Beilngries
Lehrreiche Stunden am Wasser

Bei den Beilngrieser Wandertagen im Frühsommer steht das Kanaljubiläum im Mittelpunkt

28.05.2017 | Stand 02.12.2020, 18:03 Uhr

"Englischer Garten im Kleinformat": Die Wanderung am Vatertag führte die Teilnehmer unter anderem durch den Beilngrieser Sulzpark. - Fotos: Patzelt

Beilngries (DK) Der 25. Geburtstag des Main-Donau-Kanals ist heuer im Mittelpunkt der Frühjahrs-Wandertouren des Beilngrieser Touristikbüros gestanden. An den vergangenen vier Tagen ging es für zahlreiche Interessierte bei traumhaftem Wetter hinaus in die Natur - und natürlich ans Wasser.

Unter dem Motto "Beilngries wandert rund um das Wasser" wurden an verschiedenen Tagen die Alcmona-Tour (Maria Kaufmann), die Wünschelruten-Tour (Reinhold Pelzel), die Kanal-Tour (Anton Rabl) und die zwölf Kilometer lange Sulztal-Tour (Nikolaus Rieger) angeboten. Die Teilnehmer durften dabei die herrlich erblühte Natur genießen und erfuhren so manches Wissenswertes über Beilngries, die Umgebung und natürlich über den Main-Donau-Kanal.

Die Alcmona-Tour startete am Vatertag am Kirchplatz. Die Beilngrieser Gästeführerin Maria Kaufmann freute sich, dazu 26 Teilnehmer begrüßen zu dürfen. Ihre Wanderschuhe hatten Wanderfreunde aus verschiedenen Ortschaften wie Manching, Greding, Kipfenberg, Eichstätt oder Irlahüll geschnürt. Bereits die zweite Urlaubswoche verbrachten Joachim und Marlene Bernhardt aus Köln in Beilngries. "Wir haben inzwischen das Städtchen kennen und lieben gelernt. Die Wanderung soll nun ein krönender Abschluss unseres Aufenthalts im wunderschönen Altmühltal werden", äußerte sich das Paar, bevor es losging.

Als Erstes führte die Wanderroute durch den Sulzpark. "Das ist unser Englischer Garten in Kleinformat", verkündete Kaufmann mit sichtlichem Heimatstolz. Die Renaturierung der Sulz habe man größtenteils dem früheren Bürgermeister Franz Xaver Uhl zu verdanken, der sich damals einigen Widerständen ausgesetzt gesehen habe. "Heute ist die kleine Parkanlage eine Erholungsoase für Jung und Alt", freute sich die Gästeführerin. Allerdings laufe durch die Anlage kein Sulzwasser, sondern sie werde vom Kanal gespeist, erklärte sie den Zuhörern. Zur Utzmühlsiedlung wusste Kaufmann zu berichten, dass das Gebiet vor dem Kanalbau regelmäßig überschwemmt worden sei.

Halt machten die Wanderer natürlich auch am Denkmal des Kanaldurchstichs. Hier erzählte die Gästeführerin, dass bei der Segnung des Denkmals der damalige evangelische Pfarrer nicht dabei sein wollte, so dass diese lediglich vom katholischen Geistlichen gespendet worden sei. "Man sieht daran, dass der neue Kanal nicht nur viele Befürworter, sondern auch einige Gegner hatte", stellte Kaufmann fest.

Anhand von Schautafeln, die im Zuge der Sulzrenaturierung 2005/2006 aufgestellt wurden, erfuhren die Wanderer so einiges über den Fischreichtum des Gewässers. "18 verschiedene Fischarten haben sich relativ schnell angesiedelt - bis auf die Forelle, der das Wasser zu warm ist", erläuterte Kaufmann. An einem Angler vorbei, der sich für sein Hobby ein schattiges Plätzchen am Ufer ausgesucht hatte, führte die Tour weiter zu einer Brücke des alten Ludwigskanals. Die Gästeführerin stellte an dieser Stelle sowohl den alten als auch den neuen Kanal näher vor und ging auf die Veränderung der Landschaft durch die "Jahrhundertbauwerke" näher ein. Bevor der alte Ludwigskanal von Kelheim aus Bamberg erreichte, musste er 177 Kilometer zurücklegen und 187 Höhenmeter überwinden. Er wurde von 70 Dämmen gesäumt und schlängelte sich durch 60 Einschnitte. 100 Schleusen waren notwendig und 117 Brücken sowie Stege überquerten den Wasserweg. "Leider hatte die Eisenbahn sehr schnell dem Kanal den Rang abgelaufen", stellte Kaufmann fest.

Laut der Gästeführerin sollte der vor 25 Jahren neu eröffnete Kanal ursprünglich anders verlaufen. Ein Dammbruch bei Katzwang am 26. März 1979 habe jedoch die Pläne geändert. Auf eine Länge von 15 Metern war der Deich des Main-Donau-Kanals eingebrochen. In einer ein bis zwei Meter hohen Flutwelle ergossen sich insgesamt 800 000 Kubikmeter Wasser in Richtung Rednitz. Der Verlauf des Kanals sei daraufhin verlegt worden. Kaufmann berichtete, dass es sich beim Bau des neuen Main-Donau-Kanals um die "größte Erdbaustelle Europas" gehandelt habe. "Ursprünglich wollte man rund fünf Millionen Kubikmeter des Aushubs mittels Förderband auf den Arzberg bringen und dort auf der Höhenfläche deponieren. Allerdings wurde man sich über den Preis nicht einig", so Kaufmann weiter. So sei das Tal gegenüber Ottmaring mit dem Überschussmaterial aufgefüllt worden. Als einen Nutzen des Kanals nannte die Gästeführerin auch die Versorgung des Nürnberger Raumes mit Wasser. "Denn dort hat man zwar Weinberge, aber relativ wenig Wasser, während die Südbayern die große Donau und genügend Niederschläge verzeichnen können." So werden aus der Donau bei Kelheim jährlich im Schnitt 125 Millionen Kubikmeter Wasser abgezweigt und über den Main-Donau-Kanal 76 Kilometer weiter in den südlich von Nürnberg angelegten Rothsee gepumpt. Von dort kann das Wasser in die Rednitz fließen.

Nach einer kurzen Verschnaufpause in der kleinen Gaststätte des Golfplatzes ging es weiter Richtung Ottmaring und Töging. Hier machte Kaufmann auf eine Baumanpflanzung aufmerksam. König Ludwig I. hatte nämlich entlang seines Kanals zur Versorgung der Bevölkerung rund 40 000 Obstbäume pflanzen lassen. Die Wärter waren nicht nur für die Instandhaltung der Schleusen, sondern auch für Beaufsichtigung und Pflege des Kanals und seiner Anlagen zuständig. Dazu gehörte auch die Einnahme der Pachtgelder für die riesige Obstbaumanlage.

Nur erahnen konnten die Wanderer die gewaltige, unterirdisch verlaufende Dichtungswand bei Ottmaring. "Sie kostete damals rund zwölf Millionen Mark", wusste Kaufmann zu berichten.

Nach einer mehrstündigen Wanderung erreichten die Teilnehmer schließlich ihren Endpunkt, das vorgeschichtliche Erlebnisdorf Alcmona bei Dietfurt. "Aufgrund von archäologischen Ausgrabungen ist nachweisbar, dass in dieser Gegend im Naturpark Altmühltal vorgeschichtliche Siedlungen der Steinzeit, Bronzezeit und Eisenzeit existierten", erläuterte Kaufmann. Alcmona sei der keltische Name von Altmühl, der als "stilles oder langsam fließendes Wasser" gedeutet werde. Bei der Errichtung des historischen Gebäudes seien rund 9000 Holzschindeln auf dem Dach verlegt sowie etwa 1800 Holznägel hergestellt und eingeschlagen worden. Nach der wohlverdienten Kaffeepause brachte ein Bus die Teilnehmer wieder zurück nach Beilngries.