Beilngries
"Eigentlich geht so etwas nicht"

Ein vom Plan abweichender Rohbau im Waller: Gremium spricht zähneknirschend die nötigen Befreiungen aus

25.05.2016 | Stand 02.12.2020, 19:46 Uhr

Beilngries (rgf) Reichlich Kopfzerbrechen hat den Mitgliedern des Beilngrieser Bauausschusses am Dienstag ein Rohbau bereitet. Das Gebäude im Baugebiet "Im Waller" ist deutlich zu hoch geraten, Festsetzungen des Bebauungsplans wurden nicht berücksichtigt.

Zähneknirschend erteilte das Gremium letztlich die nötigen Befreiungen.

Dem gingen aber zunächst ein Ortstermin und eine längere Diskussion im Sitzungssaal voraus. Der Bauherr sagte den Stadträten, dass er sich auf die Baufirma verlassen habe. Schließlich habe das Landratsamt bei einer Überprüfung aber dann festgestellt, dass hier planabweichend gebaut wurde. Seitdem ruht der Bau. Das Problem: Im Bebauungsplan ist eine mittlere Wandhöhe von maximal 6,50 Metern festgesetzt. Bei diesem Haus beträgt sie nun aber 7,26 Meter - und somit 76 Zentimeter zu viel. Für den Bauausschuss stellte sich jetzt die Frage: Kann man hier darüber hinweg sehen, dass in erheblichem Maße gegen die Festsetzungen verstoßen wurde? Oder fordert man einen Rückbau, der den Bauherrn wohl in den Ruin treiben würde? Unklar war zudem, ob eine Ablehnung der Stadt vor höheren Instanzen letztlich Bestand hätte.

Rüdiger Stein (SPD) verwies in der Diskussion darauf, dass hier drei Dimensionen zu betrachten seien. In der Vergangenheit habe man sich als Stadt mehrfach klar positioniert und in entsprechenden Fällen einen Rückbau gefordert. Jetzt habe man es in der Gegenwart mit einem jungen Bauherrn zu tun, der seinen Traum vom Eigenheim natürlich nicht begraben möchte. Mit Blick in die Zukunft sei es aber alles andere als gut für die Stadt, falls man hier ein Auge zudrücken würde. In diesem Fall fürchte er einen "Nachahmungseffekt", so der SPD-Politiker. Ähnlich äußerte sich die parteilose Stadträtin Claudia Bach. Sie habe Bedenken, welches Signal eine Erteilung der Befreiungen für die Zukunft hätte.

Vize-Bürgermeister Anton Grad (CSU) vertrat eine andere Meinung. Ein Stückchen weiter gebe es bereits ein Gebäude, das ähnlich wuchtig wirke. "Ich werde mich dagegen wehren, dass man dieses Haus abreißt. Das wäre für den Bauherrn der Ruin", sagte er. Jochen Maurer pflichtete seinem Fraktionskollegen bei. Ein Nachahmungseffekt sei nicht zu befürchten, "kein Bau gleicht dem anderen". Mit Blick auf die existenzgefährdende Dimension reiche hier eine "strenge Ermahnung". Klar sei aber auch: "Gehen tut so etwas eigentlich nicht."

Bürgermeister Alexander Anetsberger gab eine längere Stellungnahme ab. Er sei sich selbst einige Zeit unschlüssig gewesen, wie er hier entscheiden werde. Auch auf die Gefahr hin, nun einen anderen Maßstab anzusetzen als in früheren Fällen, sei er doch zu dem Schluss gekommen, dass man dem Bauherrn hier die Befreiungen erteilen sollte. Zur Gefahr der Nachahmung sagte der Rathauschef: "Ich denke, dass sich jeder gerne die schlaflosen Nächte erspart, die der Bauherr in diesem Fall jetzt mit Sicherheit hatte." Es werde kein Freibrief erteilt, so Anetsberger. Vielmehr werde sich die Stadt weiter mit der Frage beschäftigen, wie man künftig gegen solche Abweichungen vorgehen kann. Einen deutlichen Appell richtete er auch an die Baufirmen. Wenn jemand ein Haus bauen lasse, müsse er sich darauf verlassen können, dass die beauftragte Firma den Plänen entsprechend vorgehe, betonte Anetsberger. Bei zwei Gegenstimmen - Stein und Manfred Gaag (BL/FW) - wurden die Befreiungen letztlich erteilt.