Beilngries
Landwirte wünschen sich mündige Verbraucher

18.08.2016 | Stand 02.12.2020, 19:24 Uhr

Familienbetrieb: Jakob (links) und Matthias Meier aus Wiesenhofen sind beide im Vollerwerb in der heimischen Landwirtschaft tätig. Heuer haben sie erstmals Chia gepflanzt. Bei einem gemeinsamen Rundgang überzeugen sie sich vom Wachstum der Pflanzen, die bereits bei den Azteken angebaut wurden. - Foto: Fabian Rieger

Beilngries (DK) Entwicklung des ländlichen Raums Die Landwirtschaft hat die Region in den vergangenen Jahrhunderten geprägt. Ob das auch weiterhin so sein wird, ist unklar. Vor allem kleinere Höfe müssen um ihre Existenz kämpfen. Jakob und Matthias Meier aus Wiesenhofen wollen dem entgegenwirken.

Im Vollerwerb haben sich Vater und Sohn der Landwirtschaft verschrieben. 1900 Schweinemastplätze gibt es auf ihrem Hof, das Fleisch wird an regionale Metzgerbetriebe verkauft. Die Familie bewirtschaftet 250 Hektar Ackerfläche, um genügend Futter für die Tiere zu haben. Der Großteil der Flächen ist gepachtet. Einzig Soja wird derzeit zugekauft, alle weiteren Futtermittel stammen aus eigener Erzeugung.

Ein weiteres Standbein ist der Verkauf von Erdbeeren und Himbeeren - auf Wochenmärkten und auf Feldern, bei denen die Kunden ihre Früchte selbst pflücken können. Die Meiers haben Spaß an der Arbeit, wie sie im Brustton der Überzeugung berichten. Und doch gibt es einige Themen, die ihnen Sorgen bereiten.

Jakob Meier ärgert vor allem, dass in seinen Augen die Wertschätzung den Landwirten gegenüber immer weiter sinkt. Er kennt die Leserbriefe in Zeitungen, in denen Vertretern seiner Zunft harsche Vorwürfe gemacht werden. Nachvollziehen kann er sie nicht, ganz im Gegenteil: Er empfindet sie als hochgradig unfair. Da werde teilweise mit Zahlen und angeblichen Fakten hantiert, die weit entfernt seien von der Realität. "Unser Hof steht jedem offen", sagt Jakob Meier. Er sei stets bereit, mit Kritikern zu diskutieren und Einblicke in den Hof zu gewähren. Er bezeichnet es sogar als großen Wunsch, dass die Verbraucher sich mehr Gedanken um ihre Lebensmittel machen und sich auch einmal dort umsehen, wo die Tiere aufwachsen, die später als Braten auf dem Teller landen. Denn für Jakob Meier steht fest: Den heimischen Landwirten würden zwar immer wieder Vorwürfe gemacht, bei der Fleischwahl an der Theke werde aber dann allzu oft doch auf das billigste Produkt zurückgegriffen. Und das sei auf Dauer existenzgefährdend für kleinere und mittelgroße landwirtschaftliche Betriebe. Mit den Niedrigpreisen der großen Anbieter auf dem Weltmarkt könne man schlicht und ergreifend nicht mithalten, wenn man überleben möchte.

Eine Veränderung dieser Situation kann in Jakob Meiers Augen nur von unten nach oben gelingen. "Mit Vorgaben der Politik funktioniert das nicht", sagt er. "Ich würde mir stattdessen einen mündigen Verbraucher wünschen." Dieser solle beim Einkauf darauf bestehen, im Detail zu erfahren, woher das Produkt stammt. Auf diese Weise könne ein flächendeckendes Umdenken in der Gesellschaft und somit auch bei den Verkäufern erzielt werden. "Ich würde mir im übertragenen Sinne wünschen, dass wir uns alle an einen Tisch setzen", so der Wiesenhofener Landwirt. Er meint damit die Bauern, die Verarbeiter und Verkäufer sowie die Verbraucher.

Dass die gesellschaftliche Meinung aber nur schwer zu verändern ist, ist auch den Meiers bewusst. Daher müsse man zumindest vor Ort versuchen, mit den Menschen ins Gespräch zu kommen und die eigenen Sichtweisen zu vermitteln. Nicht zuletzt deshalb erklärten sich die Meiers gemeinsam mit der Wiesenhofener Landwirtsfamilie Krieglmeier im Mai dieses Jahres bereit, bei einem Tag des offenen Hofes Scharen an Besuchern zu empfangen. Das große Interesse an dieser Veranstaltung brachte durchaus zum Ausdruck, dass die Landwirtschaft auch heute noch viele Menschen in der Region interessiert.

Seine Zukunft sieht Matthias Meier daher auch ganz klar in diesem Beruf. Der 22-Jährige hat sein Landwirtschaftsstudium in Triesdorf abgeschlossen und ist jetzt voll in den heimischen Betrieb eingebunden. Vater und Sohn am gleichen Arbeitsplatz, kann das gutgehen? Jakob und Matthias Meier bejahen das mit einem Schmunzeln. "Da wird man sich schon einig", sagt Matthias. Und sein Vater fügt hinzu: "Wir versuchen, uns gegenseitig zu befruchten." Jeder habe natürlich immer wieder andere Ideen, die es dann zu diskutieren gelte. "Wir haben hier auch so etwas wie eine Denkwerkstatt", sagt der Vater. Er nennt ein Beispiel: Matthias habe heuer erstmals Chia angepflanzt. Bereits bei den Azteken sei dies ein bedeutendes Nahrungsmittel gewesen, später geriet Chia beinahe in Vergessenheit. Man wolle das jetzt einmal ausprobieren, so die Meiers. Experimente seien wichtig, um den Spaß an der Arbeit und das kreative Denken zu erhalten.

Wie lauten aber nun die Prognosen der beiden Männer? Können kleine und mittelgroße landwirtschaftliche Betriebe in unserer Region auch in einigen Jahrzehnten noch so betrieben werden, dass eine Familie davon leben kann? "Dazu bräuchte man jetzt eine Glaskugel", sagt Jakob Meier. Viel hänge davon ab, wie sich die gesellschaftlichen Anforderungen und die politischen Vorgaben entwickeln. Außer Frage stehe, dass die Landwirtschaft auch in den kommenden Jahrzehnten eine wichtige Rolle spielen werde - nicht zuletzt bei der Bereitstellung der Rohstoffe für die Energieerzeugung. "Die Frage ist nur: Wer macht das dann" Jakob Meier hat zumindest die Befürchtung, dass auch weiterhin kleinere Betriebe irgendwann das Handtuch werfen müssen.