Nürnberg
Stadt will Abhängigen helfen

Neben Spritzenautomaten mit sterilen Utensilien fordern Initiativen auch Drogenkonsumräume - Staatsregierung lehnt ab

05.07.2019 | Stand 02.12.2020, 13:35 Uhr
Für 50 Cent können die Päckchen gezogen werden. −Foto: Karmann/dpa

Nürnberg (dpa) Die FDP in Nürnberg will mit Spritzenautomaten die Zahl der Drogentoten verringern.

"Die bessere Verfügbarkeit von frischem Spritzbesteck hilft, Überdosierungen zu vermeiden. Zugleich reduziert sich hierdurch die Infektionsgefahr der Konsumenten, insbesondere das HIV-Ansteckungsrisiko", sagte FDP-Stadtrat Alexander Liebel am Donnerstag bei der Inbetriebnahme eines solchen umgebauten Zigarettenautomaten.

Für jeweils 50 Cent können etwa Päckchen mit Spritzbesteck, mit Aluminiumfolien oder Zubehör-Sets mit Kochsalzlösung und Ascorbinsäure zur sterilen Verflüssigung von Heroin gekauft werden. Den 1500 Euro teuren Automaten finanzierte ein anonymer Spender, wie die Junge Liberale Luiza Sydorova sagte. Insgesamt sollen in Nürnberg zehn Spritzenautomaten aufgestellt werden, wie aus dem Antrag der FDP hervorgeht. Die Initiative geht auf einen Vorschlag des Jugend- und Drogenhilfevereins Mudra und der Aidshilfe Nürnberg-Erlangen-Fürth zurück.

Nach Angaben von Mudra war Nürnberg 2017 hinter Berlin und Köln die Stadt mit den drittmeisten Drogentoten pro Einwohner. In diesem Jahr wurden bisher 10 Drogentote registriert, im gesamten vergangenen Jahr waren es 15. "Es ist unglaublich viel Heroin auf dem Markt, auch der Reinheitsgrad hat sich erhöht", berichtete Norbert Wittmann. Damit steige das Risiko für die Konsumenten. "Die Konsumenten müssten eigentlich weniger dosieren, verschätzen sich aber immer häufiger bei der Dosis. "

Daher sei nach einem Rückgang 2018 nun wieder mit einer steigenden Zahl an Drogentoten zu rechnen. Mudra und zwei weitere Vereine betreuen nach Wittmanns Worten im Großraum Nürnberg rund 4000 Konsumenten harter Drogen. Die Dunkelziffer liege vermutlich vier- bis fünfmal höher.

Die FDP-Bundestagsabgeordnete Katja Hessel forderte zusätzlich Drogenkonsumräume in Bayern. In diesen könnten sich Abhängige unter sterilen Bedingungen und betreut durch medizinisches und sozialpädagogisches Fachpersonal Injektionen verabreichen, ohne in Lebensgefahr zu geraten. "Mit ihrer Blockadehaltung bei Drogenkonsumräumen verhindert die Staatsregierung, dass diese Tragödien vermieden und Menschenleben gerettet werden", kritisierte sie.

Ministerin Melanie Huml (CSU) sagte, zwar gewährleisteten Spritzenautomaten eine Versorgung mit sterilen Injektionsutensilien rund um die Uhr. Achtlos weggeworfenes Spritzbesteck gefährde aber Unbeteiligte. Sicherer seien Spritzentauschprogramme, die es bereits gebe. Dabei würden saubere Spritzen nur im Austausch mit gebrauchten abgegeben. Konsumräume, wie sie in anderen Bundesländern existieren, lehnt die Ministerin ab. "Diese schaffen eine staatlich tolerierte Drogenszene. Das steht im Widerspruch zur strafrechtlichen Verfolgung von Besitz und Erwerb von Rauschgift. "