewirtschaften, dass es mir auch selber weiterhin Spaß macht, hierher herauszukommen." Mit diesen Worten fasst Veronika Mages ihre Herangehensweise zusammen. Sie macht keinen Dienst nach Vorschrift, vielmehr lebt sie für ihren Beruf. "Und es macht mir sehr viel Spaß", sagt die Försterin.

Über allem steht der Begriff Nachhaltigkeit. Auch die Enkel- und Urenkelgeneration soll noch etwas vom Wald haben. Bäume, die man heute pflanzt, entfalten vielleicht erst in 70 oder 80 Jahren ihre volle Pracht. Da ist Voraussicht gefragt, wie die Försterin erläutert. Und ein klarer Plan.

Ein solcher wird alle zehn Jahre aufs Neue für den Staatsforst aufgestellt. Veronika Mages erläutert anschaulich, was man als Laie unter dieser Herangehensweise zu verstehen hat. Sie zeigt Karten, die das jeweilige Waldstück abbilden. Die Areale sind in kleine Abschnitte untergliedert. Mit verschiedenen Farben zeigt die Karte, wie die Situation auf der jeweiligen Waldfläche gerade ist. Gibt es hier viel Altbestand an Bäumen? Oder ist jüngst eine umfangreichere Nachpflanzung erfolgt? Neben diesen Karten sind alle Informationen auch digital erfasst. So kann Veronika Mages via Computer bis ins kleinste Detail die Situation in ihrem Wald nachvollziehen. Gleichzeitig lässt sich daran ablesen, wo man bei der Umsetzung des Zehn-Jahres-Plans steht. Natürlich begutachten dazu auch Experten den Wald. Es gibt unheimlich viele Aspekte zu beachten. Veronika Mages hält überhaupt nichts davon, mit ein und derselben Handhabung radikal über den ganzen Forst hinwegzuziehen. Was an der einen Stelle richtig ist, kann ein paar Meter weiter schon wieder die falsche Lösung sein, so ihre Überzeugung. Man müsse sich vielmehr jedes Waldstück individuell ansehen und herausfiltern, an welchen Bezugsbäumen sich die Bewirtschaftung orientieren muss. Konkret ausgedrückt kann das Folgendes bedeuten: Um einem besonders schön heranwachsenden Baum genügend Möglichkeiten zur Entfaltung zu geben, soll in den nächsten Jahren ein anderer Baum in direkter Nähe gefällt werden. Genauso gut kann es aber auch sein, dass auf einer Fläche überhaupt nichts gemacht und der Bestand seiner natürlichen Entwicklung überlassen wird.

"Sehr wichtig ist eine gute Mischung", so Veronika Mages. Verschiedene Baumarten unterschiedlichen Alters sollen sich zu einem funktionierenden Ganzen zusammenfügen: jeweils etwa 40 Prozent Buche und Fichte, dazu Tanne, Douglasie, Kiefer und vieles mehr. Die Försterin erläutert zu diesem Themenkomplex ein Beispiel. In den Bayerischen Staatsforsten setzt man unter dem Schlagwort "Tannenoffensive" seit einigen Jahren verstärkt auf die Aussaat von Weißtannen. Unter dem Dach alter Fichten soll eine neue Waldgeneration heranwachsen, die wichtige Aufgaben wie die Wasserspeicherung erfüllen kann. Außerdem soll sie stabile und ertragreiche Waldbestände garantieren. Im Wald zwischen Hirschberg und Haunstetten ist eine solche Aussaat vor ziemlich genau fünf Jahren erfolgt. Mit Hilfe eines Pferdes, das einen Waldpflug zog, wurden Rillen freigelegt. In diese kamen die Samen für die Weißtannen. Inzwischen sind aus den Samen kleine Pflanzen geworden, die aus dem Boden ragen. Bis diese wiederum zu großen Bäumen heranwachsen, wird es noch Jahrzehnte dauern, so die Försterin. Langfristige Planung eben.

Die Pflanzaktion, bei der ein Pferd mit im Einsatz war, steht sinnbildlich für einen weiteren Aspekt, der Veronika Mages am Herzen liegt. In ihrem Wald soll alles natürlich ablaufen. Sie will nicht, dass die Bäume - wie sonst oft zu sehen - angesprüht werden. Der Einsatz chemischer Mittel ist in ihrem Zuständigkeitsbereich tabu. Und auch Verbissschutzzäune sucht man vergebens. Im Staatsforst werde mit ausreichendem Nachdruck gejagt. "Wir haben keine Probleme mit Verbiss", sagt Veronika Mages, die sich auch selbst an der Jagd beteiligt. Dies geschehe nicht zum Selbstzweck, sondern um eine Ausgewogenheit zwischen Wald und Wild zu erhalten, so die Försterin.

Mit einer weitläufigen Vermutung zu ihrem Arbeitsleben muss sie derweil aufräumen. Sie ist viel im Wald unterwegs, aber nicht nur. Etwa zwei Stunden pro Werktag verbringt sie im Büro. Jede kleine Maßnahme, die in ihrem 1700 Hektar und sieben Distrikte umfassenden Revier über die Bühne geht, muss in die digitalen Datensätze eingepflegt werden.

Zudem gehört zur Aufgabe der Försterin auch die Vergabe der Waldflächen an Selbstwerber, wie sie im Gespräch mit unserer Zeitung erläutert. Neben den Projekten, die von den Staatsforsten selbst unter Beauftragung von Firmen umgesetzt werden, tragen auch sie zur Pflege des Waldes bei. Etwa 250 Selbstwerber kommen jährlich zum Zug. Es handelt sich um einen festen Stamm, gelegentlich kommen Neue dazu. Veronika Mages kennt ihre Kunden - kein Wunder, schließlich führt sie diese Aufgabe in der Altmühlstadt bereits seit rund 14 Jahren aus. Sie macht den Selbstwerbern klare Vorgaben. Auch sie müssen sorgsam mit dem Wald umgehen und die jeweiligen Flächen sauber hinterlassen. Wer das nicht tut, erhält eine klare Ansage. Schließlich sollen die Menschen auch in Zukunft Freude und Nutzen aus den Wäldern der Region ziehen - auch dann noch, wenn diejenigen, die ihn heute bewirtschaften, schon längst nicht mehr leben.