Schlag auf Schlag zurück in vergangene Zeiten

Die Arbeit als Steinbrecher ist ein Knochenjob

15.05.2019 | Stand 02.12.2020, 13:58 Uhr
Jeder Schlag sitzt: Erich Regler bringt mit dem Hackhammer das Rohmaterial in Form. Er bearbeitet dabei den Stein immer genau an der aufgezeichneten Linie entlang. Mit eisernen Zangen wird das Material gezwickt (unten, Mitte). Auch andere alte Gerätschaften hat der 79-Jährige gesammelt: Den Handschuh hat seine Mutter für seinen Vater gestrickt, mit dem Brenneisen (unten rechts) machten sich die Frauen früher Locken. −Foto: Meier, Steimle

Trotzdem spricht der 79-jährige Erich Regler aus dem Apfeltal bei Mörnsheim noch immer voller Begeisterung über seinen Beruf. Viele Jahre hat er als Hackstockmeister gearbeitet, noch heute präsentiert er seine Arbeit beim "Altmühltaler Lammauftrieb". Außerdem ist er ein leidenschaftlicher Sammler von altem Werkzeug und Gerätschaften.

Apfeltal (EK) "Früher ging ja alles mit Pferd und Wagen im Bruch drin", sagt Erich Regler und legt gleich das nächste alte Bild vor. "Und hier gibt es schon die ersten Rollwagen, die sind um 1930 gekommen. Der erste ist angeblich im Apfeltal gelaufen." Regler selbst hat noch vier Jahre mit ihnen gearbeitet. Auf den alten Fotografien schuften die Männer im Steinbruch dicht an dicht, überall verlaufen Brücken, Gleise, Dächer - "ein Wahnsinn", sagt der ehemalige Hackstockmeister begeistert. Keine Frage - der 79-Jährige hat sich die Freude an seinem Beruf erhalten.

Deshalb kann er auch detailliert nicht nur von seiner eigenen Arbeit erzählen, er interessiert sich auch für die Zeit davor. Zur Illustration holt er das Buch "Die alten Mörnsheimer Steinbrüche" von Emil Meier dazu, in dem viele alte Fotografien abgedruckt sind. "Die Brüche waren ganz anders, die großen Flächen hat es da nicht gegeben", sagt er angesichts der Männer, die sich mit Hammer, Meißel und Grubhaue, einem speziellen Pickel, in den Steinbruch aufmachten, um die massiven Platten aus dem Boden zu heben.

Wie die weitere Arbeit vonstattenging, zeigt Regler in seiner Scheune nebenan, wo er so etwas wie ein kleines Museum eingerichtet hat. Ein aus Holz gefertigter Rahmen, Meeß genannt, den es in den verschiedenen Steingrößen gab, wurde auf die Fläche gelegt und die Umrisse mit einem Kohlestift nachgezeichnet. Danach wurde der Stein an der Linie grob zugehauen. Dafür benutzt Regler einen Hackhammer, dessen Stiel "aus Schlehe oder Weißdorn" gefertigt wurde. Zahllose Größen gibt es dafür, je nach Stärke des Steins, erklärt er, während er den passenden aussucht. Dann geht es Schlag auf Schlag. "Der Stein muss immer klingen", sagt der 79-Jährige und tatsächlich wird der Ton dunkler, kurz bevor der Stein an der richtigen Stelle bricht.

1952, zwei Jahre, bevor Regler selbst zur Arbeit in den Steinbruch ging, beschäftigte der größte Betrieb, der Solnhofer Aktienverein, 600 Mitarbeiter. Nach und nach wurden es weniger, viele ehemalige Kollegen gingen "zur Bahn oder zur Union (Audi)". Der Apfeltaler konnte sich aber nicht vorstellen, etwas anderes zu machen, auch wenn er sonst wohl mehr verdient hätte als im Steinbruch. "Schwere Arbeit war das schon, aber ich habe es nicht bereut, mir hat die Arbeit gefallen", erinnert er sich. Im Zementwerk hätte Regler damals als Elektriker anfangen können, "ich bin aber dann im Steinbruch geblieben." Das schöne Material, die Tätigkeit draußen an der frischen Luft: "Wir haben den Stress nicht so gehabt, wie es ihn heute gibt. Wir hatten auch keine Schichten." Viele Möglichkeiten bei der Berufswahl habe es nicht gegeben, sagt Regler über seine Generation und die seines Vaters. Arbeit boten ein paar Handwerker, aber wenn diese keine Angestellten brauchten oder zu weit entfernt waren, dann blieb nicht viel anderes übrig. Doch auch sonst waren die Wege zur Arbeit nicht unbedingt kurz: "Sechs, sieben Kilometer sind die von Rögling auf die Steinbrüche gegangen, da waren auch viele Bauern dabei." Durch Berg und Tal, durch den Schnee, "die waren ja schon müde, bis sie auf die Arbeit gekommen sind", sagt Regler. Trotzdem habe man so etwas Geld verdienen können. Das galt auch für Frauen: Sie machten sich oft mit der Zwickzange am Stein zu schaffen.

Die größte Erleichterung zu seiner Zeit im Bruch - von 1954 bis 2000 war Regler berufstätig - war der Gabelstapler, der um 1960 herum zuerst eingesetzt wurde. "Im Betrieb hat man den eher gehabt, im Bruch konnte man nicht überall hinfahren." Den Schnappkarren, auf den früher der Abfall geschaufelt wurde, ersetzte ab 1966 der Lastwagen, "die Gleise wurden damit nicht mehr gebraucht".

Das trifft auch auf viele weitere Geräte zu, die sich in Reglers Scheune entdecken lassen: Direkt über den Steinbruch-Werkzeugen stehen etwa Dosen und Gefäße, in denen die Arbeiter ihr Essen mitbrachten, neben dem "Braunen", einem Krug, der etwa drei Liter Bier fasste. Ebenso "eingesetzt" wurde der Motor aus den 30er-Jahren, den Regler im Moment wieder flott macht. "Haspel haben wir dazu gesagt", sie wurde für den Schutttransport benutzt.

Auch für Arbeitsgeräte aus der Landwirtschaft interessiert sich der ehemalige Hackstockmeister: So lehnen etwa Dreschflegel, Heugabeln und und ein Dengelstock, der zum Schärfen von Sensen benutzt wurde, an der Wand. Außerdem finden sich ein Flachsriffel, ein Kuhjoch und ein Halfter dort. Nur wenige Schritte weiter steht man in der "Küche", wo auf einem alten Küchenbord Milchkannen stehen. "Der Handschuh ist noch von meinem Vater", sagt Regler, seine Mutter hat ihn gestrickt und dann mit Stoff versehen, damit er länger hält. "Damals hat es noch keine zu kaufen gegeben." Auch sonst gibt es viele Gegenstände, deren Funktion sich nicht sofort erschließt. Ein Spucknapf, ebenso wie ein altes Brenneisen, mit dem Frauen Locken in die Haare zauberten.

Alle Arbeitsschritte, das zeigen die alten Gegenstände, die Regler zusammengetragen hat, kosteten mehr Mühe als heute. Wer dem Hackstockmeister bei seinem Handwerk über die Schulter blicken will, der kann das beim Altmühltaler Lammauftrieb in Mörnsheim am kommenden Wochenende tun.