Roth
"Das ist kein Triathlon - das ist eine einzige Party!"

08.07.2019 | Stand 23.09.2023, 7:41 Uhr
  −Foto: Tobias Tschapka

Roth (HK) Das breite Lachen will sein Gesicht einfach nicht mehr verlassen: Thorsten Wittke aus dem Ruhrgebiet hat es geschafft.

Kurz vor dem großen Feuerwerk der Finish-Line-Party im Rother Triathlonstadion überquert der Staffelläufer die Challenge-Ziellinie und lässt sich von den Helfern des BRK freudig auffangen. Ein Bild, das symptomatisch ist für die große Feier zum Abschluss des langen Wettkampftages, bei der die Emotionen ihren freien Lauf nehmen.

Als die Wunderkerzen schon brennen, erreicht die Stimmung ihren Siedepunkt. Der offiziell letzte Zieleinläufer erreicht das Stadion, lässt sich gerne die obligatorischen zwei Fackeln in die Hände drücken und genießt sichtlich seine letzten Meter. Es ist ein Mann, der es auch verdient hat, so bombastisch empfangen zu werden. Denn Dieter Müller aus dem Raum Stuttgart ist ein echtes Urgestein des Rother Langdistanztriathlons, dem er seit der Premiere vor 35 Jahren die Treue hält. Der letzte Finisher zu werden, war freilich nicht sein Ziel. "Aber der Körper ist eben keine Maschine", sagt Müller, während sich der Rother Nachthimmel farbenfroh erhellt. Die Temperaturen hätten für ihn genau gepasst, trotzdem sei es nicht so ganz rund gelaufen: "Doch Aufgeben gibt es nicht! "

Eine Parole, die alle Triathleten unterschreiben können, die im Stadionrund noch einmal alles geben. Die einen humpeln, die anderen springen förmlich ins Ziel, auch ein Purzelbaum wird geschlagen. Auf ein paar Hampelmänner bringt es nach dem Kraftakt noch Jonathan Sunga von den Philippinen, der von seiner Ehefrau Doris überglücklich empfangen wird. Ihm hat ein nervöser Magen während des Rennens zu schaffen gemacht, was ihm einige Zwangspausen einbrachte. Doch seinen Blick auf seine Challenge-Premiere kann das nicht trüben: "Hier ist der schönste Triathlon der Welt! " Seine Worte wollen etwas heißen, ist der doch schon ein halbes Dutzend Mal bei Ironman-Wettkämpfen an den Start gegangen.

"Es ist schön, dass hier so viele internationale Sportler aus so vielen Ländern dabei sind", sagt Heidecks Bürgermeister Ralf Bayer im Zielbereich, während wieder einige Finisher mit wehenden Nationalflaggen oder auch selbst gestalteten Fahnen die letzte Linie vor der Party überqueren. Unentwegt wird dort die Stimmung vom Moderatorentrio Andreas Groß, Tobias Ködel und Julian Meinhold aufgeheizt. Das braucht aber Martina Rubarth gar nicht, die als Läuferin der Staffel "Schwuppdiwupp", ebenfalls aus dem Ruhrgebiet, von Schwimmerin Nadine Bitzer und Radlerin Sabine Lattau in Empfang genommen wird. "Das ist mein erster Marathon - in zwei Monaten werde ich 60 Jahre alt. Das hier war kein Triathlon - das war eine einzige, riesige Party", jubelt Rubarth.

Kurz darauf geht es richtig familiär zu. Wenn Schwimmerin Sophie Hermann vom Ammersee etwa am Ziel die eigene Tochter als Staffelläuferin begrüßen und gleich erst einmal massieren darf. Viele kommen völlig erschöpft an und bekommen erst einmal eine Umarmung von Kathrin Walchshöfer-Helneder aus dem Geschäftsführertrio des Challenge. Sie hat allen Grund zu lächeln: "Es gab keine Unfälle, keine Vorkommnisse - eine runde Geschichte, ein schöner Tag. Die Athleten sind glücklich, dann bin ich es auch. " Ähnlich sieht das auch Mutter Alice, während die Helfer schon ihr Spalier für die nächsten Finisher bilden.

Darunter Susann Möbius aus dem Raum München: "Mein Herz rast vor Freude, mir kommen gleich die Tränen, das war immer mein Traum! " Nämlich ihren ersten Langdistanztriathlon zu schaffen - und das in Roth. Anderen fehlen im Ziel völlig die Worte. Wie Avi Turgemann aus Israel, der mit letzter Kraft das Ziel erreicht. Ganz anders als sein Landsmann Itzhak Mor, der im Zielbereich ein flottes Tänzchen hinlegt: "Ich liebe den Challenge", sagt er, ebenso wie die Langdistanz an sich.

Fast unauffällig hat sich mittlerweile Sieger Andreas Dreitz unters Partyvolk gemischt, hängt fleißig Finishermedaillen um oder steht gerne zum Selfie bereit. Zwischendurch führt ihn der Weg zur Bühne, wo er im Interview die nächsten Ziele verrät. Zur Titelverteidigung antreten will er ebenso wie die schnellste Frau, Lucy Charles-Barclay. Das Fazit der Britin: "Das ist das beste Rennen überhaupt. " Für Geschäftsführer Felix Walchshöfer bleibt da vor rund 10000 Zuschauern nur noch auszurufen: "Das Herz des Triathlon schlägt in Roth" - und los geht das große Feuerwerk.

Jürgen Leykamm