Dollnstein
Eichenhölzer geben Auskunft

Dendrochronologische Untersuchungen weisen Brücke im Mittelalter nach

01.07.2015 | Stand 02.12.2020, 21:07 Uhr

Fast wären die historischen Eichenpfosten aus Dollnstein auf der Bauschuttdeponie gelandet. Jetzt steht fest, dass Mitte des 15. Jahrhunderts eine Holzbrücke über die Altmühl in dem Markt existiert haben muss. - Foto: baj

Dollnstein (EK) Es müssen für ihre Zeit beeindruckende Konstruktionen gewesen sein, die vom späten Mittelalter bis ins 18. Jahrhundert die Altmühl bei Dollnstein überspannten. Davon künden Eichenpfosten, die 2012 zum Vorschein kamen und nun zeitlich eingeordnet werden konnten.

Die erfolgreiche Untersuchung der Pfähle schließt eine Lücke nicht nur in der Ortsgeschichte, denn der Dollnsteiner Altmühlübergang hatte eine auf die gesamte Region ausstrahlende Bedeutung: Hier bündelte sich ein wichtiger Handelsweg.

Bereits in der Römerzeit gab es eine Brücke, allerdings einige Hundert Meter flussaufwärts. Das ist eine relativ neue Erkenntnis. Lange Jahre herrschte Einigkeit, dass lediglich eine Furt den Warenverkehr ermöglichte. Doch schon im Altertum war diese Stelle bedeutsam genug, um für eine aufwendigere Querung zu sorgen.

Das dürfte sich später fortgesetzt haben. Doch bis vor Kurzem hatten die Forscher lediglich gesicherte Erkenntnisse über eine Metallbrücke, die 1886 errichtet wurde und ihre Nachfolgerbauten.

Als die aus dem Jahr 1950 stammende Betonbrücke 2012 ersetzt werden musste, kamen bei Baggerarbeiten am Nordufer Pfosten zum Vorschein, die um ein Haar auf der Bauschuttdeponie gelandet wären. Die dort tätigen Arbeiter maßen ihnen offensichtlich keinerlei Bedeutung zu. Aufmerksam wurden auf die Fundstücke Hugo Bittlmayer und Bernhard Eder von den Burgfreunden. Die beiden informierten die Gemeinde, die die Pfähle bergen und zunächst geschützt am örtlichen Bauhof ablagern ließ. Ein weiterer Pfosten kam schließlich am Südufer des Flusses zum Vorschein. Insgesamt handelt es sich um 14 Eichenpfähle.

Proben aus ihnen landeten auf dem „Seziertisch“ von Josef Bauch, der dem Holz wichtige Informationen entlocken konnte. Der gebürtige Dollnsteiner ist nicht irgendwer. Er gilt als „Vater der Dendrochronologie“, der Wissenschaft, anhand der Jahresringe das Alter der Bäume zu bestimmen. Bauch leitete bis zu seiner Pensionierung das Arbeitsgebiet „Angewandte Holzbiologie“ am damaligen Ordinariat für Holzbiologie der Universität Hamburg und des Instituts für Holzbiologie und Holzschutz des BFH. Der Wissenschaft ist es gelungen, für manche Gegenden einen „Holzkalender“ aufzustellen, der 10 000 Jahre zurückreicht.

Die Aufstellung einer so langen Zeitschiene war für Dollnstein gar nicht nötig. Wie Josef Bauch und seine Mitstreiter Thomas Eissing, Herrmann Bauch und Hans Rehm herausfanden, wurde der älteste Stamm mit einem Querschnitt von 24 auf 24 Zentimetern frühestens 1447 gefällt. Die jüngste Eiche fiel frühestens 1787. Das Holz, das mit der Dollnsteiner Brücke zu tun hat, umfasst also einen Zeitraum von rund 340 Jahren – die praktisch identisch ist mit der Zeitspanne, in der die Eichstätter Fürstbischöfe das Sagen in Dollnstein hatten.

Das Eichenholz hat eine durchgängig hohe Qualität und wurde sorgfältig bearbeitet. Die Baumeister verwendeten ausschließlich Kernholz; Bauch fand keinerlei Splintreste. Darin würden sich diese Befunde von vielen Untersuchungen historischer Holzbrücken unterscheiden, schreibt Bauch in einem Aufsatz. Bei vielen Pfählen fällt die Tendenz auf, dass zumindest eine der vier Pfahlflächen an den Ecken etwas abgerundet wurde – was für einen Pfahl stromaufwärts ausgerichtet Bedeutung haben könnte. Ein Stamm, gefällt 1586, scheint als Reparaturholz gedient zu haben. Offensichtlich mussten Teile der Brücke erneuert werden. Ein sehr später Pfahl, der 1749 der Axt zum Opfer fiel, steckte mit der Spitze noch in einem Metallschuh. Dieser Pfahl ist insgesamt 2,70 Meter lang. Das Fundstück vom Südufer konnte nicht dendrochronologisch untersucht werden, weil es eine Wachstumsanomalie aufweist.

Gesichert ist nun eine Holzbrücke zu Zeiten des Fürstbischofs Albrecht II. von Hohenrechberg, der 1440 Dollnstein übernahm und eine rege Bautätigkeit entfaltete. 1573 oder kurz danach wurde aller Wahrscheinlichkeit nach eine neue Brücke gebaut, die aber bereits ab 1586 repariert werden musste. Weitere Fälldaten sind 1658, 1727 und 1787. Bauch und seine Mitstreiter gehen davon aus, dass die Brücke im Lauf der Zeit immer weiter verstärkt wurde, um höhere Lasten tragen zu können. Offen bleibt, ob damit auch eine Verbreiterung der Konstruktion verbunden war. Jedenfalls ist es ein Hinweis für die Bedeutung der Dollnsteiner Brücke für den Handel und den Warentransport.

Josef Bauch, Thomas Eissing, Hermann Bauch, Hans Rehm: „Dendrochronologische Untersuchung von Eichenpfählen historischer Brücken in Dollnstein/Altmühl“, Jahrbuch der Bayerischen Denkmalpflege, Band 66/67, Sonderdruck.