Ingolstadt
Vom Konsumenten zum Hersteller

Doch noch Geständnisse im Dopingprozess: Zweimal Haft, einmal sogar ohne Bewährung

29.06.2015 | Stand 02.12.2020, 21:08 Uhr

Ingolstadt (DK) Die Beweislast war zu groß: Unter dem Druck von Aussagen und belastenden Schriftwechseln mit dem Betreiber eines Untergrundlabors haben die beiden Angeklagten im Dopingprozess vor dem Landgericht (DK berichtete) doch noch Geständnisse abgelegt. Deshalb wurde auch eine Verständigung über das Strafmaß nach der Strafprozessordnung möglich.

Im Rahmen dieser Absprache zwischen Gericht, Ankläger und Verteidigung ist der 26-jährige Haupttäter gestern von der 1. Strafkammer zu einer Bewährungsstrafe von zwei Jahren verurteilt worden. Sein 27-jähriger Kumpel bekam zehn Monate ohne Bewährung, weil er bereits ein langes Vorstrafenregister hat. Beide Urteile sind allerdings noch nicht rechtskräftig.

Das Gericht hat den jüngeren Angeklagten des Besitzes und teilweise auch des gewerbsmäßigen Handels mit bedenklichen Medikamenten zum Doping im Sport sowie des Handels mit verschreibungspflichtigen Medikamenten (insgesamt neun Fälle) für schuldig befunden. Bei dem anderen jungen Mann schlugen vier Fälle von Beihilfe zu diesen Delikten zu Buche.

Beide Angeklagten bekommen wegen der überdurchschnittlich langen Verfahrensdauer einige Monate Haft (einmal vier, einmal zwei Monate) als verbüßt angerechnet, obwohl sie nicht in Untersuchungshaft gesessen haben. Das Gericht würdigt damit die Umstände, dass sich die auslösenden Ermittlungen durch den Zoll lange hinzogen und dass wegen der Auslastung der Ingolstädter Strafjustiz durch andere große Prozesse hier auch eine Verzögerung bei der Verhandlung des Falles eingetreten ist.

Wie berichtet, hatte die Kammer sehr ausführlich den E-Mail-Verkehr des Offenbacher Untergrundlabors ausgewertet. Dabei waren so viele Details zu den Befindlichkeiten des zuvor nur in Ingolstadt vermuteten Handelspartners offenbar geworden, dass der 26-Jährige schließlich nicht mehr abstreiten konnte, der bewusste Zwischenhändler gewesen zu sein.

Allerdings ergaben sich aus dem Schriftwechsel nur spärliche Anhaltspunkte dafür, wie viele Dopingmittel tatsächlich über den Ingolstädter an andere Abnehmer weiterverkauft worden sind. Staatsanwalt Stefan Mayriedl von der zuständigen Ermittlungsbehörde München I und die Kammer unter Vorsitz von Landgerichtsvizepräsident Jochen Bösl nahmen letztlich zugunsten des jungen Mannes an, dass er wesentliche Mengen der verbotenen Muskelpräparate selber konsumiert hat. Er war nämlich seinerzeit ebenso wie sein Mitangeklagter sehr intensiv mit Bodybuilding beschäftigt gewesen und hatte dem Gericht zum Beweis auch Fotos aus seinen vermeintlich besten Tagen vorgelegt.

Allerdings hatte der Haupttäter gegen Ende seiner „Laufbahn“ die Restbestände und auch Laborgerätschaften seines vormaligen Offenbacher Lieferanten übernommen, um selber als Hersteller aktiv zu werden – auch wenn er dann offenbar kalte Füße bekam und kurz vor seiner Überprüfung durch die Polizei größere Mengen seiner Bestände vernichtet haben will.

Beim 27-jährigen Mitangeklagten sieht das Gericht durchweg eine Konsumenten- und Helferrolle. Allerdings soll er zuletzt, bei Übernahme der Laboreinrichtung aus Offenbach, mit seiner eigenen Packstationsadresse ausgeholfen haben. Grundsätzlich musste seine Strafe milder ausfallen als bei seinem Kumpel. Dennoch ist er derjenige, der demnächst wirklich einsitzen dürfte. Für eine Bewährung gab es nämlich angesichts von sieben eingetragenen Vorstrafen (unter anderem wegen mehrfachen Einbruchsdiebstahls, Bedrohung und Betrugs) keinen Spielraum mehr – auch wenn die Verteidigung das erhofft hatte.