Münchsmünster
Ein Haus mit Charakter

Wie alt das frühere Forstamt in Münchsmünster ist, weiß niemand genau – Es wurde aufwendig saniert

19.05.2014 | Stand 02.12.2020, 22:40 Uhr

Was beim Kauf des Gebäudes noch eine verwahrloste Anlage war, ist heute ein liebevoll gepflegter Garten. Neu gepflanzte Rosensträucher und uralte Obstbäume bilden eine unzertrennliche Einheit - Fotos: Lamprecht

Münchsmünster (DK) Mit einem leisen Quietschen öffnet sich das hölzerne Gartentor. Dahinter erstreckt sich ein verwunschener Garten. Teppiche von Vergissmeinnicht, Rosensträucher in voller Blüte. Kleine Pavillons. Uralte Obstbäume und eine Scheune, von der unter Blauregen und anderen Kletterpflanzen nur noch das Dach zu sehen ist. Inmitten des Gartens ein Haus, das schon viele hundert vielleicht sogar 1000 Jahre alt ist, und dem von drei mutigen Neubürgern in den vergangenen zehn Jahren ein neues Leben geschenkt wurde.

„Wie alt genau das Haus ist, das weiß niemand“, sagt Klaus Seidl. „Sicher ist, dass es das älteste Profangebäude in Münchsmünster ist und wir darin unser Traumhaus gefunden haben.“ Klaus Seidl, seine Frau Renate und der befreundete Harald Menhorn, zu dritt haben sie das Gebäude, das früher wohl einmal der Kornspeicher des Klosters war und später als Forstamt diente, 2005 gekauft. „Wir wollten ein altes Haus“, sagt Renate Seidl, „eins mit Charakter und eines, das groß genug für uns ist.“

Vier Jahre lang hatte sie vergeblich nach dem passenden Objekt gesucht. In Bayern, aber auch in Italien und Vorarlberg. Auf das Haus in Münchsmünster stießen sie durch Zufall. Als sie es aber sahen, war es Liebe auf den ersten Blick: „Ich bin damals aus dem Auto gestiegen und habe gesagt: ,Das ist es’“, erzählt Renate Seidl und ihre Augen leuchten.

Damals wirkte das Haus sanierungsbedürftig, aber bewohnbar. Heizung, Wasser und Strom waren vorhanden und funktionierten, und auch sonst war der Eindruck kein schlechter. Was im Laufe der folgenden Jahre noch auf sie zu kam, damit hätten sie damals nicht gerechnet: Zunächst einmal entrümpelten sie und erledigten, was ihnen am wichtigsten schien. „Und dann haben wir irgendwann gesagt, die Fenster gehören auch mal gestrichen“, erzählt Klaus Seidl. „Blauäugig, wie wir waren, dachten wir, das machen wir selbst.“

Schnell wurde klar, dass die Fenster nicht zu retten waren. „Wir haben dann beim Denkmalamt gefragt, wie es ausschaut, und man hat uns sehr geholfen“, erinnert sich das Ehepaar. Überhaupt habe die Zusammenarbeit, auch in der folgenden, aufwendigen Sanierung hervorragend geklappt. Denn nach einer Besichtigung empfahlen die Experten, ein Bodengutachten und ein Tragwerksgutachten des Dachstuhls machen zu lassen. „Sie haben gesagt, das Haus hat Angstpfeiler. Das muss einen Grund haben und den hatte es auch.“ Die sogenannten Angstpfeiler, schräge Säulen, die man des Öfteren an alten Häusern sieht, wurden angebracht, wenn sich eine Fassade wölbte oder man Angst hatte, das Gebäude könnte instabil werden. „Statisch bringt das nichts“, sagt Seidl schmunzelnd, „aber es war halt beruhigend.“

Die Gutachten brachten Gewissheit und damit auch die Sanierung des Dachstuhls und der Geschossböden in Gang: Zunächst einmal wurde das dritte Obergeschoss komplett entkernt. Viele Tonnen Material verließen das Gebäude. Zutage kam ein Dachstuhl, der in seiner heutigen Form auf das Jahr 1687 datiert wurde und seinesgleichen sucht. In enger Zusammenarbeit mit Denkmalschutz und Fachfirmen wurde das Meisterwerk, das völlig ohne Nägel und Schrauben auskommt und über drei Geschosse reicht, restauriert. Soviel wie irgend möglich blieb erhalten, der Rest wurde erneuert. „Wir haben jeden einzelnen Balken mit einer kleinen Nylonbürste abgebürstet. Insgesamt ungefähr 1000 Meter Balken und 850 Stunden“, erinnert sich Seidl.

Heute ist das alte Haus kaum mehr wiederzuerkennen. Mit viel Liebe hat Renate Seidl es eingerichtet. Selbst alte Möbel restauriert, Dekoration ausgewählt oder gebastelt. Und vor allem den Dachgeschossen neuen Glanz eingehaucht. Wo früher einmal viele kleine Räume waren, befindet sich heute nur noch ein einziger, der den Blick auf den gesamten Dachstuhl über drei Geschosse frei gibt.

Einmal im Jahr findet hier ein klassisches Konzert statt und auch den Rest des Jahres ist das Dach des alten Gebäudes mit Musik erfüllt. „Wir kommen hier sehr oft zum Musik hören herauf, die Akustik und vor allem die Atmosphäre sind absolut unschlagbar.“