Allersberg
Allersberger Ausnahmetalent im Gewichtheben

Die 16-jährige Amelie Hörner feiert bereits ihren dritten deutschen Meistertitel in Folge und sichert sich die EM-Quali

28.06.2019 | Stand 23.09.2023, 7:34 Uhr
Alfred Bechthold
Eilt von Bestmarke zu Bestmarke: Die Allersbergerin Amelie Hörner zählt zu den größten deutschen Talenten im Gewichtheben. −Foto: Bechthold

Allersberg (HK) Ihr Ausnahmetalent im Gewichtheben hat Amelie Hörner einmal mehr unter Beweis gestellt. Die 16-jährige Allersbergerin holte sich bei den Internationalen Deutschen Jugend-Mehrkampfmeistersschaften in der neuerbauten Römerhalle in Böbingen an der Rems ihren dritten deutschen Meistertitel in Folge und qualifizierte sich zudem für die Europameisterschaft.

Die Meisterschaften setzen sich zusammen aus dem Olympischen Zweikampf Reißen und Stoßen sowie den athletischen Disziplinen Sternlauf, Standdreisprung und dem Kugelschockwurf. Zusätzlich war es der Qualifikationswettkampf für die Jugend EM, die im Dezember in Eilath (Israel) stattfinden.

Von Bestmarke zu Bestmarke eilt Amelie Hörner. Kurze Rückblende: Beim Jugendländerpokal im März schaffte sie im Zweikampf 165 Kilogramm. Bei den bayerischen Meisterschaften Anfang Mai waren es 170. Genau dieselbe Zweikampfleistung erzielte sie beim Internationalen Alpencup Ende desselben Monats. Amelie hatte sich für den Wettkampf in Böbingen aber die EM-Norm gesetzt, und die stand auf 177 Kilogramm, ein fast aussichtsloses Unterfangen innerhalb von nur drei Wochen. Aber was sich die 16- jährige vom ASV Neumarkt in den Kopf setzt, das will sie auch erreichen, so auch diesmal: Sie begann das Reißen mit 75 Kilogramm, stellte einen Rekord mit 78 Kilogramm auf und verbesserte diesen im dritten und letzten Versuch auf starke 80.

Selbst Insider glaubten sich verhört zu haben, als das derzeitige stärkste deutsche Mädchen mit 93 Kilogramm das Stoßen begann, einer Last, bei der alle anderen schon am Ende waren. Als wäre es das einfachste auf der Welt, besiegte sie das Gewicht und es fehlten nur noch vier Kilogramm zur EM-Qualifikation bei noch zwei ausstehenden Versuchen. Und um diese vier Kilogramm, nämlich auf 97, steigerte das Trainerteam Alfred Bechtold, Jens Fischer und Reinhard Hörner schon beim zweiten Versuch. Das lag wiederum zwei Kilogramm über ihrem bisherigen Rekord von 95 Kilogramm. Konzentriert betrat Amelie die Heberbühne. Ein sauberer Umsatz, ein kraftvoller Stoß über den Kopf, dazu drei weiße Ampelfarben der Kampfrichter (das bedeutete "gültig") und grenzenloser Freude bei ihr und dem Trainerteam. Dass die 100 Kilogramm im letzten Versuch denkbar knapp daneben gingen, war am Ende nur ein kleiner Schönheitsfehler. Amelie Hörner belohnte sich für eine Vorbereitungszeit von über zwölf Wochen, die es in sich hatten: Von der 14. Bis zur 25. Woche in diesem Jahr absolvierte sie 2922 Versuche an der Hantel und bewegte dabei 212 Tonnen. Kein Training wurde in dieser Zeit versäumt und pro Woche ergab das für die Familie rund 100 Kilometer Fahrtstrecke zum Training. "Dies macht deutlich, wie sehr auch das Umfeld - ich möchte hier für alle Sportlerfamilien eine Lanze brechen - mitverantwortlich für die Leistungen ihrer Sportler sind", sagt ihr Trainer Alfred Bechthold. Außerdem ist Hörner die einzige, die das Ziel EM schaffte, ohne ein Sportgymnasium zu besuchen - das unterstreicht auch die Akribie der Trainingsplanung im Verein.

Dass Amelie Hörner nach dieser grandiosen Vorstellung im Gewichtheben auch bei der Athletik ein absolutes Ass ist, zeigte sich bei der Siegerehrung. Freudestrahlend nahm sie die Goldmedaille, die ihr Bundestrainer (Nachwuchs) Jan Patzke als Internationale Deutsche Jugendmeisterin übergab, in Empfang.

Für Hörner war dies bereits der dritte deutsche Meistertitel in ununterbrochener Folge, dem in diesem Jahr bei den DM der Jugend in Berlin der Vierte folgen könnte. Nun ist erstmals eine kleine Verschnaufpause für sie angesagt, ehe sie dann Ende Juli mit dem Bundesverband Deutscher Gewichtheber zu einem Jugendaustausch in Japan fliegt.

Neben Hörner trat auch ihre Teamkollegin vom ASV Neumarkt, Sofia Miesbauer, bei den deutschen Meisterschaften an.
Wegen vorangegangenem Schulstress (Prüfungen), der sie zwei Kilogramm an Körpergewicht kostete, lief es beim Reißen bei Sofia nicht ganz nach Wunsch. Sie musste ihre Anfangslast mit 52 Kilogramm wiederholen und scheiterte dann hauchdünn bei 55. Beim Stoßen gab sich ein ganz anderes Bild: Nach einem sicheren Einstieg mit 70, war die Steigerung auf 73 erst mal ungültig, ehe sie ihre persönliche Bestleistung im dritten Versuch sicher bewältigte. Nach dem Gewichtheben lag sie noch aussichtsreich auf Rang drei, doch nach der Athletik musste sie der Berlinerin Salina Ahmetow Bronze abtreten, die hier das Blatt zu ihren Gunsten wendete. Am Ende standen bei ihr 513 Punkte und Rang vier.

Alfred Bechthold