Hilpoltstein
"Da sein, wenn wir gebraucht werden"

Ökumenische Nachbarschaftshilfe Hilpoltstein feiert zehnjähriges Jubiläum Helfer gesucht Dankbare Betreute

21.02.2018 | Stand 02.12.2020, 16:47 Uhr

Freuen sich über Hilfe: Dietlinde Hofer (80), Zenzi Hofmann (82) und die 83-jährige Erna Spiegel (von links) sind voller Dankbarkeit für die tatkräftige Unterstützung durch die Nachbarschaftshilfe. - Fotos: Leykamm

Hilpoltstein (HK) Vor zehn Jahren hat sich die ökumenische Nachbarschaftshilfe Hilpoltstein im Hofmeierhaus gegründet. Nun durfte dort bei Kaffee und Kuchen Jubiläum gefeiert werden. Als Schwerpunkt hat sich die Hilfe für Senioren herauskristallisiert. Wir stellen Gründerinnen, Helfer und Betreute vor.

Die ökumenische Nachbarschaftshilfe Hilpoltstein war eine der ersten ihrer Art im Landkreis Roth. Zuvor waren entsprechende Anfragen gegenüber dem Pfarrgemeinderat immer dringlicher geworden. Monika Bergauer als damalige Vorsitzende des Vereins ergriff mit Christa Hofbeck, Leiterin des Sachausschusses Caritas, Senioren und Menschen mit Behinderung, die Initiative. Den Ausschuss leitet sie auch heute noch und seit der Gründung vor zehn Jahren auch das neue Hilfsorgan.

Die dritte Dame im Bunde heißt Teresa Loichen vom "Netzwerk Leben" im Bistum Eichstätt, die bei zahlreichen Initiativen dieser Art Hebamme spielt und mit Rat und Tat zur Seite steht. Dank eines gebrochenen Fußes wurde sie sogar selbst Nutznießerin. Zum Startschuss am Dienstag, 15. Januar 2008, finden sich in Hilpoltstein 24 Helfer zusammen, nach zehn Jahren sind es immer noch 18, davon zwölf Aktive (11 Frauen und ein Mann).

Bis zu 700 Stunden jährlich sind sie bei Einsätzen unterwegs. Von Anfang an hat die Gruppe alle Altersstufen im Blick, so dass auch Kinderbetreuung angeboten wird. Die Seniorenarbeit kristallisiert sich aber als Schwerpunkt heraus. Über 100 Betreute sind in den zehn Jahren zu verzeichnen. Bis zu vier jährliche Helfertreffen dienen dem Austausch sowie der Fortbildung zu Themen wie Pflegegeld oder Demenz. Versichert sind die rein ehrenamtlich Tätigen über die katholische Kirchenstiftung.

 

DIE GRÜNDERINNEN

"Wir wollen unseren kleinen Beitrag leisten, so dass ältere Menschen möglichst lange in ihren vier Wänden bleiben können", sagt die Leiterin Christa Hofbeck. Christa Hofbecks rechte Hand heißt Monika Bergauer, die als Hauptarbeitsfeld "mitmenschliche Fahrten" nennt - zum Einkauf in der Stadt oder einem Arzt. Denn es bleibt nicht nur beim Hinbringen, sondern es wird in Gesprächen auch Trost gespendet, wenn etwa eine Diagnose schlimmer ausfällt, als erhofft.

Eine Konkurrenz zu Taxis stellen die Nachbarschaftshelfer somit nicht dar. Das Hauptproblem sei gerade im Alter "die zunehmende Vereinsamung", beklagt Hofbeck. Die sozialen Kontakte brächen weg, auch sinnvolle Dienste wie "Essen auf Rädern" änderen daran nichts. "Es muss auch mal Zeit bleiben für eine Tasse Kaffee - dafür sind wir da!"

Großes Lob gab es vom katholischen Pfarrer Franz-Josef Gerner. Die globale Vernetzung übers Internet könne die Menschlichkeit vor Ort nicht ersetzen: "Ein Computer kann nicht in den Arm nehmen." Der Ansatz der Nachbarschaftshilfe sei es indes, die Betreuten "in ihrer Würde ernst zu nehmen und sie am Leben teilnehmen zu lassen." So ähnlich sieht dies wohl auch seine evangelische Kollegin Verena Fries.

Der Ansatz der Gruppe war von Beginn ein ökumenischer. "Im Dienst am Nächsten trennt die Kirchen absolut gar nichts", begründet Teresa Loichen. Seither reißt die Hilfsbereitschaft nicht ab. Die Helfer seien "mobil und flexibel wie die Feuerwehr", stellt Bergauer fest. Wenn der eine mal keine Zeit habe, springe sogleich der nächste ein. "Da sein, wenn wir gebraucht werden - das ist unser Anspruch an uns selbst".

Seitens derer, die Hilfe suchten, gebe es aber oft gleich zwei Hemmschwellen: Das Zugeständnis, Unterstützung zu brauchen, sowie die Angst, Nachbarn oder Angehörige zu brüskieren. Dabei gehe es für die Betreuten eher darum, selbstständig planen zu können und Verwandte und benachbarte Helfer auch mal zu entlasten.

Im Gegenzug seien es aber auch jene selbst, die sich an die Nachbarschaftshilfe wendeten. Und die springt in allen möglichen Fällen ein: Mal wird jemand zum Schwimmen oder in die Kirche mitgenommen oder zu einer Kulturveranstaltung gebracht. Eine Helferin betreut einen syrischen Jungen gleich mit, wenn sie auf ihren Enkel aufpasst. Über zwei Jahre freute sich eine alleinerziehende Mutter über Unterstützung bei Therapiefahrten für ihr Kind. Betreuung in Übergangsphasen zwischen Krankenhaus und Rehabilitation wird ebenso geleistet.

Die Helfer, die ihrerseits meist im Rentenalter sind, lernen zugleich vom reichen Erfahrungsschatz ihrer Betreuten, wie es im Hofmeierhaus des Öfteren anklingt. In so manchem Helferkopf keimt auch die Hoffnung, in 20 Jahren einmal selbst altersbedingt geholfen zu bekommen. Bis dahin könne man vom guten Gefühl zehren, noch gebraucht zu werden.

Und das werden sie in der Tat - weitere Mitarbeiter werden gesucht, weitere Betreute sind herzlich willkommen. Interessenten können sich bei Christa Hofbeck, Telefon (09174) 1307, Monika Bergauer (3930), dem katholischen Pfarramt (1434), dem evangelischen Pfarramt (1228) sowie der Caritas-Sozialstation (97770) in Hilpoltstein wenden.

 

RÜHRIGE HELFER

"Was nützt dir Gut und Geld, krank bist du der ärmste Mensch der Welt.": Dieser Spruch einer Betreuten hat Helferin Erika Loy besonders beeindruckt und ihr gezeigt, dass sie am richtigen Platz ist. Und das schon von Beginn an. Die Reaktionen seien überwältigend. "Wenn ich dich nicht hätte . . ." So beginnen viele Sätze derer, denen sie zur Hilfe eilt. Viele kontaktieren sie bereits direkt, was für alle Beteiligten auch in Ordnung ist. Und von großem Vorteil - denn so kann Loy diejenigen, die sie betreut, auch mal an einen Termin erinnern. "Vieles ist zum Selbstläufer geworden." Wenn mal nichts geht wie bei einem Armbruch Loys, springt ihr Mann als Fahrer ein.

Von Beginn an mit dabei ist auch Anni Stafflinger, die ihre Betreuten sehr gut kennt und weiß, dass sie sich selbst helfen, wo es nur geht. Wenn es bei ihr klingelt, "dann ist es wirklich dringend!" Stafflinger ist buchstäblich mit Rat und Tat zur Stelle: mit tröstenden Gesprächen und Ratschlägen zu Hilfsmitteln im Alter oder altersgerechter Wohnungsgestaltung oder beim Beschaffen von Kleidung und Möbeln für Asylsuchende.

Seit zwei Jahren ist Armin Höhnemann mit von der Partie. Er habe im Ruhestand "eine sinnvolle Tätigkeit mit christlichem Hintergrund und lokaler Prägung" gesucht. Als Gartenarbeiter oder Handwerker ist er sehr begehrt: Ob beim Fliegengitter anbringen, Spülmaschine reparieren oder auch nur beim Wechseln von Glühbirnen in Deckenlampen, was für Senioren große Sturzgefahr mit sich bringen würde.

 

DANKBARE BETREUTE

In wenigen Tagen wird Dietlinde Hofer 81 Jahre alt. Da sie nicht mehr so gut zu Fuß ist, ist für sie die Nachbarschaftshilfe ein großer Segen, vor allem bei Arztbesuchen. Die Hemmschwelle war für sie sehr tief - über die Pfarrei hat sie viele Gesichter schon besten bekannt. "Der Einstieg fiel mir da sehr leicht."

Vom Hilfsorgan selbst ist sie begeistert und rührt gern die Werbetrommel. "Es ist schön, Hilfe vermitteln zu können."

Zenzi Hofmann geht es mit ihren 82 Jahren genauso, sie hilft auch selbst aktiv als Besucherin einer dementen Dame, bei der sie mit gemeinsamen Erinnerungen punkten kann. Als Betreute fühlt sie sich bei der zehn Jahre jungen Initiative sehr gut aufgehoben. Deren Unterstützung "bringt mir sehr viel Freiheit". Sie sei ein Leben mitten in der Gesellschaft gewohnt. Durch die Helfer werde ihr das nun auch weiterhin ermöglicht, "das ist eine große Erleichterung". Auch abends könne sie nun Veranstaltungen besuchen.

83 Jahre alt ist Erna Spiegel, die sich genauso dankbar zeigt. Hinter ihr liegen schwere Monate: Im Oktober 2017 musste sie ihren Mann zu Grabe tragen. In der Zeit davor und danach habe sich durch die Nachbarschaftshilfe große Unterstützung erfahren. Auch jetzt noch ist für sie solche dankbar. "Den Haushalt mache ich zwar selbst, aber es ist gut zu wissen, dass da jemand im Hintergrund bereit steht, auf den man sich verlassen kann - ein Anruf genügt!"