Dietfurt
Aktionstag gegen Rassismus

Mittelschüler und Auszubildende der Kaminkehrerschule befassen sich mit Ausländerfeindlichkeit

25.04.2018 | Stand 02.12.2020, 16:30 Uhr
In der anschließenden Diskussionsrunde fand mit geschulten Theaterpädagogen die Aufarbeitung der Szenen aus dem radikalen Milieu statt. −Foto: Foto: Götz

Dietfurt (gtz) Die Kaminkehrerschule Mühlbach ist im Schulterschluss mit der Dietfurter Mittelschule ihrer Ankündigung nachgekommen, verstärkt vor Extremismus zu warnen. Auslöser für die jüngste Aktion waren die Vorkommnisse im Winter ander Kaminkehrerschule.

Unter die Haut ging die Produktion "Krass, Hauptsache radikal", mit der Das Junge Theater Augsburg in Dietfurt in der Sieben-Täler-Halle gastierte. Zuschauer waren die Schüler der Jahrgangsstufen 8 und 9 der Mittelschule Dietfurt und drei Klassen der Kaminkehrerschule Mühlbach.

Die drei Darsteller im Alter von 26 bis 30 Jahren traten in diesem Projekt mit spärlichen Requisiten als Jugendliche auf, die sich auf verschiedene Weise radikalisierten. Auf der Grundlage wahrer Begebenheiten waren die Szenen entwickelt. Sarah, als Fremdling in einer neuen Stadt mit Jugendlichen unterwegs, gerät nach einem Alkoholexzess ins Koma.

Die Rettung daraus glaubt sie Allah zu verdanken. Nach eigenen Recherchen im Internet ist ihr der Islam wegen des Alkoholverbots sympathisch und sie sucht ihr Heil im Dschihad. Ahmed wird nach geplatzter Heirat zum "heiligen Krieg" verlockt, der Syrer Selim flüchtet vor dem Krieg nach Deutschland und beide treffen an der türkisch-syrischen Grenze aufeinander, wo sie sich übel beschimpfen. Erst in der Fremde erkennt jeder seinen Irrweg. Ahmed kehrt nach Deutschland zurück, wo er im Gefängnis landet, Selim wird nach der Ankunft in Deutschland von radikalen Ausländerhassern zu Tode geprügelt. Klaudias Eltern aus dem Akademikermilieu sind so sehr mit sich selbst beschäftigt, dass sie das dringende Gesprächsbedürfnis ihrer Tochter nicht registrieren. Erst in rechtsradikaler Kameradschaft erhält sie die begehrte Aufmerksamkeit. Mit dabei sind auch Marco und Kaya, der türkische Deutsche, der in keinem der beiden Länder akzeptiert ist. Der Überfall auf ein Asylanten-Wohnheim bringt sie wegen ihrer Gewalttätigkeit ins Gefängnis. Betroffen machten die Zuschauer die vorgestellten Beispiele, die die Entstehung von Gewalt und Radikalismus zeigten.

Nach der Darbietung arbeiteten Theaterpädagogen mit den jugendlichen Zuschauern in Gruppen die Inhalte der Szenen auf. Die Schüler sollten mögliche Reaktionen nennen, wenn bei Freunden ein Hang zur Gewalttätigkeit bemerkt werde. Es ging auch um Zivilcourage, die beim Eingreifen bei Begegnungen mit Rechtsradikalen gefordert sein könnte.

Dabei wurde erkannt, dass oft die Geschichte und das Umfeld eines Menschen viel zu wenig bekannt sind, vorschnell geurteilt wird und dadurch Kontaktaufnahme unterbleibt. Meinungen und Neigungen, die die Schauspieler in ihren Dialogen offen ausgesprochen hatten, waren auch den Zuschauern nicht fremd, stellten sie bei der Nachbereitung fest. Auf die Frage des Sozialpädagogen, was dagegen zu tun sei, wurde gemeinsam intensiv Ursachenforschung betrieben, die Wege der Aufarbeitung eröffnete. Verständnis und Einfühlungsvermögen in die dargestellten Charaktere zeigten die Feststellungen des jungen Publikums, als es sich zum Schluss mit einigen der Figuren intensiv beschäftigte.