Beilngries
Die Heimat in Bildern

Der leidenschaftliche Hobby-Fotograf Karl Westermeier hat 25 000 Aufnahmen in seinem Archiv

29.05.2015 | Stand 02.12.2020, 21:14 Uhr

Wozu in die Ferne schweifen, wenn die schönsten Motive doch direkt vor der Haustüre liegen, sagt der Beilngrieser Fotograf Karl Westermeier. Deshalb kann man in seinem riesigen Archiv mit rund 25 000 Aufnahmen »alles mögliche« aus Beilngries und dem Altmühltal finden, nach Urlaubs- und Reisebildern aber sucht man vergebens - Foto: Westermeier

Beilngries (DK) Es ist ein Sommertag, heiß und schwül. Gewitter sind vorhergesagt, noch brennt die Sonne vom dunkelblauen Himmel, in der Ferne donnert es schon leise.

Während andere Beilngrieser die Fenster schließen, den Garten unwettersicher machen, ist Karl Westermeier dabei, seine Kameras aufzubauen. Am Badfenster – in Richtung Arzberg – stellt er ein Stativ bereit, genauso auf dem Westbalkon – mit Blick auf Schloss Hirschberg. Dann wartet er entspannt ab. „An solchen Tagen gibt es oft fantastische Regenbogen. Und auch für Aufnahmen von Gewitterblitzen muss man vorbereitet sein. Gute Zufallsbilder gibt es kaum. Was wie ein Schnappschuss aussieht, ist meist wohlüberlegt und lange ausgetüftelt.“ Karl Westermeier ist Fotograf aus Leidenschaft – schon sein Leben lang. „Als ich 1957 mit 14 Jahren eine Bürolehre begann, habe ich jede Mark gespart, für ein Fahrrad und für einen Fotoapparat“, erinnert er sich. Auch wenn seitdem viele Kameras, Objektive, Belichtungsmesser, Stative, Blitzlichter, Laboreinrichtungen und Fachbücher dazugekommen sind oder gewechselt haben, einer Sache ist Karl Westermeier treu geblieben: Fotografiert wird „nur“ in der Heimat, in Beilngries, im Altmühltal, in der nächsten Umgebung. „Zu meiner Heimat und den Menschen hier habe ich eine Beziehung, die für mich und für meine Bilder sehr wichtig ist. Diese innere Nähe fehlt mir in fremder Umgebung. Und die kann ich auch nicht in der Kürze eines Urlaubs aufbauen“, sagt er. Seine „Heimatbilder“ seien ihm – und auch anderen, die ihn nach alten Aufnahmen fragten – „wie ein Tagebuch“.

Warum in die Ferne reisen, sagt der gebürtige Beilngrieser, wenn es doch hier alles gebe: Hügel und Wiesen, Gewässer und Wälder, alte Gemäuer, Menschen. Und für alles die passenden Stimmungen. „Wichtig ist für ein gutes Bild, zur rechten Zeit am rechten Ort zu sein.“

Dann holt Westermeier die Aufnahme eines mächtigen Birnbaums bei Kevenhüll aus seinem Archiv, fotografiert im November 1989. Ein dramatischer Wolkenhimmel umrahmt die Szene, exakt hinter dem Baum geht die Sonne unter, die Silhouette des Baumes ist in diesem Licht farbenprächtig, wie gemalt, in Szene gesetzt. „Ich bin viele Jahre immer wieder zu diesem Baum gefahren im Spätherbst, bis endlich alles so gepasst hat. Im Kopf hatte ich diese Aufnahme schon lange vorher fertig“, erklärt Westermeier. Genau darin liegt für ihn der Unterschied zwischen „Knipser“ und Fotograf: „Die Idee zu einem Bild entsteht erst einmal im Kopf, dann geht es an die Umsetzung. Dafür muss man über Blende, Zeit und Belichtung Bescheid wissen. Nur oft genug den Auslöser drücken bringt nichts. Auch die heutige Kameratechnik garantiert keineswegs automatisch gute Bilder, denn kein Programm kann wissen, wie ich mir das Bild vorstelle, mit welcher Tiefenschärfe und Lichtszenerie ich es haben möchte.“

Rund 25 000 Dias umfasst das Archiv von Karl Westermeier. Neben seinen geliebten Landschaftsaufnahmen besitzt er unzählige Fotos von Beilngrieser Personen und auch von Prominenz: Horst Seehofer, Roman Herzog, Willy Brandt, Fürstin Gloria, Sepp Meier oder Walter Röhrl, Barbara Stamm, Michael Gorbatschow und viele, viele mehr: Sie alle hat er fotografiert bei ihren Besuchen in der Altmühlstadt. „Im Laufe der Zeit sind diese Fotos zu Dokumentationen der Beilngrieser Geschichte geworden“, sagt Westermeier. Erinnerungen aus Jahrzehnten, die beschriftet und katalogisiert in Wohnzimmerschränken ruhen.

Mit der Kamera unterwegs ist der 72-Jährige jetzt nicht mehr. „Meine Wohnung ist perfekt, um in alle Himmelsrichtungen die tollsten Stimmungen zu fotografieren“, sagt er. Am Wohnzimmertisch baut er sich ab und zu ein kleines Studio auf, außerdem arbeitet er daran, seine Dias zu digitalisieren. Einzelne Aufnahmen bearbeitet er am Computer und hat Spaß daran, Fotomontagen zu gestalten. Mal wird aus dem Beilngrieser Urgestein Hermann Brand der „Arme Poet“ von Carl Spitzweg, mal kreiert Westermeier aus einer Buchaufnahme und Fotos vom Dietfurter Alcmona-Langhaus eine keltische Szene. Dann wieder bastelt er mit liebevoller Genauigkeit bunte Stillleben oder montiert schmunzelnd die Gesichter von Bekannten in Nobelkarossen, die er wiederum vor Beilngrieser Landschaften platziert. Eine kurzweilige Beschäftigung.

„Wenn ich nicht ab und zu einkaufen müsste, würde ich gar nicht mehr aus dem Haus gehen. In meiner Wohnung, mit ab und zu Besuch, und mit meinen Fotos bin ich glücklich“, sagt Westermeier. Gern denkt er an einen Satz seines Vaters zurück. „Bub“, hatte dieser kurz vor seinem Tod gesagt, „um dein Hobby, deine Fotografiererei, und diese tiefe Freude, die du dabei hast, da habe ich dich manches Mal beneidet.“