Ingolstadt
Manches Detail bleibt diffus

Motiv nach Mordversuch in Ingolstädter Tiefgarage weiter unklar - Erster Prozessblock abgeschlossen

24.05.2019 | Stand 23.09.2023, 7:09 Uhr
Symbolbild Gericht −Foto: Uli Deck/dpa-Archiv

Ingolstadt (DK) Mit der erneuten Anhörung des Opfers ging das Gerichtsverfahren um die beinahe tödlichen Schüsse in einer Ingolstädter Tiefgarage am Freitag in die siebte Runde.

Damit endete der erste Block des Prozesses um den versuchten Mord. Er findet nach einer kleinen Pause erst nach Pfingsten mit fünf weiteren Terminen seine Fortsetzung. Die beiden 46 und 56 Jahre alten Angeklagten bestreiten, mit der Tat etwas zu tun zu haben. Die bisher vor der 1. Strafkammer am Landgericht Ingolstadt angesprochenen Indizien erscheinen noch dünn.

Der Angriff auf den 42 Jahre alten griechischen Gastwirt hatte am 18. März vergangenen Jahres im Ingolstädter Nordwesten stattgefunden. Dreh- und Angelpunkt des Hinterhalts scheint ein seit vielen Jahren bestehendes außereheliches Verhältnis des von vier Schüssen getroffenen Familienvaters mit einer ebenfalls verheirateten Frau zu sein. Sie erwartete damals ein Kind von ihm, hatte dem Griechen gegenüber aber ihren Ehemann als Vater angegeben. Die 36-Jährige hatte zwischendurch auch eine sexuelle Beziehung zu einem der Angeklagten. Sie war nach der Tat zunächst ebenfalls festgenommen worden, allerdings ließ sich nicht beweisen, dass sie etwas mit den Schüssen auf ihren Liebhaber zu tun hat.

Der Grieche - er war unter anderem durch einen Kopfschuss verletzt worden - hatte schon am ersten Prozesstag den Eindruck erweckt, nicht immer die volle Wahrheit zu sagen. So hatte er vor Gericht erklärt, das Verhältnis gleich nach der Attacke beendet zu haben. Am Freitag räumte er ein, dass dem nicht so war, die Beziehung hatte vielmehr bis vor Kurzem fortgedauert. Verteidiger Joachim Voigt hielt dem Gastwirt ein von der Polizei nach dem Überfall abgehörtes Telefonat zwischen dem Opfer und seiner Geliebten vor. Darin spricht der Gastronom davon, dass "mir die Bullen im Nacken sitzen", ebenso wie dem Ehemann der 36-jährigen Frau. "Warum gehen Sie als Geschädigter davon aus, dass die Polizei hinter ihnen her ist?", fragte Voigt. Der Grieche lieferte in seiner Antwort keine nachvollziehbare Erklärung.

Ein plausibel wirkendes Motiv für die Angeklagten - der eine stammt aus Kasachstan, der andere aus Armenien - erschließt sich für Prozessbeobachter nach sieben Verhandlungstagen bisher nicht. Die in Würzburg lebenden Männer wollen mit den Schüssen nichts zu tun haben. Allerdings sollen ihre Handys am Tattag in Ingolstädter Funkzellen eingebucht gewesen sein. Ihre Verteidiger Reinhard Debernitz, Joachim Voigt und Christian Barthelmes bezweifeln jedoch, dass sie wirklich in der Tiefgarage waren. Die Funkzellenauswertung erscheint ihnen zu diffus.

Die Strategie der Anwälte geht in eine andere Richtung. Der verletzte Grieche hatte gleich nach dem Mordversuch mehrfach davon gesprochen, einer der Täter sei auffallend groß gewesen, annähernd zwei Meter. Und er hatte einen Verdacht gegen einen Ukrainer ausgesprochen, einen früheren Gast, mit dem es einmal Ärger im Lokal gegeben hatte. Er habe den Mann an dessen Augen erkannt, sagte er damals immer wieder. Später nahm er Abstand davon. Der Beschuldigte verwies zudem auf ein Alibi.

Die Strafkammer unter Vorsitz von Landgerichtsvizepräsident Jochen Bösl hatte im Prozessverlauf bei verschiedenen Zeugen aus dem Umfeld des Gastwirts nachgehakt, ob der 42-Jährige möglicherweise wegen Geschäften mit der Russenmafia unter Druck steht. Anhaltspunkte dafür ergaben sich bisher nicht. Der Prozess wird am Freitag, 14. Juni, fortgesetzt.

Horst Richter