Kempten
Überfall nach Geldabheben: 6 und 7,5 Jahre Haft für Paar

10.09.2019 | Stand 02.12.2020, 13:06 Uhr
Mikrofone sind in einem Saal aufgerichtet. −Foto: Fredrik von Erichsen/Archivbild

Zwei maskierte Personen steigen in das Auto einer Frau. Mit geladenen Waffen bedrohen sie ihr Opfer, das gerade vom Geldabheben kommt. Etwa zwei Stunden dauert der Höllentrip.

Weil sie eine 65-Jährige nach dem Geldabheben überfallen, mehrere Autos aufgebrochen und Wertgegenstände geraubt haben, muss ein Paar für 6 und 7,5 Jahre in Haft. „Das ist kinoreifes Straftatgeschehen, was sie hier gebracht haben“, sagte der Richter bei der Urteilsverkündung am Dienstag vor dem Landgericht Kempten. Wegen des frühen Geständnisses der 43-jährigen Angeklagten fiel deren Haftstrafe geringer aus, als die ihres 49-jährigen Lebensgefährten.

Das Paar hatte im März 2018 eine Frau nach dem Geldabheben überfallen. Maskiert und mit geladenen Waffen waren sie in das Auto ihres zufälligen Opfers eingestiegen. Die Frau wurde anschließend mit Kabelbindern gefesselt und gezwungen, zusammengekauert im Fußraum auszuharren. Die Täter versuchten in dieser Zeit mit ihrer EC-Karte Geld abzuheben.

Nach misslungenen Abhebeversuchen an verschiedenen Geldautomaten wurde die Frau nach etwa zwei Stunden freigelassen. Das Täterpaar fuhr mit dem Auto der Geschädigten, deren Handy und dem Geldbeutel weg. Sie sollen auch eine Flasche Sprit dabeigehabt haben. Es war geplant, den Wagen anzuzünden, um Spuren zu beseitigen. Allerdings ließ das Paar von diesem Plan ab.

Vor Gericht sprach das Opfer am Dienstag von Todesangst. Auch eine Plastiktüte sei der damals 65-Jährigen über den Kopf gezogen worden. Nachdem sie darum bettelte, zogen die Täter die Tüte über die Nase, so dass nur die Augen verdeckt waren.

Aufgeflogen waren die Angeklagten rund ein halbes Jahr später: Im Oktober 2018 hatten sie ein Auto aufgebrochen und daraus Wertgegenstände gestohlen. Es war einer von etwa 50 Autoaufbrüchen, für die das Paar ebenfalls am Dienstag verurteilt wurde.

„Ich will die Sache nicht verharmlosen: Wir haben Scheiße gebaut und stehen dafür gerade“, sagte der 49-Jährige vor Gericht. Beide waren voll geständig. Als Motiv für ihre Taten nannten sie Geldnot. „Wir hatten nichts, gar nichts. Keinen Cent“, so der Angeklagte. Für den Richter war dies kein Entschuldigungsgrund: „Hierzulande gibt es genug Hilfen, da müssen sie nicht eine Frau abfangen.“

Dennoch fiel das Urteil milder aus als das von der Verteidigung geforderte Strafmaß von 8 Jahren für den Mann und 7 Jahren für die Frau. Das Gericht berücksichtigte dabei, dass beide Angeklagten zuvor nie straffällig waren und Einsicht zeigten. Unter Tränen hatten sie sich beim Opfer für den „Stress-Horror-Akt“ entschuldigt. Mehrmals betonten sie, dass ihnen die Angst, die sie der Frau eingejagt hatten, erst später bewusst geworden war. „Wir würden alles tun, dass Ihr Schmerz gelindert wird“, sagte der Angeklagte an das Opfer gerichtet.

Der Urteilsspruch lautet auf erpresserischen Menschenraub, räuberische Erpressung und vorsätzliches unerlaubtes Führen von Waffen. Das Urteil ist nicht rechtskräftig.

dpa