Ravensburg
"Fairplay ist wichtig"

Ex-Ingolstädter Wohlfarth über seinen absichtlich verschossenen Elfmeter

06.09.2017 | Stand 02.12.2020, 17:32 Uhr

Schanzer Fans erinnern sich noch gerne an ihn: Steffen Wohlfarth (vorne) spielte von 2006 bis 2010 im Trikot des FC Ingolstadt. Beim FV Ravensburg sorgte er nun bundesweit für Aufsehen. - Foto: Bösl

Ravensburg (DK) Der Fußballer Steffen Wohlfarth sorgte beim Oberligaspiel zwischen dem baden-württembergischen Klub Ravensburg und dem bayerisch-schwäbischen Verein Bissingen (2:0) für eine besondere Szene. Der ehemalige Spieler des FC Ingolstadt verschoss einen Elfmeter - allerdings mit voller Absicht. Wie es dazu kam, erzählte er in unserem Interview.

Herr Wohlfarth, wie haben Sie die Situation erlebt, die zum Elfmeter führte?

Steffen Wohlfarth: Ich stand direkt neben dem Verursacher des Elfmeters. Der Eckball ist flach in den Strafraum gespielt worden und ich sah, beziehungsweise hörte, dass der Ball geplatzt ist. Der Spieler nahm den Ball daraufhin in die Hand.

 

Das Video der Spielszene:

App-Nutzer finden das Video hier: www.facebook.com/swrsport/videos/1674899349189865/

 

Und was passierte dann?

Wohlfarth: Zunächst wusste ich gar nicht, dass es Elfmeter gibt. Ich spiele zwar auch schon seit Längerem Fußball, aber eine solche Situation habe ich auch noch nie erlebt. Wäre das eine Quizfrage, hätte ich wahrscheinlich eher auf indirekten Freistoß getippt und nicht auf Elfmeter. Als der Schiedsrichter dann auf Elfmeter entschieden hat, wusste ich auch noch nicht genau, was ich machen werde. Der Unparteiische meinte nur, es liege an mir, ob ich den Ball absichtlich daneben schieße oder nicht. Daraufhin habe ich mich entschieden, den Elfmeter absichtlich zu verschießen.

 

Sie bewiesen damit, dass Fairplay wichtig für Sie ist.

Wohlfarth: Natürlich: Fairplay ist wichtig. Ich glaube aber selbst nach dieser Aktion, dass ich nicht immer der fairste Spieler auf dem Platz bin. Wenn Sie diesbezüglich meine Gegenspieler und meine ehemaligen Mitspieler fragen, werden die wahrscheinlich erst einmal schmunzeln. In diesem Moment habe ich mich einfach dafür entschieden. Ich weiß auch ehrlich gesagt nicht, ob ich mich immer dafür entscheiden würde. Im Nachhinein, mit dem hohen Medienaufkommen, hätte ich ihn lieber reingemacht, dann hätte ich meine Ruhe gehabt in den Tagen darauf (lacht).

 

Gab es denn von Ihrem Verein oder Ihrer Mannschaft Zuspruch oder Lob?

Wohlfarth: Dadurch, dass wir das Spiel gewonnen haben, gab es Zuspruch, aber auch die warnenden Hinweise von meinen Mitspielern, dass ich nicht ganz so glücklich aus der Situation gekommen wäre, wenn wir das Spiel noch unentschieden gespielt oder verloren hätten. Die Kiste Bier, die ich im Falle eines verschossenen Elfmeters der Mannschaft spendieren muss, habe ich beim letzten Training natürlich auch mitgebracht.

 

Sie sagten, dass Sie nicht wüssten, ob Sie sich erneut für einen absichtlichen Fehlschuss entscheiden würden. Wie hätten Sie denn entschieden, wenn Sie höher gespielt hätten - zum Beispiel in der ersten oder zweiten Liga?

Wohlfarth: Wie gesagt, das ist schwer zu beantworten, weil die Situation ja auch nicht geplant war. Man kann ja auch schlecht sagen: "Jetzt schlafe ich noch eine Nacht darüber und erst dann entscheide ich mich." Sondern das ist eine Situation aus dem Spiel, aus dem Affekt heraus.

 

Hätten Sie sich denn Vorwürfe gemacht, wenn Sie den Elfmeter verschossen und somit den Sieg hergeschenkt hätten?

Wohlfarth: Ich hätte wahrscheinlich kurz darüber nachgedacht, aber auf der anderen Seite wäre es ja dann nicht nur an dem Elfmeter gelegen. Es wäre natürlich die Chance gewesen, mit 2:0 in Führung zu gehen, aber gerade in der letzten Saison hatten wir einige Spiele, in denen wir eine 2:0-Führung noch aus der Hand gegeben haben. Aber im Endeffekt haben wir gewonnen und ich bin froh darüber. Mich freut es auch, dass es für den FV Ravensburg eine Plattform gibt. Mich ärgert es aber ein bisschen, dass ich jetzt im Mittelpunkt stehe. Ich dachte nicht, dass so viel los sein wird und ich den heutigen Tag wie unser sportlicher Leiter und unser Medienvertreter am Telefon verbringen werde.

 

Das Interview führte

Jakob Schätzle.