Neuburg
"Die SPD ist implodiert"

Sozialdemokraten knapp über fünf Prozent im Landkreis - AfD hinter CSU und Freien Wählern

14.10.2018 | Stand 23.09.2023, 4:39 Uhr
Ein Bild, das Bände spricht: Als die ersten Hochrechnungen über den Fernsehbildschirm flimmerten, war der SPD die Enttäuschung ins Gesicht geschrieben, vor allem Stadtrat Heinz Schafferhans (links) und Direktkandidat Andreas Fischer. Grund zur Freude hatte hingegen AfD-Kandidatin Christina Wilhelm, die im Gasthaus am Auwaldsee in Ingolstadt die Wahl verfolgte und sich nun über den Einzug ihrer Partei in den Landtag freuen kann. Ob es für sie reicht, wird sich heute herausstellen. −Foto: Kretzmann/Heimerl

Neuburg (DK) Lange Gesichter gab es am gestrigen Wahlabend bei der hiesigen SPD. Die Sozialdemokraten erreichten im Landkreis gerade einmal knapp über fünf Prozent - für Direktkandidat Andreas Fischer (31) und seine Parteigenossen ein herber Schlag. Grund zur Freude hatte hingegen AfD-Kandidatin Christina Wilhelm (39).

Die Stimmung war gedrückt in der Geschäftsstelle der AWO in Neuburg. Gefasst verfolgten die Sozialdemokraten gestern Abend die ersten Prognosen und Hochrechnungen. Hatte die SPD bei der Landtagswahl 2013 im Kreis noch 14,6 Prozent geholt, kratze sie heuer nicht einmal an einem zweistelligen Ergebnis. Die Enttäuschung steht auch SPD-Direktkandidat Andreas Fischer ins Gesicht geschrieben, der 5,4 Prozent der Erststimmen holte. Für das bittere Ergebnis sehen er und seine Parteigenossen mehrere Gründe, darunter auch Roland Weigert, der den Kampf um das Direktmandat für das Maximilianeum an Konkurrent Matthias Enghuber verloren hat. "Er ist einfach als Landrat ein politisches Schwergewicht und das hat es mir im Landkreis als Kandidat natürlich schwer gemacht." Fischer macht auch die Querelen in der Koalition für das Wahlergebnis verantwortlich. "Das ganze Theater in Berlin, besonders der Streit um die Asylpolitik, hat alles überlagert, was wir als Partei gemacht haben."

Für Neuburgs Stadtrat und SPD-Bezirkstagskandidat Heinz Schafferhans liegt die Ursache für das schlechte Wahlergebnis mitunter auch in der Unzufriedenheit der Bevölkerung: "Es geht in der Politik mittlerweile immer weniger um die Sache und vielmehr um Gefühle und Emotionen", sagte er. "Auf Gefühle mit Fakten zu reagieren ist sehr, sehr schwierig." So habe besonders die AfD einen Gefühlswahlkampf geführt und somit Wählerstimmen gewonnen.

"Wir haben einfach ein Problem mit unserer Erkennbarkeit", sagte SPD-Kreischef Werner Widuckel gestern zu seinen Genossen in Neuburg. Der Wähler stelle sich die Frage, was eigentlich passiere, wenn er den Sozialdemokraten sein Kreuz gebe. Dennoch wolle er nicht den Wählern die Schuld für das Ergebnis geben, denn die SPD habe selbst dazu beigetragen, da "wir mit unserer Botschaft und unseren Zielen einfach nicht in Bayern durchgedrungen sind". "Die SPD ist implodiert und wir müssen jetzt die Kurve bekommen, sonst laufen wir Gefahr, in der Bedeutungslosigkeit zu versinken", so Widuckel. Zwar sei diese Wahl eine bittere Pille für die SPD, aber "wir geben die Hoffnung nicht auf, Bayern braucht Sozialdemokratie und von Andreas Fischer werden wir noch sehr viel hören". Fischer selbst will aber den Kopf nicht in den Sand stecken. "Ich lasse mich jetzt nicht verunsichern oder einschüchtern und werde weiterhin für eine starke SPD werben, besonders gegenüber den Rechtspopulisten im Landtag" - auch mit Blick auf die Kommunalwahl 2020.

Allen Grund zur Freude hatte hingegen AfD-Kandidatin Christina Wilhelm, die 11,1 Prozent der Erststimmen im Landkreis holte. "Ich freue mich, dass wir zweistellig sind", sagte die Kreisvorsitzende. Sie habe zwar auf 13 Prozent gehofft, da "das meine Glückszahl ist", aber mit dem Ergebnis sei sie dennoch zufrieden. "Es ist gut, dass die AfD in den Landtag eingezogen ist." Heute sei sie auch in München, um die künftige Fraktion im Landtag zu unterstützen. Ob Wilhelm letztendlich einen Sitz im Maximilianeum ergattert, hängt von ihrer Listenwertung ab, die sich erst heute im Laufe des Tages herausstellt. Falls das aber nicht klappt, sei sie auch nicht traurig. "Mit so etwas muss man natürlich rechnen, aber Hauptsache wir sind drin."

Katrin Kretzmann