Berlin
Die Sozialdemokraten machen es spannend

Kanzlerkandidat weiter unbekannt Partei dementiert Postentausch von SPD-Chef Gabriel und Fraktionsvorsitzendem Oppermann

23.01.2017 | Stand 02.12.2020, 18:45 Uhr

Berlin (DK) Das Dementi kommt schnell und fällt deutlich aus: "Alles Quatsch!", heißt es in der SPD-Spitze. Wieder einmal geistert ein Szenario durch die Partei, bei dem Sigmar Gabriel die Regierung verlassen könnte, sobald er als Kanzlerkandidat inthronisiert wäre.

Der SPD-Vorsitzende würde dann Thomas Oppermann als Chef der Bundestagsfraktion ablösen. Oppermann könne dann für den Rest der Wahlperiode Gabriels Nachfolger als Bundesminister für Wirtschaft und Technologie werden. Befreit vom Regierungsamt könnte Gabriel als Partei- und Fraktionschef und Merkel-Herausforderer die Kanzlerin besser angreifen, hätte das Ministerkorsett abgelegt. 2009 war es Außenminister Frank-Walter Steinmeier, der in der Doppelrolle als SPD-Kanzlerkandidat und Regierungsmitglied scheiterte.

Sigmar Gabriel macht es weiter spannend. Dass anders als in der Vergangenheit der Zeitplan für die Klärung der Frage nach dem Kanzlerkandidaten bei der SPD diesmal hält, erfüllt ihn mit großem Stolz auf seine Partei. Doch das öffentliche Schweigen der Spitze bis zur für Sonntag geplanten "Krönungsmesse" im Willy-Brandt-Haus, die auch inhaltlich mit einem Signal zum Aufbruch verbunden werden soll, lässt Raum für Spekulationen. Tritt Gabriel wirklich an, oder gibt es am Ende doch noch eine Überraschung? Plötzlich wird der Name Olaf Scholz wieder genannt. Der Hamburger Bürgermeister wird in der Partei als erfolgreicher Wahlkämpfer geschätzt, hatte jedoch in der Vergangenheit abgewinkt.

Es gibt in der SPD energische Gegner wie Befürworter einer Rochade, bei der Gabriel im Falle der Kanzlerkandidatur die Regierung verlassen würde. Der Parteivorsitzende müsse dann keine Rücksicht mehr auf Angela Merkel nehmen und könne die Union im Bundestagswahlkampf angreifen, und zwar ohne größere Rücksichtnahme, sagen die einen. Gabriel werde ein Rückzug vom Ministeramt als durchschaubarer taktischer Winkelzug ausgelegt werden und deshalb nichts nutzen. Der SPD-Chef würde damit fast vier Jahre eigenes Regierungshandeln dementieren, argumentieren dagegen die anderen.

Obwohl die allermeisten in der Partei inzwischen fest damit rechnen, dass der Vorsitzende diesmal nach der Kanzlerkandidatur greift: Zu hundert Prozent festlegen will sich niemand. Der Kreis der Mitwisser, die Gabriel über seine Pläne im Detail informiert hat, scheint unverändert klein zu sein: Parteivize Hannelore Kraft, Ministerpräsidentin von Nordrhein-Westfalen, dürfte dazugehören, ebenso der bisherige EU-Parlamentspräsident Martin Schulz, dem lange Ambitionen auf die Kanzlerkandidatur nachgesagt worden waren, Oppermann und womöglich auch Olaf Scholz. Gabriel wolle unbedingt Herr des Verfahrens bleiben, heißt es. Noch einmal will sich die Parteispitze in dieser Woche treffen, so wie kürzlich in Düsseldorf. Doch der Mantel des Schweigens in Sachen K-Frage soll erst am Sonntag gelüftet werden.

Doch was, wenn der Parteichef nicht antreten will? Sollte Gabriel kneifen und abermals auf die Kandidatur verzichten, könne er nicht länger Parteivorsitzender bleiben, heißt es. Die Spekulationen um einen möglichen Rückzug aus der Regierung und einen Wechsel zum Fraktionsvorsitz könnten der Versuch sein, Gabriel aus der Reserve zu locken.