Beilngries
"Der Gallus ist sauer"

Kreisvorsitzender des Hotel- und Gaststättenverbandes schimpft über Mindestlohn-Aufzeichnungspflicht

21.01.2015 | Stand 02.12.2020, 21:44 Uhr

Beilngries (DK) Große Sorgen treiben die Hoteliers und Gastronomen aus der Region um. Bei der Jahresversammlung der Kreisstelle Eichstätt-Beilngries im Haus des Gastes gab es harsche Kritik an der Aufzeichnungspflicht der Arbeitszeiten, die mit der Einführung des Mindestlohnes einhergegangen ist.

Siegfried Gallus (Foto) wählte seine kritischen Worte ganz bewusst. Der Kreisvorsitzende des Hotel- und Gaststättenverbandes auf eine „unerträgliche Situation“ für ihn und seine Kollegen aufmerksam machen. Das zum 1. Januar in Kraft getretene Gesetz zum Mindestlohn sei gut gemeint, aber schlecht umgesetzt worden. Nicht die 8,50 Euro in der Stunde seien das Problem – da würden die Betriebe in der Region sowieso mehr zahlen, zudem müsse Arbeit gut entlohnt werden. Den Hoteliers und Wirten schlägt die wöchentliche Aufzeichnungspflicht, verbunden mit strengen Kontrollen, auf den Magen. Es sei dadurch unmöglich, dass die Betriebe die Arbeitszeiten ihrer Mitarbeiter flexibel regeln. Bei einem Catering oder einer Hochzeit länger zu arbeiten, an ruhigen Tagen dafür früher heimzugehen, sei jetzt ausgeschlossen. „Wir brauchen flexible Arbeitszeiten“, forderte der Kreisvorsitzende. Seit 1. Januar müssen er und seine Kollegen jedoch mit massiven Strafen rechnen, wenn sie gegen die Regelung verstoßen. Die Gastronomen sind sich einig: Das Gesetz geht an der Realität vorbei.

Die Bezirksgeschäftsführerin Susanne Gruber riet den Verbandsmitgliedern, für ihre Mitarbeiter ein Arbeitszeitkonto einzurichten. Dadurch könne die Einsatzzeit wenigstens etwas flexibler gestaltet werden. Gallus zeigte sich zudem vorsichtig optimistisch, dass die Klagen der Branche in der Politik gehört werden. Diesen Auftrag gab er auch Landrat Anton Knapp (CSU) mit auf den Weg, versehen mit der Bitte, ihn an die entsprechenden Stellen in der Landes- und Bundespolitik weiterzutragen.

Genau so groß ist der Ärger der Hotel- und Gaststättenbetreiber über die angewachsene Bürokratie bei der Allergene-Kennzeichnung. Wie Gallus und Gruber berichteten, müssen die Gasthäuser inzwischen eine schriftliche Auflistung führen, in der für jede Speise, die angeboten wird, alle enthaltenen Allergene dargestellt sind. Ein Beispiel: Bietet der Wirt Schweinebraten mit Knödel und Blaukraut an, muss er auch für das Blaukraut ein eigenes Papier verfassen, welche Allergene enthalten sind. Entscheidet der Koch aber jetzt an einem Tag, dieses Blaukraut etwas anders zu würzen, muss er ein neues schriftliches Dokument anfertigen.

Dass ein Gasthaus auf die Belange eines Allergikers eingehen muss und auch möchte, steht für Gallus außer Frage. Ihm seien aber noch nie Klagen von Allergikern zu Ohren gekommen. Bislang habe es auch mit mündlichen Absprachen zwischen Gast, Servicekraft und Koch problemlos funktioniert. Der Zwang zur bürokratischen Dokumentation wirke jetzt abschreckend auf die Köche und deren Kreativität. Zu verdanken sei diese neue Regelung der Europäischen Union. Einige Monate gilt noch eine Schonfrist, dann führt aber kein Weg mehr vorbei an der strikten Dokumentation.

Insgesamt sieht der Kreisvorsitzende Gallus seine Branche in einer schweren Zeit. „Aus Gastgebern macht der Staat Kriminelle“, sagte er. Und fügte mit Nachdruck hinzu: „Der Gallus ist sauer.“ Niemand müsse sich darüber wundern, dass gerade auf dem Land immer mehr Gasthäuser schließen.

Deutlich positiver äußerten sich Landrat Knapp und Bürgermeister Alexander Anetsberger. Beide betonten den hohen Stellenwert der Hotel- und Gaststättenbetriebe und des Tourismus für die Region. Damit Letzterer funktionieren könne, sei eine lückenlose Versorgungskette für den Gast notwendig, betonte Anetsberger. Er verwies auf die neue Mehrzweckhalle und das Haus des Gastes als wichtige Faktoren für eine positive Zukunft der Stadt. Um dies zu unterstreichen, führte Touristikchef Michael Dyckerhoff die Anwesenden durch das generalsanierte Haus des Gastes.