Eichstätt
Zehner-Regel zieht den Stecker

Der Windkraft geht auch im Landkreis Eichstätt nach der Bestätigung der Abstandsregelung die Puste aus

10.05.2016 | Stand 02.12.2020, 19:50 Uhr

Windkraftanlagen prägen die Jurahöhe nördlich von Pollenfeld. Aktuell sind im Landkreis Eichstätt 37 Anlagen im Betrieb. Viel mehr werden es nicht mehr werden. - Foto: Hager/Hoedt

Eichstätt (EK) Wer gehofft hatte, mit der Windkraft noch eine Goldader anzapfen zu können, kann die Spaten in die Ecke stellen: Nachdem am Montag der Bayerische Verfassungsgerichtshof die umstrittene 10 H-Regelung bestätigt hat, dürfte der Windrad-Boom im Landkreis Eichstätt in absehbarer Zeit enden. Die 10 H-Regelung besagt, dass ein Windrad mindestens das Zehnfache seiner Höhe Abstand von der nächsten Wohnbebauung halten muss.

Das sind in der Regel an die zwei Kilometer.

Im Landratsamt Eichstätt informierten gestern die Sachbearbeiter Josef Graf und Roland Albrecht sowie Abteilungsleiterin Regina Otte im Gespräch mit unserer Zeitung über den Stand der Dinge. Kreispressesprecher Manfred Schmidmeier sagte: "Wir von der Verwaltung haben jetzt Rechtssicherheit."

Wie Albrecht auflistete, sind im Landkreis Eichstätt aktuell 37 Windkraftanlagen in Betrieb, mit einer Gesamtleistung von 83 Megawatt. Die Zahl der Gesamtgenehmigungen liegt bei 42, zwei davon sind verfallen. Es bleiben also noch drei genehmigte, aber noch nicht gebaute Anlagen übrig - und diese drei Anlagen sind wohl bekannt: Es sind die drei Bürgerwindräder bei Walting, für die erst vor Kurzem der erste Spatenstich stattfand, obwohl noch eine Reihe von Klagen dagegen anhängig sind.

Zu den bestehenden Rädern kommen noch 20 weitere, die gerade im Genehmigungsverfahren sind und alle nach "altem Recht", also ohne 10 H-Verpflichtung, beantragt wurden. Sieben dieser Anträge gelten als "ruhend", werden aktuell vom Antragssteller nicht weiter verfolgt. Es laufen noch 13 Genehmigungsverfahren tatsächlich. Nach der Verkündung der 10 H-Regel im Februar 2014 (und erst recht dem Gesetzbeschluss durch den Landtag im November 2014) sind im Landkreis Eichstätt nur noch die drei Windräder von Walting neu beantragt worden.

Und diese drei laufen, was auch für neue Windräder in Zukunft noch möglich ist, über einen Bebauungsplan der Gemeinde. "Das macht einer Gemeinde viel Arbeit, und die Frage ist, ob sie das möchte oder nicht", sagt Sachbearbeiter Graf. Derzeit laufen noch acht Klagen vor Gericht gegen die Waltinger Räder. Hinzu komme: "Die Subventionen werden sinken - und damit die Wahrscheinlichkeit, dass sich noch jemand an so ein Windrad traut."

Vor der 10 H-Regelung war das etwas leichter zu kalkulieren - und so gingen denn unmittelbar vor der Gesetzfassung noch eine Menge an Anträgen auf einen Vorbescheid im Landratsamt Eichstätt ein. Projekte, die die Antragssteller schon in der Schublade hatte. Fast alle davon, 27, wurden aus formalen Gründen abgelehnt, weil sie die nötige artenschutzrechtliche Prüfung nicht enthielten - und auch nicht mehr rechtzeitig erhalten konnten.

Alle diese Antragssteller auf Vorbescheid hatten nun bis zum Montag gehofft, die 10 H-Regelung könnte kippen, ihre alten Anträge noch einmal neues Leben erhalten. "Die sind jetzt sicher enttäuscht", räumt Josef Graf ein und gibt zu bedenken: "Die hatten sicher auch schon Vereinbarungen mit den Grundstückseigentümern."

Aber da ist jetzt nichts mehr zu machen. Das Landratsamt wird nun die alten Anträge abschließend behandeln. "Emotionslos", wie Pressesprecher Schmidmeier betont. Froh sei eine Verwaltung freilich allemal, wenn sie nicht auf Bergen von ungeklärten Anträgen sitzen müsse.

Es geht also dem Ende zu, 17 Jahre, nachdem am Riedelshof bei Denkendorf das erste Windrad im Landkreis gebaut wurde. Josef Graf sagt: "Wenn man ganz Bayern sieht, hat der Landkreis Eichstätt sein Soll bei der Windkraft sicher mehr als erfüllt." Laut Energieatlas Bayern liegt der Anteil der Windenergie am Gesamtstromverbrauch im Landkreis Eichstätt bei acht Prozent, bayernweit sind es drei Prozent.