Eichstätt
Farbenfrohe Schau mit einem "Liebesgarten"

Georg Fieger, Stefan Weyergraf gen. Streit und Helmut Reuter stellen gemeinsam in der Johanniskirche aus

31.10.2016 | Stand 02.12.2020, 19:07 Uhr

Foto: Dagmar Kusche

Eichstätt (EK) Farben, Verzierungen, Nuancen, Improvisationen - mit ihrer Ausstellung "Coloraturen 2016" hat das Künstlertrio Stefan Weyergraf gen. Streit, Georg Fieger und Helmut Reuter ihre Kunstwerke unter einen durchaus farbigen Begriff aus der Musik gestellt - mit klarem Bezug zur Farbe.

Zum achten Mal eröffneten die drei Künstler am Freitagabend eine gemeinsame, überaus vielseitige Ausstellung in der ehemaligen Johanniskirche am Eichstätter Domplatz. Die Vernissage erfreute sich eines großen Publikums: rund 200 Gäste waren der Einladung zur Eröffnung von aktuellen Fotografien, Aquarellen und Gemälden gefolgt.

"Koloratur" - natürlich denkt man bei einer Vernissage sofort an "Farbe", an "Kolorieren". Weit gefehlt. In seiner Einführungsrede zur Ausstellung stellte Klaus Littger, ehemaliger Leiter der Universitätsbibliothek und Mitherausgeber eines der beeindruckendsten Bildkataloge, dem "Hortus Eystettensis", die Herkunft des Begriffs klar: Er stammt natürlich aus der Musik und bezeichne die melodiöse, immer wieder variierende Aus- und Verzierung von Musikstücken, mit der Absicht zu beeindrucken, so Littger. Ähnlich verhalte es sich auch bei dem berühmten botanischen Prachtwerk mit seinen naturgetreuen Darstellungen von Pflanzen, Blumen und Bäumen, das in seinen verschiedenen Ausgaben immer wieder in verändertes Licht gerückt wurde. Eindrücklich präsentierte Littger den Gästen die wechselhafte Geschichte dieses faszinierenden Bildkatalogs. Sie reicht von der ersten kolorierten Ausgabe 1606 als reines Tafelwerk von Basilius Besler ohne erläuternde Texte, über eine überarbeitete Edition von 1615, die auf Geheiß von Fürstbischof Gemmingen mit und ohne Beschreibungen herausgegeben wurde, bis hin zu einer Ausgabe des Domkapitels, das 1640 mit einer neuen Koloratur eingeleitet wurde und darin den Hortus als Insignie des Goldenen Zeitalters des Hochstifts Eichstätt darstellte. Heute seien, so Littger in seiner Einführungsrede, von der letzten Ausgabe von 1750 überwiegend Einzelblätter im Handel - der größte Fundus der Antiquare. Sie ließen diese Blätter heute bevorzugt "alt", also nach alten Vorlagen kolorieren - mit dem Problem, an originalgetreue Farbvorlagen zu kommen.

Mit diesem historischen Rückblick im Hinterkopf konnten die Vernissagebesucher unter ganz neuen Blickwinkeln die Ausstellung "Coloraturen 2016" genießen. Rund 120 Kunstwerke gibt es dabei in der Johanniskirche zu betrachten - abwechslungsreich und sich gegenseitig inspirierend angeordnet. Das Künstlertrio präsentiert dabei wieder seine jeweiligen "Spezialgebiete" und hat sich dem Ausstellungsthema aus völlig unterschiedlichen Richtungen genähert: Helmut Reuter beeindruckt mit phantastischen Naturfotografien, Stefan Weyergraf gen. Streit konzentrierte sich bei seiner Ausstellungsvorbereitung auf die "Leichtigkeit von Aquarellen", und Georg Fieger fokussiert bewährt zart-florale Motive rund um die Rose.

Viele Besucher verweilten lange vor den faszinierenden Kunstfotografien von Helmut Reuter: Pflanzen, insbesondere deren Blätter haben es ihm ebenso angetan wie Tiere, besonders Vögel. Da ist die farbige Pracht reifer blauer Weinbeeren oder des Wunderwerks Rhabarberblatt zu sehen, Tautropfen oder Raureif auf einem Blatt in Großaufnahme zu bewundern. Die ganze Schönheit und Wildheit eines Katzengesichts oder die Zartheit einer auf einem Blatt kriechenden Schnecke schaut dem Besucher entgegen. Auch die Vogelbilder haben magische Anziehungskraft: In einem atemberaubenden Foto-Quartett gelingt es Reuter zum Beispiel, eine Möwe in vier dicht hintereinander folgenden Phasen eines Anflugs auf ein "Meeresopfer", das sie schließlich im Schnabel hält, abzulichten. Geradezu poetisch-künstlerisch stellen sich die ganz auf Rosen fokussierten Kunstwerke von Georg Fieger dar, die von den Worten des Dichters Rainer Maria Rilke begleitet wurden: "Gegen wen, oh Rose, hast du dich mit diesen Dornen versehen? Deine feine Lust, hat sie dich zu dieser Bewaffnung gezwungen" Wunderbare großformatige Werke in bewährt zarten Rot-, Rosa- und Blautönen auf weißem Untergrund begeisterten die Besucher sichtlich. Auch zwei florale Skulpturen von Fieger zogen die Aufmerksamkeit vieler Besucher auf sich.

Eher mit "Bauchgefühl" denn mit Plan und konkreten Vorstellungen hat Stefan Weyergraf gen. Streit insgesamt 65 ausgestellten Aquarellzeichnungen angefertigt: "Ich habe sie einfach "herausfließen" lassen; ich wollte mich der Leichtigkeit von Aquarellen hingeben", erklärte der Künstler und Theologe, der vor allem für seine religiösen Bilder große Bekanntheit erlangt hat. Neben den vielen eher kleinformatigen Aquarellen, die die unterschiedlichsten Motive in wunderbar weichen Farben zeigen, sticht ein Werk in der Ausstellung deutlich heraus: der großformatige "Hortus Amoris" - ein in starken Pink- und Violetttönen gefertigtes, 100 mal 100 Zentimeter großes Werk, das in der Mitte der Johanniskirche prangt. Der "Liebesgarten" steht mit seinen fröhlich-lauten Farben und großen floralen Elementen symbolisch für den Titel der Ausstellung - "Coloraturen". In einem solch vielfältigen und farbenfrohen Ambiente nahmen sich die Gäste der Vernissage besonders viel Zeit, um die Vielfalt der Kunstwerke bei wunderbaren Fagott- und Pianoklängen von Constanze Ferstl und Frida Duman sowie Wein und Häppchen in Ruhe zu betrachten.

 

Die Ausstellung ist noch am 1. November in der Johanniskirche von 10 bis 19 Uhr zu sehen. Der Eintritt ist frei.