Beilngries
Gefräßige Naturschützer

Ziegenherde befreit Hang am Arzberg von wucherndem Gestrüpp und hilft damit bedrohten Tierarten

04.08.2015 | Stand 02.12.2020, 20:57 Uhr

Foto: Fabian Rieger

Beilngries (DK) Ein außergewöhnliches Projekt haben Naturschützer am Arzberg in Beilngries ins Leben gerufen. Dort weiden jetzt wochenlang Ziegen, um zu verhindern, dass eine Naturschutzfläche zuwuchert. Dadurch soll der Lebensraum für bedrohte Tier- und Pflanzenarten erhalten bleiben.

Die Rotflügelige Ödlandschrecke hat es nicht leicht. Sie ist in ganz Deutschland vom Aussterben bedroht. Die kleinen Tierchen haben ihr Zuhause auf sogenannten Schuttfluren – trockene und steinige Flächen. Wenn diese verwuchern, verliert die Ödlandschrecke ihren Lebensraum. Diese dramatische Situation für viele ihrer Artgenossen kann die kleine Ödlandschrecke am Arzberg an diesem Nachmittag allerdings nicht beunruhigen. Sie hüpft quietschfidel von Stein zu Stein. Hier hat sie genau die Bedingungen, die sie zum Überleben braucht.

Damit dies auch so bleibt, hat der Bund Naturschutz mit den amtlichen Stellen ein Projekt am Arzberg ins Leben gerufen. Das entsprechende Areal rund um den Steinbruch ist Naturschutzgebiet. Auf dieser Freifläche sind zahlreiche bedrohte Tier- und Pflanzenarten beheimatet. Sie lieben es trocken, heiß, steinig und unbewachsen. Letzteres ist aber ein echtes Problem. Nach Auskunft von Förster Georg Dütsch würde die Fläche ohne Pflege auf absehbare Zeit zu einem Wald. „Genau das wollen wir aber nicht“, sagt Hubert Stockmeier, Leiter der Beilngrieser Ortsgruppe der Naturschützer. Rundherum gebe es nahezu ausschließlich Waldflächen. Mit Blick auf die Artenvielfalt sei es unerlässlich, für den Erhalt der Offenfläche zu kämpfen.

Vor einiger Zeit wurde das Gelände schon einmal manuell freigeschnitten. Das sei aber auf Dauer nicht machbar, betont René Gomringer, Fachberater für Schafe, Ziegen und Gehegewild beim Amt für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten. Und hier kommen die Ziegen ins Spiel. Im Gegensatz zu Schafen, die vornehmlich Gras fressen, gehen die Ziegen auf Sträucher und Wurzeln. „Wenn man sich diese Fläche in zwei Wochen wieder anschaut, dann sieht es hier ganz anders aus“, sagt Bernhard Kurpiela aus dem Dietfurter Ortsteil Mühlbach. Er und seine Frau Nicole halten auf der rund zwei Hektar großen Fläche insgesamt 29 Ziegen. Die Familie besitzt verschiedene Rassen. Das älteste Tier ist sieben Jahre alt, inmitten der Herde tummelt sich aber auch Nachwuchs.

Zweimal täglich schauen die Besitzer nach dem Rechten, ein Besuch dauert rund eine Stunde. „Die Tiere haben genügend Schattenflächen, auch ausreichend Wasser ist vorhanden“, betont Nicole Kurpiela. Ungefähr einen Monat sollen die Tiere dort bleiben.

„Wir sind froh, dass wir jemanden aus der Region gefunden haben“, sagt Naturschützer Stockmeier. Es stecke schließlich viel Arbeit dahinter. „Und der Besitzer muss auch mal auf Abruf einsatzbereit sein.“ In diesem Jahr wird das Projekt durch das Landratsamt Eichstätt unterstützt. In den kommenden fünf Jahren sollen Mittel vom Freistaat fließen, Familie Kurpiela will sich weiterhin der Beweidung annehmen. Wie es danach weitergeht, ist noch offen. Die Problematik wird sich aber auch nach sechs Jahren intensiver Beweidung nicht in Luft auflösen, so die Einschätzung der Experten. Relativ schnell würden Sträucher und Bäume wieder überhand nehmen. Die Arbeit wird den Ziegen in der Region so schnell also nicht ausgehen.

An die Bürger wenden sich die Verantwortlichen mit einigen Bitten. Die Ziegen dürfen auf keinen Fall gefüttert werden. „Vor allem die Kleinen vertragen viele Sachen nicht. Die bekommen dann Durchfall und sterben letztlich daran“, sagt Nicole Kurpiela. Außerdem warnen sie und ihr Mann die Spaziergänger vor dem Elektrozaun, der zum Schutz der Tiere angebracht ist. Einige Wege sind in den kommenden Wochen gänzlich für Passanten und Besucher gesperrt. Für den Erhalt der einzigartigen Natur am Arzberg sei dies aber nur ein sehr kleines Opfer, betonen die Experten.