Moskau
Gericht stellt Nawalny-Bruder unter Hausarrest

29.01.2021 | Stand 07.02.2021, 3:33 Uhr
Alexej Nawalnys jüngerer Bruder Oleg (l) nimmt an einer Kautionsanhörung im Moskauer Bezirksgericht Twerskoj teil. −Foto: Tverskoy District Court/TASS/dpa

Keine Gänge vor die Tür, kein Telefon, kein Internet: Ein Moskauer Gericht schränkt die Freiheit von Oleg Nawalny und Unterstützerinnen des Kremlkritikers ein. Neue Proteste sind dennoch geplant.

Kurz vor geplanten neuen Protesten in Russland sind der Bruder und mehrere Unterstützerinnen von Kremlkritiker Alexej Nawalny zu zwei Monaten Hausarrest verurteilt worden.

Oleg Nawalny und die anderen dürfen sich bis zum 23. März nicht mehr frei bewegen und weder Telefon noch Internet benutzen, entschied ein Moskauer Gericht.

Die Strafen wurden im Zusammenhang mit Verstößen gegen Corona-Hygieneauflagen bei den Massenprotesten am vergangenen Wochenende verhängt, zu denen die Beschuldigten mit aufgerufen haben sollen. Betroffen sind neben Oleg Nawalny auch Mitarbeiterin Ljubow Sobol, die Ärztin Anastassija Wassiljewa sowie ein Mitglied der Punkband Pussy Riot, Maria Aljochina.

Am Vortag hatte ein anderes Gericht die 30-tägige Haftstrafe von Alexej Nawalny bestätigt. Der Oppositionelle war vor knapp zwei Wochen direkt nach seiner Rückkehr nach Russland noch am Flughafen festgenommen worden. Er soll gegen Meldeauflagen in einem früheren Strafverfahren verstoßen haben, während er sich in Deutschland von einem Giftanschlag erholte.

Am kommenden Dienstag will ein Gericht entscheiden, ob eine alte Bewährungsstrafe in richtige Haft umgewandelt wird. Ihm drohen viele Jahre Gefängnis.

Seit den Massenprotesten am vergangenen Wochenende hatten die Behörden den Druck gegen Nawalnys Team massiv verstärkt. Am Mittwoch durchsuchten Sicherheitskräfte zahlreiche Büros und Privatwohnungen.

Für den kommenden Sonntag sind erneut in rund 80 russischen Städten Proteste geplant. Die Behörden warnten vor einer Teilnahme an den nicht genehmigten Aktionen. Die Generalstaatsanwaltschaft forderte laut Agenturen die Blockade von Internetseiten, auf denen zu den nicht genehmigten Kundgebungen aufgerufen werde. Schon im Zusammenhang mit den vergangenen Protesten waren unter anderem gegen Facebook, Twitter und Youtube Geldstrafen verhängt worden.

Angaben der Organisatoren zufolge hatten am vergangenen Samstag bis zu 300.000 Menschen für die Freilassung Nawalnys demonstriert. Bürgerrechtlern zufolge waren rund 4000 Menschen festgenommen worden. Alleine in der Hauptstadt Moskau eröffneten die Behörden im Anschluss mehr als 1600 Strafverfahren gegen Teilnehmer.

Die Proteste angeheizt hatte auch ein jüngstes Enthüllungsvideo von Nawalnys Team. Der auf Youtube mehr als 100 Millionen Mal aufgerufene Film „Ein Palast für Putin“ schreibt dem russischen Präsidenten Wladimir Putin ein aus Schmiergeldern finanziertes „Zarenreich“ am Schwarzen Meer zu. Der Kreml hatte das zurückgewiesen. Am Freitag zeigte das Staatsfernsehen einen Beitrag, dem zufolge in dem riesigen, derzeit noch im Bau befindlichen Anwesen in einigen Jahren ein Hotel untergebracht werden solle.

© dpa-infocom, dpa:210129-99-226744/8

Beitrag im Staatsfernsehen zum angeblichen Putin-Palast

Nawalnys Video "Ein Palast für Putin"

dpa