Schwabach
Anwalt vermutet späten Racheakt

Polizist soll seine Ehefrau misshandelt haben – Anzeige kam erst drei Monate nach der Auseinandersetzung

18.09.2015 | Stand 02.12.2020, 20:47 Uhr

Schwabach/Kammerstein (rsc) Ein Familienstreit im Kammersteiner Ortsteil Barthelmesaurach hat ein Mammutverfahren vor dem Amtsgericht Schwabach ausgelöst. Angeklagt ist ein 44-jähriger Polizeibeamter. Er soll seine Frau in der gemeinsamen Wohnung gepackt, zu Boden gestoßen und mehrere Meter weit geschleift haben.

Verletzungen am Knie und unterhalb der rechten Achsel sollen die Folge gewesen sein.

Dafür hatte die Staatsanwaltschaft einen Strafbefehl über 8100 Euro verhängt, gegen den Klaus S. (alle Namen geändert) Einspruch erhoben hatte. Am Mittwoch dauerte der erste Verhandlungstag gut dreieinhalb Stunden. Zwei weitere Termine hat das Gericht bereits festgesetzt. Der Prozess wird an den kommenden beiden Montagen in Runde zwei und drei gehen.

Im Mittelpunkt des Verfahrensauftakts stand die Aussage des Angeklagten. Er bestritt, seine Frau zu Boden gestoßen und sie am linken Arm übers Parkett gezogen zu haben. Er habe sie lediglich an der Hand gepackt, um sie von der Schlafzimmertür wegzuholen, so Klaus S. Daraufhin habe sie versucht, ihn ins Gesicht zu schlagen. „So, jetzt fliegst du raus“, so seine Reaktion damals. Sie habe sich dann ohne sein Zutun „auf den Boden geklatscht und gestrampelt“, schilderte S. den weiteren Verlauf. Als er sich bückte, um sie wieder aufzurichten, sei der 16-jährige Stiefsohn erschienen. Sein Aufschrei beendete die Auseinandersetzung. „,Lass meine Mama los!’, hab ich geschrien“, sagte Tobias D. aus. Auslöser des Streits war eine verschlossene Schlafzimmertür, die die Frau eintreten wollte.

Richterin Birgit Eckenberger reagierte auf die ausführlichen und detaillierten Schilderungen des Angeklagten mit einer rechtlichen Einordnung häuslicher Streitigkeiten. „Jemanden handgreiflich aus dem Haus werfen, das dürfen Sie nicht, das macht die Polizei“, erklärte sie. Rechtsanwalt Malte Magold widersprach ihr. „Zur Wahrung des Hausrechts muss man nicht die Polizei rufen, mein Mandant hat schließlich die strafbare Einwirkung auf die Tür unterbunden“, so der Verteidiger. Freilich handle es sich um eine Sachbeschädigung, gestand Birgit Eckenberger zu, dennoch hätte man die Polizei holen müssen.

Der Jurist aus Nürnberg war bei der Vernehmung von Tobias D. außerdem zu vollem Körpereinsatz bereit. „Zeig uns mal, wie dein Stiefvater deine Mutter über den Boden geschleift hat. Ich stelle mich zur Verfügung“, sagte Magold und legte sich vor das Richterpult. Am rechten Oberarm, so Tobias, soll der über zwei Meter große Angeklagte Tanja S. gezogen haben. Klaus S. kam hinzu und vollendete die Darstellung. „Wenn es so war“, stellte Magold daraufhin fest, „dann stimmt das nicht mit dem Verletzungsmuster überein.“

Dann wandte er sich an seinen Mandanten: „Sind die Feststellungen im Strafbefehl richtig“, wollte er wissen. „Nein, ich habe sie nicht am Oberkörper gepackt, sie nicht zu Boden gerissen und auch nicht geschleift“, erwiderte Klaus S., der in seiner Aussage auch auf den großen Zeitabstand zwischen Tat und Anzeige hingewiesen hatte. Der Streit hatte am 1. Juli stattgefunden. Einen Strafantrag aber stellte Tanja S. erst am 11. Oktober 2014. „Zwei Tage, nachdem sie ausziehen musste, und eine Woche, nachdem sie von einem Verhältnis ihres Mannes erfahren hatte“, erklärte Magold.